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Das Berufungsverfahren bei Professoren

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Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG lautet: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Dem wissenschaftlichen Anspruch der Hochschulen entspricht es, dass die dort tätigen Professoren nicht nur „ernannt“, sondern „berufen“ werden und sie demgemäß „dem Ruf der Hochschule folgen“. Was ist damit gemeint?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in zwei Beiträgen wurden die „Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (siehe dazu den Beitrag: Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern: Von der Fachhochschule zur Universität!)und ihre Lehrpersonen näher dargestellt („Professor“ als reine Tätigkeitsbeschreibung in Bayern?). Diese Lehrpersonen sind keine Professoren im Sinne des Hochschulrechts, sie müssen insbesondere kein „Berufungsverfahren“ durchlaufen.

Das Berufungsverfahren ist nach wie vor als Auswahlverfahren der Ernennung von Professoren vorgeschaltet. Dieses Verfahren gilt sowohl für Professoren als auch für Juniorprofessoren. Die Entscheidungszuständigkeit über die Berufung von Professoren und Professorinnen liegt in der Regel bei dem jeweils zuständigen Staatsminister (vgl. etwa Art. 18 Abs. 6 Satz 1BayHSchPG). Dagegen ist die Entscheidungskompetenz für die Berufung von Juniorprofessoren auf den Präsidenten der jeweiligen Hochschule selbst verlagert (Art. 18 Abs. Abs. 6 Satz 3 BayHSchPG).

Das Berufungsverfahren darf dabei nur eingeleitet werden, wenn eine entsprechende (haushaltsrechtliche) Stelle an der Hochschule frei wird. In diesem Fall entscheidet die Hochschulleitung, ob und wie (in fachlicher Hinsicht) diese Stelle wiederbesetzt wird. Die Fakultätsräte sind dabei in aller Regel zu hören. Anschließend bestellt die Hochschulleitung einen Professor zum Berichterstatter, der an den Sitzungen aller Gremien teilnehmen kann und zum Berufungsvorschlag Stellung bezieht. Dies soll der Beschleunigung des Verfahrens dienen.

Zu besetzende Stellen sind grds. auszuschreiben (vgl. etwa Art. 18 Abs. 3 BayHSchPG). Die Ausschreibung ist dabei auch international möglich. Es bestehen jedoch einige Ausnahmen zur Ausschreibungspflicht, z. B. wenn ein Professor auf Zeit bestellt war und nun auf Lebenszeit berufen werden soll, oder wenn eine besonders herausragende Persönlichkeit einem Ruf der Hochschule folgen will.

Zur Vorbereitung des Berufungsvorschlags wird in aller Regel ein Berufungsausschuss gebildet, dem neben Professoren auch wissenschaftliche. bzw. künstlerische Mitarbeiter sowie Studierende und die Frauenbeauftragte – jeweils mit Stimmrecht – angehören. Außerdem soll ein auswärtiges Mitglied zur Wahrung einer möglichst hohen Objektivität beteiligt werden. Der Ausschuss stellt einen Vorschlag auf, der mehrere Namen enthalten soll.

Hausberufungen sind möglich, sollen aber kraft wissenschaftlicher Tradition nur ausnahmsweise in den Vorschlag aufgenommen werden. Dies gilt eingeschränkt auch für Juniorprofessoren der eigenen Hochschule und zwar dann, wenn sie bereits in ihrer Stellung als Juniorprofessoren einem Ruf der jeweiligen Hochschule gefolgt sind.1 Hier ist eine Berufung in eine Professur an der Hochschule, der sie bereits angehören, nur denkbar, wenn sie etwa besonders herausragende Leistungen hinsichtlich der Qualität ihrer Arbeiten während ihrer Evaluierung gezeigt haben. In diesem Fall besteht ein besonderes Interesse der Hochschule an dem Verbleiben aus Qualitätsgründen.

Dem Auswahlverfahren schließt sich dann die Ernennung des Professors/der Professorin an. Die Ernennung erfolgt in aller Regel in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Man könnte also eine gewisse Parallele zum allgemeinen Beamtenrecht herstellen, weil auch hier die Einstellung als „Berufung in ein Beamtenverhältnis“ definiert wird (vgl. § 4 Abs. 1 BeamtStG / § 6 Abs. 1 BBG). Dabei sollte man aber nicht außer Betracht lassen, dass das Berufungsverfahren als Auswahlverfahren der eigentlichen Ernennung vorgeschaltet ist, die dann vom jeweiligen Staatsminister vorgenommen wird.

Streitig ist, ob der Ruf ein begünstigender Verwaltungsakt ist (vgl. dazu allgemein Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 54 BeamtStG Rn. 15 ff.), und inhaltlich als Zusage der Ernennung zu verstehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies zum brandenburgischen Recht verneint (BVerwG vom 19.2.1998, BVerwGE 106, 187/199 ff = ZBR 1998, 317). Dem Ergebnis des Berufungsverfahrens kommt danach keine unmittelbar rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende Wirkung zu. Mit dem "Ruf" bekundet die zuständige Stelle lediglich ihre Bereitschaft, mit dem Adressaten in Berufungsverhandlungen einzutreten, und erkundet zugleich, ob der Adressat (noch) bereit ist, die Professur zu übernehmen.

Die ordnungsgemäße Durchführung des Berufungsverfahrens ist eine besondere hochschulrechtliche Ernennungsvoraussetzung. Mängel im Berufungsverfahren führen aber weder zur Nichtigkeit noch zur Rücknehmbarkeit der Ernennung.

Allerdings kann die Hochschule vor der Ernennung durch den jeweiligen Staatsminister die Verletzung ihrer (korporativen) Rechte verwaltungsgerichtlich geltend machen und die Ernennung ggf. durch einen Antrag auf einstweilige Anordnung (Sicherungsanordnung, vgl.: Baßlsperger, a.a.O., § 54 BeamtStG Rn. 140 ff.) im Vorfeld verhindern.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Das Hochschulrecht weist hier eine verblüffende Parallele zum Beamtenrecht im alten China auf: Mandarine konnten nur „befördert“ werden, wenn sie mit einem Dienstortwechsel einverstanden waren.


Lesen Sie dazu:
Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 61 BeamtStG, Rn. 47 ff.

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 13.06.2017 um 09:31:
Eine kleine Ergänzung: Die Ernennung erfolgt in Bayern nicht mehr durch den zuständigen Staatsminister. Vielmehr wurde durch § 2 Abs. 1 der Verordnung über das Berufungsverfahren (BayBerufVO) die Ernennungszuständigkeit auf den jeweiligen Präsidenten der Hochschule übertragen. Die BayBerufVO ist aktuell in Kraft bis 30.09.2019.
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