Die geistige Eignung des Bewerbers als Ernennungsvoraussetzung
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Die geistige (intellektuelle) Eignung wird in der Regel bereits durch die Vorbildung eines Bewerbers um eine Ernennung nachgewiesen. Allerdings reicht dieser Nachweis nicht immer aus, wie etwa eine Entscheidung des OVG Lüneburg vom 16.11.2012 (Az.: 5 ME 254/12) gezeigt hat. Das Gericht hatte hier entschieden, dass die personenbezogene Eignung nicht allein aufgrund des Prüfungszeugnisses der Bewerberin für die konkret ausgeschriebene Stelle bereits feststehe, wenn das Einstellungsverfahren bei der Auswahlentscheidung neben dem Nachweis der allgemeinen Befähigung auch noch ein Auswahlgespräch vorsieht, denn im Rahmen von Auswahlgesprächen können zu der geistigen Eignung weitere – positive und negative – Erkenntnisse getroffen werden.
Was ist aber nun mit „geistiger Eignung“ gemeint?
Das OVG Lüneburg bezieht diesen Begriff auf die intellektuellen Fähigkeiten des Bewerbers, wobei Eigenschaften wie
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geistige Beweglichkeit,
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Denkvermögen,
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Urteilsvermögen,
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und Auffassungsgabe
betroffen sind.
Im konkreten Fall hatte die Auswahlkommission zur Besetzung einer Lehramtsstelle festgestellt,
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dass von der Bewerberin Textaussagen nur oberflächlich wahrgenommen würden;
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wichtige Themenkreise nur in allgemeiner Weise problematisiert würden;
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das Reflexionsniveau niedrig sei;
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die Bewerberin nur mangelnde Fachkenntnisse aufweise;
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eine fehlende Beweglichkeit zeige, um didaktisch-methodische Fragen angemessen zu thematisieren;
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die Bewerberin nur sehr pauschale Aussagen zur Notengebung äußerte, wobei eine Sensibilität für schwierige Einzelfälle nicht deutlich geworden sei;
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fachliche Defizite bzw. fehlende Flexibilität ein didaktisch-methodisches Gespräch auf angemessenem Niveau mit der Bewerberin verhindere;
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die Bewerberin zu allgemein und nicht zielgerichtet argumentiere;
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viel zu vage Planungsüberlegungen angestellt habe.
Das Auswahlgremium stellte abschließend fest, dass der Bewerberin in Bezug auf die ausgeschriebenen Stellen mit den Lernfächern Kunst und Deutsch insbesondere aufgrund begrenzter sprachlich-kommunikativer Mittel, fehlender Flexibilität und eines niedrigen Reflexionsniveaus die persönliche, intellektuelle Fähigkeit fehle, ihre durch die Prüfungszeugnisse festgestellte Lehrbefähigung zur praktischen Anwendung zu bringen.
Ich denke:
Es stellt sich die Frage: Was sind die beiden Staatsexamina der Bewerberin wert, wenn die Einstellungsbehörde ihr die geistige Eignung für das Lehramt wieder abspricht?
Dazu das Gericht: „Die Auswahlkommission hat dagegen nicht die durch zwei Staatsexamina nachgewiesene Lehrbefähigung der Antragstellerin grundsätzlich in Frage gestellt und durch eine eigene Befähigungseinschätzung ersetzt. Zwar wurden im Auswahlgespräch fachliche Themen behandelt. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass die persönliche Eignung eines Bewerbers anhand von fachlichen Beispielen und Fragen betreffend die beabsichtigte Ausübung des erstrebten Amtes überprüft wird …“
Rückschluss: Entweder genügte schon die Ausbildung der Bewerberin nicht den Anforderungen, oder die Auswahlkommission hat eine falsche Entscheidung aufgrund einer Momentaufnahme getroffen, aber das wäre wieder ein Fall von „Ämterpatronage.
Siehe dazu den Beitrag: Aufstieg „light“ und Ämterpatronage
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Zur geistigen Eignung siehe:
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 9 BeamtStG, Rn. 223, 233.
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Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 9 BeamtStG, Rn. 33 ff.
Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint nach den Sommerferien am 8. September 2014

