Liebe Leserinnen und Leser,
das Interview ist das am häufigsten verwendete Instrument, um die Eignung von Bewerbenden festzustellen. Angesichts der veränderten Arbeitsmarktlage geht es aber im Interview nicht nur darum, die Eignung festzustellen, sondern auch die Bewerber‘ an den Arbeitgeber‘ oder Dienstherren zu binden (siehe hierzu auch die Blog-Beiträge vom Mai und Juni 2016).
Im Rahmen einer Lehrveranstaltung habe ich Studierende1 der HSPV NRW befragt, welche Gestaltungsmerkmale von Interviews bei Bewerbern‘ einen guten oder schlechten Eindruck hinterlassen. Die befragten Studierenden hatten während ihrer Bewerbungsphase jeweils mehrere Interviews erlebt, die überwiegende Mehrheit hatte letztlich auch Angebote mehrerer Arbeitgeber‘ oder Dienstherren erhalten.
Positive Eindrücke haben folgende Merkmale der Auswahlgespräche hinterlassen:
Der Bewerber‘ erhält mit dem Einladungsschreiben eine Wegbeschreibung und Informationen zu Parkplätzen,
von den Bewerbenden erzielte Ergebnisse in Arbeitsproben können während des Auswahlgesprächs von diesen dargestellt werden,
die Interviewsituation ist so gestaltet, dass die Bewerbenden mit der Kommission an einem Tisch sitzen,
die Mitglieder der Auswahlkommission stellen sich vor,
der Ablauf des Interviews wird vor Beginn des Interviews erläutert,
die Interviewer‘ lockern die Gesprächsatmosphäre auf; es darf auch gelacht werden,
die Interviewer‘ äußern Verständnis für die Nervosität der Bewerbenden,
die Interviewer‘ nehmen mit ihren Fragen Bezug zum Lebenslauf und weiteren Bewerbungsunterlagen,
die Auswahlkommission zeigt Entwicklungsmöglichkeiten für zukünftige Stelleninhaber‘ auf
die Bewerber‘ können Fragen an die Kommission richten.
Einige Interviews hinterließen bei den befragten Studierenden negative Eindrücke. Nachfolgend die Faktoren, die eine abschreckende Wirkung hatten:
Das Auswahlverfahren beinhaltet mehrere Präsenztermine,
die Bewerber‘ müssen in Gegenwart anderer Bewerber‘ auf die Durchführung des Interviews warten,
das Interview findet in einem zu großen Raum statt,
die Kommission ist zahlenmäßig sehr groß,
die Interviewer‘ kennen den Lebenslauf und weitere Unterlagen des Bewerbers‘ nicht,
ein Interviewleitfaden wird abgelesen, es entwickelt sich kein Gespräch,
während des Interviews werden Corona-Hygieneregeln nicht eingehalten,
es entsteht eine Situation, die einem Verhör ähnelt; es werden Fragen gestellt oder Anmerkungen gemacht, die Stress erzeugen sollen,
während des Interviews werden mündlich Logikaufgaben gestellt,
die Kommissionsmitglieder zeigen keine mimischen Regungen, wirken wie „versteinert“.
Viele der positiv gewerteten Gestaltungsmerkmale werden im Werk „Stellenbesetzungsverfahren …“ von Boris Hoffmann und mir ausführlicher beschrieben. Interviews bewerberfreundlicher zu planen und durchzuführen ist nicht schwierig – es hilft oftmals schon, sich in die Lage eines Bewerbers‘ zu versetzen, um grobe Schnitzer zu vermeiden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Auswahl und Anwerbung von Bewerbern‘.
Herzlichst
Ihr Andreas Gourmelon
Quelle:
Gourmelon, A. & Hoffmann, B. (2021). Stellenbesetzungs- und Auswahlverfahren treff- und rechtssicher gestalten (2. vollständig überarbeitete Auflage). Heidelberg: Rehm
1 Kurs KV 21/06 des Studienorts Herne.
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