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Der mündige Polizeibeamte - weg vom schlechten Ruf der Polizei!

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Polizeibeamte haben oft einen schweren Stand und oft auch einen schlechten Ruf. Dies zeigen nicht nur viele persönliche Erfahrungen, sondern auch zahlreiche Veröffentlichungen im Internet.1 Aber sind die Beamten an diesem Ruf nicht auch manchmal selbst schuld?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

jeden Freitag findet auf einem kleinen Teil des Stadtplatzes der Kreisstadt Mühldorf am Inn ein Wochenmarkt statt. Aus diesem Grunde werden einige der sonst gebührenpflichtigen Parkplätze für die Zeit von 7 Uhr bis 12 Uhr durch eindeutig erkennbare Halteverbotsschilder für die Stände der Händler freigehalten. Da nicht immer alle Parkplätze benötigt werden, bleiben regelmäßig einige der unter das Halteverbot fallenden Parkplätze frei. Am Freitag, den 7. Juni 2013, um 11.25 Uhr – also kurz vor Ende des Marktes – erschien ein Polizeieinsatzfahrzeug und die Beamten verteilten wegen des verbotenen Parkens im Halteverbot eine Reihe von „Strafzetteln“.

Dieses Vorgehen der Polizei wird wohl von so manchem Bürger als „willkürlich“ eingestuft und es wird der Vorwurf laut, dass die Polizei sicher andere Aufgaben hätte, als für eine gar nicht erforderliche Ordnung zu sorgen:

  • Ist es hier nicht der einzige Sinn und Zweck des Halteverbots, den Händlern ihre Verkaufsflächen freizuhalten?

  • Braucht es zur Sicherung des öffentlichen Zwecks Bußgeldbescheide, wenn die Plätze nicht belegt werden?

  • Soll die Polizei auch dann noch einschreiten, wenn kurz vor Ende des Marktes im Halteverbot geparkt wird oder liegt etwa nur „wieder einmal eine Abzocke“ vor?

  • Kann man überhaupt noch von einer Überlastung der Polizei ausgehen, wie dies in dem Beitrag: „Zu wenig Beamte – große Sicherheitslücken“ zum Ausdruck gekommen ist, wenn sie solche Einsätze ausführt?

Eines steht jedenfalls fest:

Die Polizei hätte eindeutig nicht tätig werden müssen!

Grund: Bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten handelt die Ordnungsbehörde gemäß § 47 Abs. 1 OWiG nach dem Opportunitätsprinzip.

Das bedeutet:

Es besteht im Bereich der Ordnungswidrigkeiten keine Verpflichtung der Verfolgungsbehörde, ein Bußgeldverfahren einzuleiten oder ein eingeleitetes Verfahren fortzuführen. Anders verhält es sich bei Straftaten, weil dort das sogenannte Legalitätsprinzip gilt. Das Ordnungswidrigkeitsrecht stellt dagegen die Entscheidung, ob ein Verfahren eingeleitet wird, in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde.

Ich denke:
Die Verfolgungsbehörde kann dabei nicht nur bei einer unklaren Sach- oder Rechtslage von einer Verfolgung Abstand nehmen, vielmehr muss der „mündige Polizeibeamte“ auch dafür sorgen, dass der Bürger nicht durch sinnlose Regelungen belastet wird.

Das Einschreiten der Polizei hat sich stets am Zweck der jeweiligen Regelung auszurichten.

Allerdings sollte man in dem eingangs beschriebenen Fall nicht vergessen:

  1. Es darf nicht immer von Einzelfällen auf die gesamte Institution oder die Gesamtheit der Polizeibeamten geschlossen werden.

  2. Auch Polizeibeamte sind verpflichtet, die dienstlichen Weisungen ihrer Vorgesetzten zu befolgen.

An dieser Stelle sei aber ausdrücklich auf die Beiträge verwiesen:
„Schildbürgerstreiche“ aus Brüssel: „Amtscourage“ ist gefragt“
„Ich hab' hier bloß ein Amt und keine Meinung!“

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


§ 47 Absatz 1 OwiG lautet:

„Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie das Verfahren einstellen.“

__________________________________

1 Einige Beispile:

http://brdakut.wordpress.com/2013/03/09/deutschlanddein-freund-und-helfer-polizei-und-justiz-in-der-kleptokratie/
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9176342.html usw.

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 20.06.2013 um 00:00:
Die parkenden Autos haben hier ganz offenkundig gegen das Halteverbot verstoßen, indem sie auf den für die Händler reservierten Parkflächen geparkt haben. Eine Ordnungswidrigkeit liegt vor. Die Verfolger dieser Ordnungswidrigkeiten, in diesem Falle also die Polizei, hat sowohl Entscheidungs- als auch Entschließungsermessen hinsichtlich ihres Verhaltens (§47 I OWiG). Hier hat sich die Polizei für das Verhängen von Strafzetteln entschieden. Dieses Vorgehen ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und des Zwecks dieses Verbotes zu prüfen: Das Freihalten der Parkplätze rührt beruht auf der Überlegung, dass es den Händlern ermöglicht werden soll, ihre Stände aufbauen zu können. Ein typischer Händler wird aus allgemeinen geschäftlichen Erwägungen wohl so früh wie möglich seinen Stand am Wochenmarkt aufbauen, um so bald wie möglich mit dem Verkauf beginnen zu können. Lt. der vorliegenden Schilderung blieben immer einige Parkplätze frei, d.h. es werden folglich nicht alle Parkplätze durch die Händler genutzt und somit war auch ein Verbot des Haltens auf allen Parkflächen nicht notwendig. Unter Berücksichtigung der Uhrzeit (11:25 Uhr) und dem baldigen Ende (12:00 Uhr) des Wochenmarktes, ist hier fragwürdig, ob der Bedarf der Verfolgung einer hier unbestritten vorliegenden Ordnungswidrigkeit nicht um 11:25 eine geringere Intensität aufweist, als beispielsweise um 07:00 Uhr. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Händler genau in den verbleibenden fraglichen 35 Minuten noch seinen Stand aufbauen möchte und durch die parkenden Autos dadurch in der Ausübung seiner Verkaufstätigkeit eingeschränkt wird, erscheint darüber hinaus nicht sonderlich groß. Dies würde dafür sprechen, dass die Ahndung dieser Ordnungswidrigkeit durch die Polizei nicht hätte stattfinden dürfen. Auf der anderen Seite gilt es jedoch Verbote zu achten, d.h. es muss sichergestellt sein, dass die Bevölkerung den ihnen durch Ge- und Verbote auferlegten Verhaltenspflichten nachkommt. Außerdem macht generell ein Verbot nur dann Sinn, wenn es auch die Möglichkeit gibt, eine Sanktion dagegen auszusprechen bzw. dass dieses Verhalten auch tatsächlich sanktioniert wird. Vor dem Hintergrund des Rechtsstaates, d.h. einem Staat, dessen oberstes Ziel die Einhaltung der Rechtsordnung darstellt, und dem Verstoß gegen ein (Park-)Verbot, das wohl im weitesten Sinne der Rechtsordnung zuzurechnen ist, ist hier eine Ahndung angezeigt; in diesem Fall geschah sie durch das Erteilen eines Strafzettels. Unter Beachtung des im Blog angeführten Opportunitätsprinzips sowie dem Gedanken, ob der Verstoß gegen ein Verbot nur des Verbots wegen geahndet werden muss obwohl wie in diesem Fall die Intensität dieses Verbotes sich um 11:25 Uhr wohl deutlich reduziert haben dürfte, ist sich der Auffassung anzuschließen, dass das Erteilen von Strafzetteln in dieser Konstellation wohl nicht hätte erfolgen dürfen.
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