Führungsmotivation von Nachwuchskräften

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Ergebnisse einer Untersuchung zeigen: Nachwuchskräfte der Verwaltung wollen grundsätzlich führen, allerdings nur dann, wenn die Work-Life-Balance nicht unter dieser Aufgabe leidet. Das Personalmanagement sollte Wege aufzeigen, wie das gelingen kann.

Liebe Leserinnen und Leser,

in der Praxis wird darüber geklagt, dass Führungspositionen nicht oder nur mit Mühe besetzt werden können. Vermutet wird, dass die Führungsmotivation der nachfolgenden Generationen niedrig sei. Frau Elena La Pillo, Absolventin des Master-Studiengangs Human Resource Management, hat im Rahmen ihrer Abschlussarbeit die Führungsmotivation von Nachwuchskräften der Verwaltung erhoben. Sie interessierte sich für die Beantwortung der folgenden Fragen: Wollen die Nachwuchskräfte zukünftig führen? Was spricht aus ihrer Sicht dafür, was dagegen? Wo liegen Potenziale und Hemmnisse? Gibt es dabei vielleicht auch Unterschiede zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht?

Wer wurde befragt?

Erhoben wurde die Führungsmotivation bei Studierenden (Verwaltungsstudiengang) der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW kurz vor Abschluss des Studiums im Frühsommer 2022. Insgesamt habe 84 Studierende erfolgreich an der Befragung teilgenommen. Darunter befanden sich 58 weibliche und 26 männliche Studierende. Der Altersdurchschnitt lag bei etwa 26 Jahren.

Wie wurde die Führungsmotivation erhoben?

Um die Ausprägung der Führungsmotivation zu erfassen, wurde von Frau La Pillo die elektronische Version des Hamburger Führungsmotivationsinventars (FüMo) von Felfe et al. (2012; siehe auch den Blog vom 3. April 2017) genutzt. Die Führungsmotivation wird mit dem FüMo mit einer Vielzahl von Skalen analysiert; so werden Informationen erhoben zu den Merkmalen …

  • Basismotive Macht, Leistung, Anschluss in ihren Annäherungs- und Vermeidungs-komponenten,

  • Führungsmotiv im engeren Sinne mit den Facetten affektives („...weil es Spaß macht“), kalkulatives („... weil es sich lohnt“) und normatives („...weil es erwartet wird“) Führungsmotiv

  • Spezielle Interessenfelder wie z. B. Gestaltung / Umsetzung eigener Ideen, Autono-mie, Verantwortung, Bestätigung, Mentoring, Wachstum,

  • Motivationshindernisse, wie Tendenz zur Vermeidung von Führung, bedingtes Füh-rungsmotiv, Work-Life-Conflict,

  • wahrgenommene Kompetenzen im Bereich Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung; führungsähnliche Erfahrungen.

Individuelle Testergebnisse werden zu den Ergebnissen von verschiedenen Vergleichsstich-proben ins Verhältnis gesetzt – auf diese Weise werden Aussagen zur Ausprägung (unter-, durchschnittlich, überdurchschnittlich) der Merkmale gewonnen.

Führung wird grundsätzlich angestrebt

Die Auswertung der Daten zeigt, dass die Studierenden der HSPV im Hinblick auf die Führungsmotivation keine wesentlichen Unterschiede zu anderen Studierendengruppen aufweisen.  Grundsätzlich weisen die Studierenden der HSPV Interessen auf, die sich  positiv auf die Führungsmotivation auswirken - das Interesse nach Autonomie, Wachstum und Verantwortung kann nämlich vor allem in Führungspositionen ausgelebt werden. Weiterhin streben die Studierenden der HSPV NRW eher eine Führungstätigkeit an, als dass sie diese vermeiden wollen.  

Hindernis: Work-Life-Conflict

Das größte Hindernis bei der Umsetzung des Wunsches nach Führungstätigkeiten liegt bei der untersuchten Stichprobe in einem überdurchschnittlich hoch ausgeprägten „Work-Life-Conflict“, also einer großen Freizeitorientierung und der Befürchtung einer sinkenden Work-Life-Balance bei der Übernahme von Führungstätigkeiten. Diese Dimension ist sogar im Kontrast zu anderen Studierendengruppen deutlich ausgeprägter.

Studenten entsprechen eher ihrem Bild einer Führungskraft

Weiterhin wurde untersucht, ob statistische Zusammenhänge zwischen dem Geschlecht und den Dimensionen des FüMo vorliegen. Tatsächlich konnte ein solcher im „Führungsselbstbild“ ermittelt werden. Mit der Dimension „Führungsselbstbild“ kann laut Felfe et al. (2012) ermittelt werden, inwieweit das Selbstbild einer Person mit ihrer Vorstellung einer Führungskraft übereinstimmt. Hier zeigte sich, dass das Selbstbild der Studenten in stärkerem Maße mit ihrem Bild einer Führungskraft übereinstimmt, als dies bei Studentinnen der Fall ist.

Studentinnen haben mehr Führungserfahrung

Weiterhin wurde gemessen, ob und wie viel führungs- oder führungsähnliche Erfahrungen die Studierenden bereits erworben und wie die Probanden sich selbst in dieser Rolle erlebt hatten. Diese Erfahrungen müssen sich nicht auf den Berufskontext beziehen, sondern umfassen alle Erfahrungen, in welchen im weitesten Sinne bereits Führung erlebt werden konnte, so beispielsweise auch bei Tätigkeiten als Mannschaftskapitän in einem Sportverein oder als Klassensprecherin. Es zeigte sich, dass die weiblichen Studierenden mehr führungs- oder führungsähnliche Erfahrungen aufwiesen, als ihre männlichen Kommilitonen. Die Studenten fühlten sich durch ihre Erfahrungen stärker belastet, als ihre weiblichen Kommilitoninnen.

Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Studierenden

Interessant ist also, dass die Studenten weniger Erfahrungen in Führungstätigkeiten aufweisen, sich stärker durch diese belastet fühlen und dennoch eine stärkere Übereinstimmung ihrer Person mit ihrem Bild einer Führungskraft sehen, als die Studentinnen. Letztere weisen mehr führungs- oder führungsähnliche Erfahrungen auf und fühlen sich durch diese weniger belastet, als ihre männlichen Kommilitonen.

Empfehlungen für die Praxis

Auf Grundlage der Studienergebnisse können der Praxis Empfehlungen zur Förderung der Führungsmotivation gegeben werden:

Die vorhandenen Potenziale, die in den grundlegenden Basismotiven und den Interessenfeldern der Studierenden liegen, sollten genutzt werden. Dies könnte dadurch geschehen, dass die Inhalte und Aufgaben einer Führungskraft transparenter dargestellt und dem Nachwuchspersonal vermittelt werden. Wie sieht der Alltag einer Führungskraft in der Realität aus? Nachwuchskräfte sollten erkennen, dass sie beispielsweise mehr  Gestaltungsmöglichkeiten und Autonomie haben und persönlich an Führungsaufgaben wachsen können.

Das größte Motivationshindernis liegt im „Work-Life-Conflict“. Hier empfiehlt es sich, innerhalb der eigenen Organisation zu überprüfen, welche Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance bereits angeboten werden, ob diese ausbaufähig sind und vor allem, ob diese auch in Führungspositionen angeboten werden können. Zu denken ist hierbei im Hinblick auf Führungskräfte an das Arbeiten im Home-Office, das Arbeiten in Teilzeit oder die Reduktion von Überstunden z. B. durch die Optimierung von Prozessen.

Generationeneffekt?

Im Grundsatz liegt bei der jüngsten Generation des gehobenen Dienstes Führungsmotivation vor. Allerdings sind die Nachwuchskräfte sehr auf ihre Work-Life-Balance bedacht. War und ist die Führungsmotivation von Vertretern‘ älterer Generationen ausgeprägter? Darüber lässt sich mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie von Frau La Pillo leider keine Feststellung treffen. Spekulieren lässt sich jedoch … ;-)

 

Herzliche Grüße

Andreas Gourmelon und Elena La Pillo


Quellen:

Felfe, J; Elprana, G.; Gatzka, M. & Stiehl, S. (2012). FÜMO. Hamburger Führungsmotivationsinventar. Göttingen: Hogrefe.

La Pillo, E. (2022). Die Führungsmotivation von Absolvent*innen der Hochschule für Polizei und Verwaltung (HSPV) NRW im Bereich der allgemeinen Verwaltung im Jahr 2022. Unveröffentlichte Thesis. Bochum: Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie.

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