Auf welche Einstellungen trifft der Kollege Roboter?
Liebe Leserinnen und Leser,
der Einsatz von Robotern ist längst keine futuristische Vorstellung mehr. Dabei kommen die Roboter zwar nicht wie in Hollywood-Streifen in Form eines rachsüchtigen Terminators bei uns an, doch treffen sie auf eine Gesellschaft, in der sich die Personalnot im öffentlichen Dienst zunehmend verschärft. Roboter könnten zukünftig einen Beitrag leisten, die Personalnot im öffentlichen Sektor zu mindern. Zudem können mit Robotern – wie bereits im Blockbeitrag vom 26. Juli 2023 beschrieben – bedarfsgerechte Dienstleistungen für eine stark diversifizierte Gesellschaft entwickelt werden. Dabei ist klar, dass Roboter nur erfolgreich eingesetzt werden können, wenn sie von den Beschäftigten akzeptiert werden. Deswegen hat die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW) im Rahmen des Verbundprojektes „RuhrBots“1 die Einstellungen von Beschäftigten in Stadtverwaltungen hinsichtlich des Robotereinsatzes erhoben.
Ziele und Ergebnisse der Studie im Überblick
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass der Einsatz von Robotern bei Beschäftigten auf gemischte Gefühle stößt. Obwohl Sorgen über z. B. Arbeitsplatzverlust, Monotonie und Kompetenzentwertung auftreten, sind im Allgemeinen tendenziell positive Einstellungen und die Erkenntnis über vielfältige Potenziale von Robotern zu erkennen (ausführlich siehe Herfurth & Gourmelon, 2023). So lag das konkrete Ziel der HSPV NRW darin zu ermitteln, welche Hoffnungen, Interessen und Befürchtungen Beschäftigte in Bibliotheken bezüglich des Einsatzes sozialer Roboter haben. Dafür wurde eine Online-Befragung durchgeführt, an der sich insgesamt 232 Beschäftigte aus NRW beteiligt haben.
Mit dem Robotereinsatz verbundene Hoffnungen
Als größte Hoffnung der Beschäftigten hat sich erwiesen, die Bibliotheken durch den Robotereinsatz als modern und technologisch fortschrittlich positionieren zu können (93%). Großes Potenzial sehen die Befragten auch darin, durch Roboter mehr Menschen die Nutzung von Bibliotheken zu ermöglichen, indem bspw. eine Kommunikation in beliebiger Sprache ermöglicht wird (86,4%). Roboter als Ansprechpartner für Menschen einzusetzen, die zu schüchtern sind menschliche Mitarbeitende anzusprechen, entpuppt sich als dritthäufigste Hoffnung (75,6%).
Dagegen zeigen sich die Wenigsten optimistisch, durch Roboter die Existenz von Bibliotheken sichern (86,9 %), dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenwirken (71,5 %) oder eigene Aufgaben besser erfüllen zu können (70,4 %). Diesbezüglich geringe Leistungserwartungen von aktuell zum Einsatz kommenden Technologien sind die Folge.
Mit dem Robotereinsatz verbundene Befürchtungen und Sorgen
Und eben diese geringen Leistungserwartungen kommen auch in von der Mehrheit geteilten Sorge vor häufig auftretenden Defekten (74,9 %) der Roboter sowie einem Zusatzaufwand für die Beschäftigten (64,4 %) zum Ausdruck. Robotern fehle es zudem an Empathie und Einfühlungsvermögen, weswegen sie als „vollwertige“ Gesprächspartner ausscheiden. Die größte Sorge der Beschäftigten ist jedoch, dass der persönliche und menschliche Austausch in den Bibliotheken abnehmen könnte (80,6%) – angesichts bestehender Zweifel an der technischen Zuverlässigkeit und den „sozialen“ Fähigkeiten der Roboter ein augenscheinlich widersprüchliches Ergebnis, meinen Sie nicht?
Hier ein kurzer Erklärungsversuch: Technologische Errungenschaften gehen meist mit einem schnell zur Gewohnheit werdenden Nutzen einher – oder könnten Sie noch auf Ihr Smartphone verzichten? Hinsichtlich der in rasanter Geschwindigkeit fortschreitenden Entwicklungen im KI- und Robotik-Bereich, scheinen die Beschäftigten somit einen auf zunehmende Nützlichkeit ausgerichteten Fortschritt zu erwarten, der letztlich auch eine perfektionierte Imitation „persönlicher“ Interaktion ermöglicht. Wer vermag schon mit Sicherheit vorherzusagen, wo künftige Grenzen lernender KI liegen …
Dagegen sind die Beschäftigten am wenigsten besorgt darüber, sich beim Gebrauch der Roboter zu blamieren (90,5 %), dass die Kunden_innen nur noch wegen des Roboters in die Bibliothek kommen (88,5 %) oder ihre eigenen Karrieremöglichkeiten innerhalb der Bibliotheksbranche einschränkt werden (87,2 %).
Wahrgenommene Risiken des Robotereinsatzes
Die wahrgenommenen Risiken beim Robotereinsatz sind variierend, wobei das Abhängen älterer Menschen und die Zunahme der Technikabhängigkeit als die größten Risiken angesehen werden. Die Gefahr von Arbeitsplatzverlust und Überforderung der Mitarbeitenden rangieren auf mittlerem Risikoniveau. Den Datenschutz und die Privatsphäre tangierende Probleme werden als die geringsten Risiken betrachtet.
Einschätzungen über die Einsatzbedingungen in der eigenen Bibliothek
Bei der Frage nach den Bedingungen in den einzelnen Bibliotheken vor Ort, haben sich den Beschäftigten zufolge als die größten Hürden für einen reibungslosen Robotereinsatz die geeignete Gestaltung der Räumlichkeiten (55,7 %) sowie fehlende finanzielle Ressourcen (53 %) herausgestellt. Fortbildungsangebote für den Umgang mit Robotern (64 %) und Mitspracherecht der Mitarbeitenden (58,1 %) erweisen sich hingegen für die Mehrheit als gegebene Bedingungen.
Roboterbezogenes Vertrauen und Gesamturteil
Und: Robotern ist zu vertrauen! Jedenfalls hat die Mehrheit der Befragten eher großes Vertrauen in ihren Kollegen Roboter, da knapp 66 % davon überzeugt sind, dass Roboter nur nach ihren programmierten Einstellungen handeln werden. Auch befürwortet über der Hälfte die Nutzung menschlicher Verhaltensdaten zur Verbesserung der Fähigkeiten von Robotern (54,7 %). In einer abschließenden Gesamtbewertung kann schließlich gezeigt werden, dass 62 % der Beschäftigten Roboter als „gut“ empfinden und 57 % einen Einsatz in der eigenen Bibliothek begrüßen würde.
Resümee und Ausblick
Zusammenfassend wird der Einsatz sozialer Roboter von den Beschäftigten in den Bibliotheken also als positiv und in vielerlei Hinsicht chancenreich bewertet, wobei die Befragten auch konkret benennen, wo sie Grenzen des Einsatzes sehen.
Gleichwohl der alltägliche Robotereinsatz bisher noch als Vision erscheinen mag, kann gemutmaßt werden, dass der auf Nützlichkeit zielende Fortschritt in absehbarer Zeit realisiert werden wird. Vor diesem Kontext und mit Blick auf die hier erlangten Ergebnisse gilt zu berücksichtigen: Alles, was der Roboter an Stelle der Beschäftigten erledigen kann, bietet ihnen Entlastungen und die Möglichkeit, ihren Arbeitsschwerpunkt auf das Zwischenmenschliche zu legen.
Nur mit Mut zum ersten Schritt kann gemeinsam gelernt werden, wie soziale Roboter als Werkzeug zur Unterstützung wirksam und bedarfsgerecht zum Einsatz kommen können. Dafür werden durch die HSPV NRW im Rahmen von RuhrBots und gemeinsam mit relevanten Stakeholdern juristische Aspekte des Robotereinsatzes in Verwaltungen analysiert und Handlungsempfehlungen für Führungskräfte zum Einsatz von Robotern in der Praxis erarbeitet. Freuen Sie sich auf den Kollegen Roboter J.
Herzlichst
Esther Herfurth und Andreas Gourmelon
Quelle:
Herfurth, E. & Gourmelon, A. (im Druck). Akzeptanz sozialer Roboter in der Arbeitswelt: Eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand. DÖD – Der Öffentliche Dienst.
1 Weitere Informationen zum Projekt: https://ruhrbots.de/.
2 Generische Maskulina werden mit Apostroph gekennzeichnet.

