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Durfte Claudia Pechstein ihre Rede in Polizeiuniform halten?

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Claudia Pechstein, Olympiasiegerin und mit 51 Jahren (!) immer noch Deutsche Meisterin im Eisschnelllauf hat mit ihrer Rede in Uniform bei einem CDU-Konvent jetzt für Kritik gesorgt1. Die Bundespolizei leitete eine dienstrechtliche Prüfung ein.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die zu klärende Frage ist hier: Durfte die Spitzensportlerin bei der Rede ihre Uniform tragen oder hat sie damit gegen geltendes Dienstrecht verstoßen?

Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Das Tragen der Uniform war rechtmäßig!

Eine – nur auf den ersten Blick – andere Ansicht vertrat hierzu der Hessische Verwaltungsgerichtshof.2 Das Gericht entschied, dass eine Beschränkung auf dienstliche Tätigkeiten zwar generell rechtmäßig sei, es ging in diesem Fall um die Rede eines Gewerkschaftsfunktionärs. Die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit umfasst nach Ansicht des HessVGH nicht das Recht, außerdienstliche Betätigungen in Uniform auszuüben.

Der HessVGH äußerte sich wie folgt:

Soll die Uniform bzw. das Tragen der Uniform ihren Zweck, nämlich die Legitimation des Beamten im Zusammenhang mit der Dienstausübung äußerlich erkennbar zu machen, dauerhaft erfüllen, so gebietet dies, einen ungeregelten Gebrauch der Uniform außerhalb des Dienstes zu unterbinden.“ 

Näheres hierzu siehe den Beitrag:
Tragen von Polizeiuniform außerhalb des Dienstes

Der Inhalt der Rede von Claudia Pechstein bezog sich eindeutig auf die Sportpolitik und die Sportförderung. Dabei ging sie u.a. auch auf den – ihrer Meinung nach unverzichtbaren – Zusammenhang zwischen Leistungssport und der Sportförderung im und durch den öffentlichen Dienst (Bundeswehr und Bundespolizei) ein. Es konnte also gar nicht der Eindruck entstehen, dass die Ausübung hoheitlicher Befugnisse von ihren Ausführungen betroffen ist.3

Eine Polizeiuniform unterstreicht die Autorität, die das Tragen der Uniform dem Beamten zur Wahrnehmung der ihm eingeräumten hoheitlichen Befugnisse vermittelt. Wird aber nun das öffentliche Vertrauen in die Objektivität der Amtsausübung verletzt, wenn eine Polizeibeamtin und Spitzensportlerin als Rednerin eingeladen wird und die Sportförderung durch die Verbeamtung von Sportlern Gegenstand ihrer Rede in Uniform ist?

Hier ging es Claudia Pechstein augenscheinlich um die Förderung des Breitensports und des Spitzensports und damit um ein legitimes Ziel der Allgemeinheit. Sie selbst stellt als Polizeibeamtin und Olympiasiegerin das beste Beispiel dafür dar, wozu die staatliche Förderung durch eine Verbeamtung führen kann und sie hat das durch das Tragen ihrer Dienstuniform auf eine angemessene Art und Weise verdeutlicht.

Warum CDU-Chef Merz allerdings von einem „brillanten“ Auftritt Claudia Pechsteins spricht, das mag jeder selbst entscheiden, der ihre Rede erlebte oder jetzt noch im Internet nachverfolgt. Wer ihre Darbietung allerdings für ein „abgelesenes Gestammel“ hält, der sollte doch mehr auf den Inhalt, als auf die Art der Präsentation Wert legen.

Die Rede ist veröffentlicht unter
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/pechstein-rede-cdu-100.html


Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger


Literaturhinweis:

Weiß / Niedermaier / Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 75 BayBG, Rn. 7.


1 https://www.sueddeutsche.de/politik/pechstein-rede-cdu-uniform-1.5943962
2 Beschluss vom 11.8.2011, ZBR 2012, 137ff.
3 Siehe auch BVerfG vom 6.2.2007, ZTR 2007, 185.

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5 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 14.09.2023 um 12:13:
Im konkreten Fall besteht jedoch meines Wissens eine Verwaltungsvorschrift für die Bundespolizei, wonach das Tragen der Uniform bei parteipolitischen Veranstaltungen generell verboten ist. Pechstein hätte vermutlich eine Genehmigung einholen müssen. Man könnte aber darüber diskutieren, ob schon eine solche Verwaltungsvorschrift dem Grundgesetz widerspricht, weil auch Beamte ein Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit und auf Meinungsfreiheit besitzen. Im Übrigen halte auch ich das Auftreten in Uniform dann für sogar sachdienlich, wenn, es um die Sportförderung im Beamtenverhältnis geht. Dass sie auch andere Themen angesprochen hat, ist für mich zweitrangig.
kommentiert am 23.06.2023 um 20:01:
Rudolf Ley: Was verstehen Sie unter umfassender und abgewogener (oder meinen Sie vielleicht: "ausgewogener")? Hoffentlich gilt für Sie nicht: "Deitsche Schprache = schwäre Schprache!"
kommentiert am 21.06.2023 um 16:44:
Da hoffe ich doch, dass die zuständige Behörde etwas umfassender und abgewogener prüft als der Autor. Sonst tummeln sich nachher Uniformträger an allen (un)möglichen Rednerpulten....
kommentiert am 21.06.2023 um 12:52:
Pechstein sprach zumindest auch über ihre Stellung als Sportbeamtin und dafür war das Tragen der Uniform zweckdienlich. Soweit sie auch andere Themen angesprochen hat, konnte man wohl nicht von ihr verlangen, sich dafür umzuziehen! Ein evtl. eingeleitetes Disziplinarverfahren muss ins Leere laufen!
kommentiert am 20.06.2023 um 14:16:
Baßlsperger bringt das "Problem" auf den Punkt! Bei diesem Thema war das Tragen der Uniform sogar förderlich! Die gegenteilige Auffassung der Bundestagsvizepräsidentin von den Linken u. a. ist nichts als eine gegen die CDU als stärkste Oppositionspartei gerichtete Polemik! Zur Sache gibt es ja, soweit ersichtlich, leider keine einzige Stellungnahme. Das allein spricht Bände.....
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