Eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit
Liebe Leserin, lieber Leser,
1. Gesetzliche Grundlagen
Während das allgemeine Beamtenrecht in § 27 BeamtStG bzw. § 45 BBG nur die sog „Begrenzte Dienstfähigkeit“ kennt, geht das speziell für den Polizeivollzugsdienst entwickelte besondere Beamtenrecht zusätzlich auch noch von einer weiteren Kategorie der „Eingeschränkten Polizeidiensttauglichkeit“ aus. So bestimmt etwa in Bayern Art. 128 Abs. 1 Satz 1 BayBG:
„Polizeivollzugsbeamte und Polizeivollzugsbeamtinnen sind dienstunfähig, wenn sie den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügen und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die auszuübende Funktion erfordert bei Beamten und Beamtinnen auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt.“
Ergänzend bestimmt Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG:
„Wird amtsärztlich festgestellt, dass Polizeivollzugsbeamte oder Polizeivollzugsbeamtinnen den besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt gerecht werden, so kann ihnen eine Funktion im Sinn des Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 zugewiesen werden.“
2. Allgemeine Polizeidienstfähigkeit
Beim Polizeivollzugsdienst nimmt der Beamte gerade im Außenbereich Tätigkeiten wahr, die sich wesentlich von den dienstlichen Verpflichtungen in anderen Fachlaufbahnen unterscheiden.
Beispiele:
- Verfolgung von Straftätern,
- Schusswaffengebrauch,
- „Knüppeldienst“;
- körperlicher Einsatz bei Blockaden etc.
Die „volle“ bzw. allgemeine Polizeidienstfähigkeit („volle Verwendungsfähigkeit“) setzt voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte/die Polizeivollzugsbeamtin zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Funktion für alle diese möglicherweise anfallenden konkret wahrzunehmenden Dienstaufgaben einsetzbar ist. Von der Zielsetzung her gesehen ist Inhalt dieser allgemeinen Polizeidienstfähigkeit, dass der Beamte nach seiner Konstitution und seiner psychischen Veranlagung gerade auch bei gefährlichen Einsätzen im Vollzugsdienst „mithalten“ kann, ohne deutlich höheren Risiken ausgesetzt zu sein, als seine Kollegen.
3. Eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit
Nun kann es sich – etwa infolge eines Dienstunfalles – ergeben, dass ein Polizeivollzugsbeamter/eine Polizeivollzugsbeamtin zwar die allgemeine Polizeidienstfähigkeit verliert, aber dennoch nicht für mehr als zwei Jahre (siehe oben Art. 128 Abs. 1 BayBG) voll dienstunfähig im Sinne des § 26 BeamtStG bzw. § 44 BBG ist. Gerade einen solchen Fall betrifft die „Eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit“. Diese Rechtskonstruktion geht davon aus, dass der betroffene Beamte etwa im Innendienst seiner – oder einer anderen – Polizeidienststelle weiterverwendet werden kann. Der Prüfungsmaßstab für die Dienstunfähigkeit eines Beamten/einer Beamtin ist nämlich das zuletzt ausgeübte Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Dazu zählen alle Dienstposten der Behörde, welcher der Beamte angehört, folglich auch Tätigkeitsbereiche im Innendienst. Wenn ein Beamter/eine Beamtin also aus gesundheitlichen Gründen etwa nicht mehr im Außendienst, wohl aber noch im Innendienst sinnvoll eingesetzt werden kann, hat der Dienstherr ihm/ihr eine solche Stelle anzubieten. Erst wenn keine solche Einsatzmöglichkeit besteht, ist auch nach einer Verwendungsmöglichkeit in anderen Verwaltungsbereichen zu suchen.
Dies entspricht der allgemeinen beamtenrechtlichen Vorgabe der „Weiterverwendung vor Versorgung“.
Ein weiterer Vorteil der Konstruktion einer „Eingeschränkten Polizeidiensttauglichkeit“ besteht beispielsweise gerade darin, dass ein nicht mehr „voll“ einsetzbarer Polizeibeamter auf seine Erfahrungen, die er im Außendienst gewonnen hat, künftig bei seiner innerbehördlichen Tätigkeit zurückgreifen und für die Gesamtheit der Polizeiverwaltung sinnvoll einbringen kann.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Lesen Sie hierzu auch:
- Entlassung von Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf und auf Probe
- Gesundheitliche Eignung – neue Maßstäbe des BVerwG
Literaturhinweis:
Weiß/Niedermaier/Summer, Rn. 9ff. und 13ff. zu Art. 128 BayBG (erst ab 235. AL, die 2024 erscheint).

