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Energiepreispauschale – Der richtige Weg zum Ziel

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Vergangenes Jahr sorgten die sprunghaft und drastisch gestiegenen Energiekosten für die Gewährung einer Energiepreispauschale, durch welche diese zusätzliche Belastung kurzfristig und sozial gerecht abgefedert werden sollte. Zum Ziel hatte man sich gesetzt, eine Hilfe zu leisten, die zeitnah in der Bevölkerung ankommt. Rund ein Jahr nach der geplanten Auszahlung für den Großteil der Anspruchsberechtigten ist die Abwicklung jedoch längst nicht abgeschlossen und beschäftigt sowohl diejenigen, bei den die Pauschale ankommen soll, als auch Arbeitgeber als Zahlstelle sowie die Finanzverwaltung.

Liebe Leserin, lieber Leser,

im letzten Jahr waren wir einem erheblichen Anstieg der Strom-, Gas- und Treibstoffkosten ausgesetzt. Nun ist schon fast wieder so viel Zeit vergangen, dass die Einzelheiten in Vergessenheit geraten, zumindest aber die Erinnerungen im Detail verblassen. Die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Preiserhöhungen für Nahrungsmittel und Energie wurden zu einer nicht zu unterschätzenden Belastung. Mit zahlreichen Maßnahmen wurde versucht, die Bevölkerung bestmöglich zu unterstützen. Eine dieser Maßnahmen, die sog. Energiepreispauschale, wurde durch das Steuerentlastungsgesetz1 im Einkommensteuergesetz verankert. Die Energiepreispauschale sollte gerade der Bevölkerungsgruppe zugutekommen, welcher typischerweise Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung entstehen, d. h. allen denjenigen, die von der Energiepreisentwicklung besonders stark belastet wurden und sich dieser grds. nicht entziehen konnten. Anspruchsberechtigt für diese Sozialleistung mit Subventionscharakter sind Arbeitnehmer, die Arbeitslohn aus einem aktiven Dienstverhältnis beziehen, sowie Bezieher von Gewinneinkünften.

Nun ist die Energiepreispauschale zunächst keine Entlastung steuerrechtlicher Natur. Es fehlte aber an einem geeigneten Kanal, um öffentliche Leistungen wie diese unbürokratisch direkt an die Berechtigten auszuzahlen. Und so entschied man sich, den Weg über die Finanzverwaltung zu gehen. Um aber die Leistung möglichst schnell unter bzw. an die Leute zu bringen, sollte nicht das Veranlagungsverfahren und damit mindestens schon einmal der Jahreswechsel abgewartet werden müssen, sondern für einen Großteil der Begünstigten sollte bereits knapp 4 Monate nach Verabschiedung des Gesetzes die Auszahlung durch den Arbeitgeber vorgenommen werden. Schnell, aber leider nicht ganz ohne Nebenwirkungen.

Bereits im Vorfeld erwartete der Haushaltsausschuss einen nicht quantifizierbaren Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger für deren eigene Beratung und Information sowie für alle diejenigen, die nur aufgrund der EPP eine ansonsten nicht beabsichtigte Einkommensteuererklärung abgeben müssen. Zahlenmäßig prognostiziert wurde aber der erhebliche Aufwand für die Wirtschaft: So sei für ca. 2,6 Millionen Arbeitgeber mit einem einmaligen automationstechnischen Umstellungsaufwand i. H. v. ca. 106 Mio. Euro, zusätzlichem Porto und Versand der Bezügebescheinigungen i. H. v. ca. 44 Mio. Euro, ein Aufwand für Anfragen und Rückfragen der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber zur Auszahlung der EPP von ca. 65 Mio. Euro und für die Korrespondenz mit den Finanzbehörden im LSt-Anmeldeverfahren i. H. v. 10 Mio. Euro zu rechnen.2

Unstreitig war damit klar, dass die Entlastungsmaßnahme sämtlichen Beteiligten einiges abverlangen wird, insbesondere den Arbeitgebern. Um zeitnah zu seinem Recht zu kommen war der Arbeitnehmer auf der anderen Seite darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung auch nachkommt. Abgesehen von Ausnahmefällen, die der Vermeidung von unbilligen Härten dienen sollten (z. B. für Arbeitgeber die nicht zur Abgabe von LSt-Anmeldungen verpflichtet waren), hatte der Arbeitgeber keine Wahl und konnte sich dieser Verpflichtung eigentlich nicht entziehen. Was aber tun, wenn der Arbeitgeber diese ihm obliegenden Pflicht zur Auszahlung an Anspruchsberechtigte – bewusst oder unbewusst – nicht nachgekommen ist? Kann der Arbeitnehmer gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorgehen und auf diesem Weg die Auszahlung der EPP durch den Arbeitgeber erzwingen?

Mit dieser Frage wurde jüngst das FG Münster3 konfrontiert. Nach dessen Entscheidung ist der Weg vor Gericht nicht der erste erforderliche Schritt. Außerdem muss hinterfragt werden, gegen wen sich der Anspruch des Arbeitnehmers überhaupt richtet.

Der Antragsteller, der nach eigenen Angaben 2022 über einen inländischen Wohnsitz verfügte und in einem aktiven Dienstverhältnis stand, verklagte seinen Arbeitgeber beim Finanzgericht Münster auf Auszahlung der EPP in Höhe von 300 € und beantragte Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren.

Dabei musste das FG sich zunächst mit der Frage auseinandersetzen, ob es für das Begehren des Arbeitnehmers überhaupt zuständig ist. Denn bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss genau geprüft werden, ob der Finanzrechtsweg überhaupt eröffnet ist oder aber arbeitsrechtliche Fragen zu klären sind, die vor den Arbeitsgerichten zu platzieren sind. Diese Frage ist stets einzelfallbezogen zu klären.

Die Zuständigkeitsfrage konnte das FG ganz im Sinne des Arbeitnehmers beantworten und beurteilte das Finanzgericht als die zutreffende Gerichtsbarkeit. Denn genau genommen ist die EPP rechtstechnisch als eine Steuervergütung zu behandeln, d. h. der Arbeitnehmer begehrte mit seiner Klage die Durchsetzung eines Steuervergütungsanspruchs. Insoweit ist der Finanzrechtsweg eröffnet. Diese Entscheidung deckt sich mit einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck aus dem Jahr 2022[4]. Dieses Verfahren hatte bereits vergangenes Jahr in einem gleichgelagerten Sachverhalt vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Denn auch das Arbeitsgericht Lübeck beurteilte den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten hinsichtlich dieser Streitfrage als unzulässig und verwies den Rechtsstreit daher an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht.

Im aktuellen Fall vor dem FG Münster hatte sich der Arbeitnehmer also grds. zutreffend an das Finanzgericht gewandt. Auch ist der Arbeitnehmer Gläubiger dieses Vergütungsanspruchs. Letztlich scheiterte der Erfolg des Antragstellers aber an der Wahl des Beklagten, also der eindeutigen Bezeichnung seines Arbeitgebers als Beklagten in der Klageschrift. Denn der Arbeitgeber ist nicht Schuldner der EPP, folglich besteht für eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers kein Rechtsschutzinteresse. Der Arbeitgeber fungiert allein als eine durch die öffentliche Hand in Dienst genommene Zahlstelle, denn er hat die EPP nicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Steuervergütungsansprüche sind vielmehr gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen.

Und so muss auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber womöglich pflichtverletzend in 2022 keine Auszahlung der EPP vorgenommen hat, der Arbeitnehmer eine Einkommensteuererklärung für 2022 einreichen, um die Pauschale zu erhalten. Zumindest bedarf es hierfür keinem besonderen Antrag auf die Auszahlung und auch ergänzende Angaben sind in der Regel entbehrlich.5 Das Finanzamt prüft in jedem Fall, in dem für das Jahr 2022 eine Einkommensteuererklärung abgegeben wird von Amts wegen, ob ein Anspruch auf die EPP besteht. Bei anspruchsberechtigten Arbeitnehmern erkennt das Finanzamt am Großbuchstaben „E“ in der LSt-Bescheinigung, ob der Arbeitgeber die Auszahlung bereits vorgenommen hat. Ist das nicht der Fall, wird die Auszahlung grundsätzlich im Einkommensteuerbescheid nachgeholt und neben der Einkommensteuer auch die EPP festgesetzt.

Solange also für das Jahr 2022 noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben wurde und die Auszahlung der Energiepreispauschale noch aussteht, erübrigt sich der Gang zum Finanz- oder Arbeitsgericht. Wenngleich auch die Abgabe eine Einkommensteuererklärung nicht unbedingt zu den schönsten Hobbys zählen wird, so ist ein Klageverfahren voraussichtlich keine angenehmere Aufgabe. Im besten Fall hat jedoch natürlich bereits der Arbeitgeber die EPP ausbezahlt und seine Arbeitnehmer von diesen Fragen und Aufgaben entlastet. Und genau das wünsche ich Ihnen!

Und damit verabschiede ich mich und grüße Sie ganz herzlich,

Ihre Ramona Dietmair


1 BGBl. I 2022 S. 749
2 vgl. BT-Drs. 20/1784
3 FG Münster vom 05.09.2023, 11 K 1588/23 Kg (PKH)
4 ArbG Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22 -nachgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 6 Ta 9/23, Sofortige Beschwerde eingelegt
5 zusätzliche Angaben sind nur in Fällen eines pauchalbesteuerten Minijobs oder Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft auf der Anlage Sonstiges erforderlich

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