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„Schildbürgerstreiche“ aus Brüssel: „Amtscourage“ ist gefragt!

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In dem Blog-Beitrag „König Watzmann und Graminger Berggeist: Schildbürgerstreiche aus Brüssel“ wurde von einem erneuten, besonders eklatanten Fall der Brüsseler „Bürokratie“ berichtet. Durch die Intervention mehrerer Politiker hat sich die Angelegenheit zwar jetzt - nach mehreren Monaten - im positiven Sinn erledigt, für den Bürger stellt sich aber die Frage, warum eine solche Intervention überhaupt erforderlich war.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

nochmals zur Erinnerung: Dem Besitzer einer kleinen bayerischen Brauerei wurde vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit schriftlich mitgeteilt, dass die Verwendung des Produktnamens „Berggeist“ für sein Bier nach den europarechtlichen Vorgaben rechtswidrig sei, weil mit dem Wort „Geist“ nur eine Spirituose, nicht aber ein Bier bezeichnet werden darf.1

Jetzt hat sich im Nachhinein doch noch der „gesunde Menschenverstand“ durchgesetzt. Wie der „Alt-Neuöttinger-Anzeiger“ in seiner Ausgabe vom 31.7.2010 berichtete, hat sich die Angelegenheit für die kleine bayerische Brauerei doch noch zum Guten gewendet. Der Leiter des für den Vollzug des Europarechts zuständigen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat entschieden, dass die Verordnung Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und Rates zur „Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen“ im Fall des „Graminger Berggeistes“ nicht vollzogen wird.

Der „durchschnittlich denkende Normalbürger“ wird sich fragen, ob es überhaupt so weit kommen musste.

Der Vorwurf des „Regulierungswahnsinns“ der hochbezahlten EU-Bürokraten trifft zunächst einmal den Beamten vor Ort, der die in so manchem Einzelfall völlig sinnlosen europarechtlichen Verordnungen2 zu vollziehen hat.

Für jeden Beamten gilt der Grundsatz: Kraft des ihm übertragenen Amtes muss er auch für die Umsetzung dieser im konkreten Einzelfall sinnlosen rechtlichen Vorgaben sorgen. Siehe dazu auch den Blog-Beitrag: „Zum Selbstverständnis: Warum sind Sie eigentlich Beamter geworden?“

Ich denke:
Es darf nicht nur immer die Rede von „Zivilcourage“ sein – ein Beamter muss im Einzelfall auch „Amtscourage“ zeigen!

Anders ausgedrückt: Bei einer offensichtlichen Sinnlosigkeit des Verwaltungshandelns hat der Beamte dieses Verwaltungshandeln eben zu unterlassen.  Bei Zweifeln über die Rechtmäßigkeit seines Unterlassens steht jedem Beamten das „Remonstrationsrecht“ nach § 63 Abs. 2 BBG/§ 36 Abs. 2 BeamtStG als Hilfestellung zur Verfügung. Von dieser Möglichkeit wird aber in der Praxis leider - wie bereits in dem Blog-Beitrag „Loveparade“: Remonstration der Beamten wurde nicht ernst genommen!“ dargelegt wurde – viel zu selten Gebrauch gemacht!

Was für den Bürger einerseits unter dem Begriff „Zivilcourage“ gefordert wird, das kann andererseits der Bürger im Sinne einer „Amtscourage“ auch von jedem Entscheidungsträger des öffentlichen Dienstes verlangen!

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

_________________________________________

1  www.regiowiki.pnp.de/index.php/Graminger_Berggeist  
2 Siehe etwa die Bananenverordnung (VO Nr. 2257/94) bzw. die Verordnung 1677/88 zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Gurken (kurz: „Gurkenverordnung“). Näheres unter „König Watzmann  und Graminger Berggeist -  Schildbürgerstreiche aus Brüssel!“

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 19.11.2014 um 16:00:
Ein "guter" Beamter tut eben das, was man von ihm verlangt - ohne über den Sinn nachzudenken!
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