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Führungsfeedback leicht gemacht: LEAD

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Mit Hilfe von LEAD können Selbst- und Fremdeinschätzungen bedeutsamer Führungskompetenzen einfach miteinander verglichen werden – Rezension des Testverfahrens.

Liebe Leserinnen und Leser,

die Auswahl und Entwicklung von Führungskräften ist und bleibt eine bedeutsame Aufgabe im Personalmanagement des öffentlichen Sektors. Am Markt gibt es Instrumente, die den Anspruch haben, bei der Bewältigung dieser Aufgabe hilfreich zu sein. In diesem Blog wird das Instrument „LEAD-Führungsfeedback“ (LEAD1) von den Autoren Dörr, Schmidt-Huber und Maier unter die Lupe genommen. Es wurde 2018 vom Hogrefe-Verlag veröffentlicht.

Anwendungszwecke

LEAD dient gemäß den Testautoren zum einen der Diagnostik von Führungskompetenzen. Damit „…soll ein besseres Verständnis der Stärken und Entwicklungsbedarfe“ (Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 15) einer einzelnen Führungskraft erreicht werden. Auswahl- und Selektionsprozesse sollen mit LEAD unterstützt werden können. Aus dem Kompetenzprofil einer Führungskraft sollen zum anderen Interventionen für die Personalentwicklung abgeleitet werden können. Weiterhin kann LEAD nach Ansicht der Autoren durch die erneute Anwendung des Instruments nach der Durchführung von Entwicklungsmaßnahmen zur Evaluation dieser Entwicklungsmaßnahmen genutzt werden.

Beschaffenheit des Instruments

Im Kern besteht LEAD aus zwei Fragebogen. Mit dem einen geben die Führungskräfte anhand der Bewertung von 54 Aussagen eine Selbsteinschätzung ihrer Führungskompetenzen ab. Der zweite Fragebogen richtet sich an die Mitarbeiter der Führungskräfte; er enthält die dieselben Führungskompetenzen wie der Fragebogen zur Selbsteinschätzung. Mit dem zweiten Fragebogen können die Mitarbeiter ihre Einschätzung der Ausprägung der Führungskompetenzen ihrer Führungskraft wiedergeben (Fremdeinschätzung). Dabei können Mitarbeiter jeweils gesondert und unabhängig voneinander einen Fragebogen zur Fremdeinschätzung verwenden. Das Instrument sieht eine anonyme Erhebung der Fremdeinschätzungen vor. Die 54 Aussagen werden durch „Ankreuzen“ bewertet. Die Fragebogen liegen in Papier- und elektronischer Form vor; zur Auswertung bietet der Verlag nur elektronische Hilfen an. Es liegt ein informatives und gut gestaltetes Testhandbuch vor.

Zielgruppe

LEAD kann bei erfahrenen Führungskräften aller Hierarchieebenen angewendet werden. Der Einsatz des Instruments ist nach meiner Einschätzung in vielen Bereichen des öffentlichen Sektors möglich, allerdings müssen beim Kompetenzbereich „Strategieentwicklung“ Abstriche gemacht werden. Die Autoren halten eine Anwendung auch bei fachlich leitenden Mitarbeitern sowie Projektleitern für möglich (Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 18). Für den Bereich Verwaltungen und Behörden kann ich mir das allerdings nicht vorstellen, da diese Personengruppen i.d.R. nicht über den erforderlichen Handlungsspielraum (im Sinne von LEAD; Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 18) bei personalen Führungsaufgaben verfügen.

Konstruktion

Das Kompetenzmodell von LEAD bezieht sich auf Führungskompetenzen, die einen empirisch nachgewiesenen Zusammenhang zum Führungserfolg aufweisen. Die LEAD-Kompetenzbereiche und die zugehörigen Kompetenzen sind:

  • Strategieorientierung: Marktchancen erkennen, Zukunftsperspektiven formulieren, Innovationen fördern

  • Ergebnissicherung: Ziele vereinbaren, Probleme analysieren, Ergebnisse bewerten

  • Mitarbeiterentwicklung: Verantwortung übertragen, Mitarbeiter coachen, Feedback geben, Perspektiven übernehmen

  • Umfeldgestaltung: Effektiv kommunizieren, Ressourcen bereitstellen, Konflikte managen, Veränderungen umsetzen, Arbeitsbeziehungen gestalten

  • Persönliche Einflussnahme: Selbstvertrauen vermitteln, Authentizität ausstrahlend, Ambiguitäten managen

Die Autoren haben die Kompetenzen aus unterschiedlichsten Führungstheorien und den dazugehörigen Studienergebnissen abgeleitet. Anschließend wurde der Praxisbezug durch Interviews mit Führungskräften geprüft.

Zur Erfassung jeder Kompetenz müssen jeweils drei verhaltensnahe Aussagen bearbeitet werden – z. B.: die Führungskraft „… spornt ihre Mitarbeiter dazu an, Neues zu lernen“ (Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 46).

Auswertung

Bei der Auswertung wird das Selbsteinschätzungsprofil dem Fremdeinschätzungsprofil gegenübergestellt. Dabei ergibt sich das Fremdeinschätzungsprofil aus der Mittelung der Einschätzungen der Mitarbeiter. Die Fremdeinschätzungsergebnisse können zudem mit den Ergebnissen einer Normierungsstichprobe verglichen werden, d. h. der Nutzer von LEAD erkennt, ob die Führungskraft von seinen Mitarbeitern besser oder schlechter bewertet wurde als andere Führungskräfte von deren Mitarbeitern.

Psychometrische Qualität

Es liegen ausführliche Angaben zur Normierungsstichprobe, zu Itemkennwerten und zur Reliabilität vor, die allesamt fachlich überzeugen. Bei der Konstruktvalidität zeigen sich sehr hohe statistische Zusammenhänge zwischen den einzelnen LEAD-Kompetenzbereichen, was darauf hindeutet, dass sich die Kompetenzbereiche inhaltlich stark überlappen. Erwartungsgemäß wurden hohe Zusammenhänge der LEAD-Kompetenzen mit weichen Kriterien des Führungserfolgs (wie z. B. Zufriedenheit mit der Führungskraft) nachgewiesen. Die statistischen Zusammenhänge mit harten Kriterien des Führungserfolgs (z. B. Absentismus) sind niedrig und meist nicht signifikant (Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 56).

Kosten

Das Testhandbuch und jeweils zehn Fragebogen für Führungskräfte und Mitarbeiter kosten derzeit in Papierform 488,- Euro. Dazu kommen Auswertungskosten von rund 18,- Euro pro Fragebogen. Mir gefällt nicht, dass der Verlag den Test als „komplett“ für 488,- Euro anbietet, es aber für diesen Preis keine Auswertemöglichkeit gibt. Online kostet eine Einzeltestung incl. Auswertung 38,- Euro. Zu beziehen ist der Test über www.testzentrale.de

Meine Einschätzung

Für die Auswahl von Führungskräften im öffentlichen Sektor eignet sich LEAD nicht. Der Selbsteinschätzungsfragebogen würde verzerrt beantwortet; die Nutzung von Fremdeinschätzungen für Auswahlzwecke führte derzeit im öffentlichen Sektor zu deutlichen Widerständen. Zudem fehlen Erkenntnisse zur prognostischen Validität des Instruments.

Sehr hilfreich kann LEAD bei der Feststellung von Entwicklungsbedarfen von Führungskräften und zur Initiierung von Teamentwicklungsprozessen sein. Diese Einschätzung gründet auf der theoretisch fundierten, verhaltensnahen und praxisgerechten Formulierung der Fragebogenitems. Wie jedes Führungsfeedback sollte auch der Einsatz von LEAD sorgsam geplant und durchgeführt sowie von qualifizierten Personen begleitet werden. Positiv hervorzuheben sind die vielfältigen Hinweise der Autoren hierzu (Dörr, Schmidt-Huber & Maier, 2018, S. 19 ff). Im Verhältnis zum möglichen Nutzen (besser qualifizierte Führungskraft, besser funktionierendes Team) können die Kosten als akzeptabel eingestuft werden.

Herzlichst

Ihr
Andreas Gourmelon


1 LEAD ist die Abkürzung für „Leadership Effectiveness and Development“.


Quelle:
Dörr, S. L., Schmidt-Huber, M. & Maier, G. W. (2018). LEAD-Führungsfeedback. Göttingen: Hogrefe.

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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 26.02.2024 um 08:23:
Hallo, Frau Franziska Fritz, die Entwickler` von Lead empfehlen, mindestens "... drei Feedbackgeber pro Führungskraft" heranzuziehen, um die Anonymität zu gewährleisten. Meiner Meinung nach sollte man vorsichtiger sein - insbesondere dann, wenn die sich die Aufgaben der Feedbackgeber deutlich unterscheiden. Deshalb denke ich, dass ein Team mit einer Führungskraft und vier MItarbeitenden für die Anwendung von LEAD zu klein ist. Herzlichst Andreas Gourmelon
kommentiert am 22.02.2024 um 13:17:
Denken Sie, es wäre sinnvoll, es in einem kleinen Team von 5 Personen zu verwenden, oder könnte es die Anonymität des Fragebogens gefährden?
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