Liebe Leserinnen, liebe Leser,
nochmals zur Erinnerung: als wissenschaftlich ist eine Tätigkeit dann einzustufen, wenn sie als
gekennzeichnet ist (vgl. BVerfG vom 29.5.1973, BVerfGE 35, 79/112).
Hierzu einige sehr interessante Gerichtsentscheidungen ergangen, die im Folgenden aufgezeigt werden sollen:
a) Das Grundrecht der Lehrfreiheit vermittelt kein "Exklusivrecht" oder Monopol eines Professors auf das Abhalten bestimmter Lehrveranstaltungen. "Konkurrenzvorlesungen" sind daher grundsätzlich zulässig und tangieren das Grundrecht auf Lehrfreiheit nicht. Dies gilt auch, wenn die Konkurrenzveranstaltung („nur“) von einem wissenschaftlichen Mitarbeiter angeboten wird (OVG Koblenz v. 30.11.2016, Az.: 2 A 10642/16).
b) Art. 5 Abs. 3 GG gibt dem Hochschullehrer als Grundrechtsträger einen Anspruch gegen den Träger der Hochschule, Störungen des Unterrichts- und Forschungsbetriebes durch geeignete organisatorische Maßnahmen abzustellen (BVerfG vom 7.10.1980, BVerfGE 55, 37/70). So ist es nicht mit dem aus der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG folgenden Recht auf Teilhabe vereinbar, wenn einem Hochschullehrer, zu dessen Aufgaben die anwendungsbezogene Lehre sowie die zur wissenschaftlichen Grundlegung und Weiterentwicklung der ihm obliegenden Lehre erforderliche Forschung zählen, zu Gunsten anderer im Fachbereich tätiger Professoren jegliche Labornutzung untersagt wird (OVG Münster v. 18.02.2013, Az.: 6 B 1483/12; NWVBl 2013, 291 = WissR 2013, 176).
c) Ein Individualanspruch auf eine ganz bestimmte Ausstattung eines Lehrstuhls mit Sachmitteln lässt sich aus Art. 5 Absatz 3 GG dagegen nicht ableiten.
d) Der beamtete Hochschullehrer hat ein Recht auf seinen konkret-funktionellen Aufgabenbereich, der durch seine Berufung und die Funktionsbeschreibung seiner Professur beschrieben wird. Wegen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Lehrfreiheit ist die Zuweisung von Lehraufgaben, die nicht (mehr) vom Lehrauftrag gedeckt sind, rechtswidrig (SächsOVG v. 16.1.2009, Az.: 2 B 403/08, NVwZ-RR 2010, 519; siehe dazu auch BVerfG v. 28.10.2008, Az.: 1 BvR 462/06, BVerfGE 122, 89).
e) Der Hochschullehrer kann sich dagegen aus Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG nicht darauf berufen, einen Teil seiner Lehrverpflichtung mit allein nach seinem persönlichen wissenschaftlichen Konzept bestimmten, von dem erforderlichen Lehrangebot unabhängigen Lehrveranstaltungen zu erfüllen (BVerwG v. 26.9.2012, Az.: 6 CN 1/11, BVerwGE 144, 195). Anderenfalls würde die durch Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG geschützte Funktionsfähigkeit der Hochschulen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Gleiches gilt für das Grundrecht der Studierenden auf einen ordnungsgemäßen Wissenschaftsbetrieb aus Art. 12 Absatz 1 GG. Die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers muss dahinter zurücktreten.
f) Jedem Hochschullehrer steht es kraft seines Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit das Recht zu, jederzeit Lehrveranstaltungen, die von seiner Lehrbefähigung umfasst sind, außerhalb des erforderlichen Lehrangebots nach eigener Bestimmung anzubieten (BVerwG v. 26.9.2012 a.a.O.).
g) Die Anordnung der Hochschulleitung zur Durchführung bestimmter Lehrveranstaltungen darf sich wegen Art. 5 Abs. 3 GG zum einen (nur) an sachlichen Erwägungen orientieren, zum anderen dürfen Lehraufgaben einem Hochschullehrer nur im Rahmen der für sein Dienstverhältnis geltenden Regelungen übertragen werden (BVerfG 13.4.2010, BVerfGE 126, 1). In dieser Entscheidung hat das BVerfG zudem unmissverständlich klargestellt, dass sich auch Fachhochschullehrer, denen die eigenständige Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre übertragen worden ist, auf die Freiheit von Wissenschaft, Lehre und Forschung nach Art. 5 Abs. 3 GG berufen können.
Fazit
Wissenschaft, Forschung und Lehre hängen untrennbar zusammen, sie bilden innerhalb unserer Gesellschaft eine wichtige Einheit und ein hohes Gut, die es zu schützen gilt.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Lesen Sie dazu:
Siehe dazu insbesondere auch:
Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 61 BeamtStG, Rn. 25 ff.
Mai in Schütz/Maiwald, Vorbemerkung zu § 61 BeamtStG, Rn. 38 ff.
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