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Nachwuchsbeamte: Die regelmäßigen verspäteten Ernennungen zu Beamten auf Probe sind rechtswidrig

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Die Ausbildungszeiten der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst werden durch die jeweiligen Laufbahnvorschriften von Bund und Ländern festgelegt. Gleichwohl werden diese gesetzlich vorgegebenen Zeiten mit steter Regelmäßigkeit überschritten. Dies führt zu einer erheblichen Benachteiligung für Nachwuchsbeamte.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Verwaltungsinspektor Franz Frustig wurde mit Wirkung vom 1. September 2011 zum Verwaltungsinspektoranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt. Sein Vorbereitungsdienst dauerte nach den einschlägigen laufbahnrechtlichen Bestimmungen drei Jahre. Im Juli 2014 legte er die schriftlichen und mündlichen Prüfungsleistungen ab. Das Ergebnis der schriftlichen Prüfung steht allerdings noch aus. Auf seine Nachfrage hin wurde ihm von seiner jetzigen und auch zukünftigen Beschäftigungsbehörde mitgeteilt, dass er bei bestandener Prüfung aufgrund der seit vielen Jahren bestehenden Verwaltungspraxis frühestens zum 1. November mit einer Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Probe rechnen könne.

Das Beispiel des Franz Frustig gilt stellvertretend für eine Vielzahl von Nachwuchsbeamten. Diese erleiden durch die „ständige Verwaltungspraxis“ wesentliche Nachteile:

Die Dauer des Vorbereitungsdienstes beträgt in der Regel im mittleren Dienst1 zwei Jahre2, im gehobenen Dienst drei Jahre3 und im höheren Dienst wiederum zwei Jahre4. Der Vorbereitungsdienst endet mit dem Ablegen der Laufbahnprüfung.5 Die technische und rechtlich maßgebliche Beendigung erfolgt durch die Aushändigung des Prüfungszeugnisses.

  1. Nach der ständigen Verwaltungspraxis erfolgen die Aushändigung der Zeugnisse und die anschließende Ernennung zum Beamten auf Probe erst mehrere Monate nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung.

  2. Das bedeutet: Die gesetzlich vorgegebene Zeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf von zwei bzw. drei Jahren wird systematisch um diese Monate überschritten.

  3. Die Nachwuchsbeamten arbeiten aber bereits an den Stellen, die sie auch später als Beamte auf Probe einnehmen werden – obwohl ihnen lediglich die wesentlich niedrigeren Anwärterbezüge ausbezahlt werden. Die höheren Dienstbezüge stehen ihnen erst ab ihrer Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Probe zu.

  4. Durch die spätere Ernennung beginnt also die regelmäßig abzuleistende Probezeit erst zu einem späteren Zeitpunkt (1. November 2014). Dies bedeutet für die weitere Karriere des Beamten, dass nicht nur seine Probezeit, sondern auch seine allgemeine Dienstzeit, die nach Ablauf der Probezeit mit der Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit beginnt, hinausgezögert wird. Damit verschieben sich aber automatisch auch seine späteren Beförderungen. Dies führt neben erneuter finanzieller Einbußen also auch zu statusrechtlichen Nachteilen.

Den Nachwuchsbeamten steht gleichwohl kein Anspruch auf eine höhere Besoldung oder auf Schadensersatz zu. Der Grund: Selbst bei bestandener Prüfung besteht kein Rechtsanspruch auf eine Ernennung zum Beamten auf Probe.

Fakt ist:

  1. Die systematischen verspäteten Ernennungen verstoßen gegen die eindeutigen Vorgaben des Laufbahnrechts. Sie sind damit rechtswidrig – leider aber ohne rechtliche Folgen für die Dienstherren.

  2. Eine Abhilfe wäre hier jederzeit durch eine entsprechende Gestaltung der Verwaltungsabläufe bei den Prüfungen möglich.

Dienstherren und vor allem die Beamtenvertretungen sind aufgefordert, diese rechtswidrigen Zustände endlich abzuschaffen.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
___________________________
1 Zu den bayerischen Qualifikationsebenen vgl.: Art. 8 Abs. 2 LlbG.
2 Vgl. § 12 BLV und das jeweilige Landesaufbahnrecht.
3 Vgl. § 13 BLV und das jeweilige Landesaufbahnrecht.
4 Vgl. § 14 BLV und das jeweilige Landesaufbahnrecht.
5 Vgl. § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBG für Bundesbeamte und § 22 Abs. 4 BayBG für bayerische Landes- und Kommunalbeamte.


Hinweis: Siehe hierzu insbesondere den Fachbeitrag:
Anspruch auf Ernennung nach bestandener Ausbildung?


Zum Anspruch auf Ernennung siehe:

  • Baßlsperger, Einführung in das Beamtenrecht, Kapitel 9, Rn. 83 ff.

  • Baßlsperger, cockpit Beamtenrecht, Thema EF, Rechtsanspruch auf Ernennung.

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 23.11.2014 um 16:54:
Im Grunde ein unglaublicher Zustand, den es unbedingt zu ändern gilt! Daran sollten Politik und Beamtenvertretungen gemeinsam arbeiten!
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