Bürgerschaftliches Engagement – was es für das Personalmanagement bedeutet, Teil 1
Teil 1: Der öffentliche Sektor braucht Bürgerschaftliches Engagement
Liebe Leserin, lieber Leser,
Demografischer Wandel im Telegrammstil
Man mag es kaum noch lesen oder hören – darum beschreibe ich einleitend die Folgen des demografischen Wandels in gebotener Kürze mit drei Spiegelstrichen:
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Bis 2030 schrumpft die Zahl der Erwerbspersonen in Deutschland pro Jahr um 430.000, die Zahl der potentiellen Nachwuchskräfte sinkt bis 2020 um 20 %.
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Angesichts des hohen Durchschnittsalters der Beschäftigten werden sich in den nächsten Jahren die Amtsstuben deutlich leeren.
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Die Ressource Personal wird zukünftig zum Engpass-Faktor werden – selbst wenn Haushaltsmittel für Personal zur Verfügung stehen, wird es schwierig werden, die Stellen adäquat zu besetzen.
Ehrenamt kontra Personalmangel?
Wie aber kann der öffentliche Sektor zukünftig trotz Personalmangels seine Aufgaben bewältigen? Hierzu gibt es folgende Ideen: Aufgabenkritik (scheint angesichts des Zeitgeists wenig erfolgsversprechend), Arbeitsverdichtung (in vielen Bereichen schon ausgereizt), Prozessoptimierung und E-Government (erfordert hohe Investitionen), intensivere Zusammenarbeit der Institutionen (z.B. der Kommunen). Daneben scheint in Zeiten klammer Kassen ein weiterer Ansatz einen Ausweg aus der Misere zu bieten: der Einsatz von ehrenamtlich/freiwillig Tätigen. Während Bundespräsident Wulff im Juni 2011 deren Einsatz grundsätzlich und blumig lobte („Ohne bürgerschaftliches Engagement im Ehrenamt ist ein freiheitlicher, demokratischer und sozialer Staat nicht denkbar“), wurde die niedersächsische Landesregierung in ihrem Handlungskonzept „Demografischer Wandel“ (10.04.2012, S. 36) hinsichtlich ihrer Absichten schon deutlicher: „Gleichzeitig steigt der Bedarf an ehrenamtlichen Engagement bei enger werdenden finanziellen Handlungsspielräumen des Staates“.
Was Freiwillige alles tun
Schon jetzt haben die freiwillig Tätigen eine große Bedeutung z.B. in Kommunalverwaltungen. Mook1 gibt einen interessanten Einblick in die Stadtverwaltung Hagen: rund 2.600 Beschäftigten stehen knapp 700 ehrenamtlich Tätige zur Seite. In dieser Zählung sind nicht jene 220 Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, die als politische Mandatsträger (Ratsmitglieder, sachkundige Bürger, Bezirksvertretungen …) aktiv sind. Einsatzfelder der ehrenamtlich Tätigen sind die Feuerwehr, die Stadtbücherei, Museen und Theater, das Umweltamt, Senioren- und Jugendeinrichtungen. Dabei verzeichnet Mook einen Trend zu höherwertigen Tätigkeiten mit größerer Eigenverantwortung.
Potenzial der Freiwilligenarbeit
Idealerweise soll das Engagement der freiwillig Tätigen in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausgeweitet werden. Damit könnten Kommunen weiterhin bedeutsame Leistungen anbieten, die sonst dem Spardiktat zum Opfer fielen, und die Beschäftigten würden entlastet werden. Dass diese Idee nicht nur ein Wunschtraum ist, zeigt u.a. das Freiwilligensurvey der Bundesregierung (BMFSFJ, 2009).Nach den Umfragedaten ist rund ein Drittel der Bevölkerung bereits freiwillig engagiert. Noch interessanter ist, dass weitere 37 % zu einem Engagement bereit wären, wenn sie nur die Gelegenheit hätten und gefragt würden. Um Begriffe des Marketings zu verwenden: es ist noch ein enormes Marktwachstum möglich. Ich lenke den Blick noch einmal auf die Stadt Hagen – hier war es möglich, innerhalb von drei Jahren die Anzahl der freiwillig Tätigen um 33 % zu erhöhen!
Wie Sie als Personalmanager das Potenzial der Freiwilligenarbeit ausschöpfen können, lesen Sie am 4. März in Teil 2 des Blogs.
Ihr
Dr. Andreas Gourmelon
1 Mook, P. (2012). Bürgerschaftliches Engagement in Kommunalverwaltungen. In A. Gourmelon (Hrsg.), Personalressourcen sichern – eine Zukunftsaufgabe für den öffentlichen Sektor (S. 139 – 152). Heidelberg: rehm.

