Merkel – Steinbrück und das Alimentationsprinzip
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in dem Fernsehduell wurden zu den Pensionen der Beamten folgende Positionen vertreten:
1. Steinbrück:
Der SPD – Kanzlerkandidat will – so seine eindeutige Aussage im Fernsehauftritt – die Pensionen der Beamten an die Renten der Arbeitnehmer angleichen und damit de facto die Altersbezüge der Beamten kürzen.1 Dabei stieß er nicht nur auf die Kritik seiner Kontrahentin. Auch nach Angaben seines eigenen Parteichefs Sigmar Gabriel2 besteht kein Grund dafür, neue Maßnahmen einzuleiten, um die Beamtenpensionen zu begrenzen. Dieser widerspricht damit ad hoc seinem eigenen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.
Auch der Deutsche Beamtenbund (dbb) weist den Vorschlag Steinbrücks entschieden zurück. Der dbb-Vorsitzende Dauderstädt widersprach der Darstellung, dass die Beamtenpensionen deutlich stärker gestiegen seien als die Altersbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung. „Diese gravierende Auseinanderentwicklung über die Jahre hinweg gibt es gar nicht.“
2. Merkel:
Bundeskanzlerin Merkel entgegnete ihrem Herausforderer, er wolle die Bezüge von Polizisten, Justizvollzugsbeamten oder Lehrern beschneiden. „Das sind oft Menschen, die sehr, sehr wenig verdienen“, sagte Merkel. „Die müssen jetzt schon aufmerksam bei der SPD mal nachfragen, was da in Planung ist.“
3. Alimentationsprinzip:
Sowohl die Aussage des Kanzlerkandidaten der SPD, als auch die Erwiderung von Kanzlerin Angela Merkel müssen vor dem Hintergrund des Alimentationsprinzips einer Würdigung unterzogen werden:
Zu Steinbrück:
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Die dienstlichen Handlungen der Beamten sind gerade nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern auf eine gerechte und uneigennützige Aufgabenerfüllung im Interesse der Allgemeinheit. Damit sie diese Aufgabe nach ihrem verfassungsgemäßen Auftrag, das heißt gerecht und unparteilich erfüllen können, muss ihnen ihr jeweiliger Dienstherr nach dem Alimentationsprinzip als Ausgleich ein großes Maß an Absicherung während ihres aktiven Dienstes – aber auch noch nach dessen Beendigung – gewähren.
Eine Automatik, das System der Rentenversicherung mit den Pensionen zu verbinden, widerspricht eindeutig dem verfassungsrechtlichen Alimentationsprinzip (33 Abs. 5 GG).
Zu Merkel:
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Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu entlohnen. Der Dienstherr ist dabei bereits während des Bestehens des aktiven Beamtenverhältnisses zu einer amtsangemessenen Alimentation verpflichtet.
Wenn die Bundeskanzlerin schon mit den sehr geringen Einkommen von Polizisten, Justiz-vollzugs- oder Steuerbeamten und Lehrern usw. argumentiert, dann sollte sie dies zum Anlass nehmen, dafür zu sorgen, dass zumindest die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Bundesbeamten schon während des aktiven Dienstes eine angemessene Besoldung erhalten, die auch im einfachen und mittleren Dienst – gerade in Großstädten – deutlich über dem Sozialhilfeniveau liegen muss!
Ich denke:
Man sollte weder in der Öffentlichkeit, noch bei den verantwortlichen Parteien nach der be-vorstehenden Wahl vergessen, dass die in unserem Staat gewohnte und zu Recht als selbstverständlich geltende stabile Verwaltung nicht ohne ein funktionierendes und finanziell unabhängiges Berufsbeamtentum denkbar ist und ein funktionierendes Berufsbeamtentum wiederum nicht ohne ein gesichertes Besoldungs- und Alterssicherungssystem existieren kann.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 http://www.politik24.de/2013/09/kurzungen-bei-pensionen-beamte-belehren-steinbruck-wegen-streichplanen/
2 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/nach-dem-tv-duell-gabriel-widerspricht-steinbrueck-bei-pensionen-12556600.html
Zum Alimentationsprinzip vgl.:
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Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, Kapitel 5 Rn. 26 ff.
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Summer in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 1 BeamtStG, Rn. 53 ff.
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Werres in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, vor § 1 LBG NRW, Rn. 71 ff.

