Aus den Ergebnissen einer aktuellen empirischen Studie lassen sich Hinweise für das Personalmanagement zur Bindung von Beschäftigten ableiten.
Liebe Leserin, lieber Leser,
obwohl sich am Horizont des Arbeitsmarktes die ersten Gewitterwolken auftürmen, erleben wir derzeit in vielen Regionen, Branchen und Berufsbereichen den Arbeitsmarkt immer noch als Arbeitnehmermarkt. Viele Beschäftigte haben die Möglichkeit, die Stelle oder den Arbeitgeber zu wechseln. Deshalb müssen sich die Verwaltungen darum bemühen, ihre leistungsstarken Mitarbeitenden an die eigene Organisation zu binden. Im Blog vom 18. Juli 2024 habe ich Ihnen die Thematik „Personalbindung“ im Überblick dargelegt. In diesem Blog werden Ihnen die Erkenntnisse der Studie von Gaedke und Sachse (2025) vorgestellt, aus denen sich einige Tipps für die Praxis ableiten lassen.
Methodik der Studie
Die beiden Forscherinnen befragten im Winter 2024 online 512 Personen. Alle Befragten waren zum Zeitpunkt der Befragung abhängig beschäftigt. Das Alter der Befragten betrug im Durchschnitt 28,4 Jahre, Männer waren in der Befragung unterrepräsentiert (31 %). Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte überwiegend über Karrierenetzwerke und eine Hochschule. Erhoben wurden Daten zur Einbettung in den Job, dem affektiven Commitment, dem psychologischen Vertragsbruch und schließlich der Verbundenheit, zur Datenerhebung wurden bewährte Fragebogen verwendet.

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Einbettung in den Job und affektives Commitment
Das Ausmaß der Verwurzelung von Beschäftigten ist gemäß der Einbettungstheorie (Lee et al., 2004) dabei von drei Faktoren, u. a. von hochwertigen sozialen Beziehungen im Job – z. B. der guten Zusammenarbeit mit Kollegen` und Führungskräften – und im Privatleben, abhängig. Beim Faktor „Person-Environment-Fit“ geht es in der Einbettungstheorie darum, ob die Stellenanforderungen und die Organisationskultur mit den Kompetenzen, Werten sowie den Umständen des Privatlebens der Beschäftigten übereinstimmen. Der Faktor „finanzielle Opfer“ thematisiert, inwieweit Beschäftigte beim Wechsel des Jobs auf materielle Anreize des Arbeitgebers oder auf private Vorteile (z. B. ihre günstige Wohnung) verzichten müsste. Mit „affektiven Commitment“ wird die emotionale Verbundenheit von Beschäftigen mit der Organisation beschrieben. Beschäftigte verbleiben in der Organisation, weil es ihren Wünschen und Wollen entspricht.

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Psychologischer Vertragsbruch
Bereits in der Recrutingphase und auch während der Beschäftigungszeit bilden sich bei den Mitarbeitenden Erwartungen in Bezug auf die Austauschbeziehung (z. B. Leistungsanforderungen, Entwicklungsmöglichkeiten, Entgelt) zwischen ihnen und dem Arbeitgeber. Diese – teilweise rechtlich nicht relevanten Erwartungen – können als psychologischer Vertrag bezeichnet werden. Ein Bruch des psychologischen Vertrags erfolgt dann, wenn die Erwartungen der Beschäftigten enttäuscht werden. Rund ein Viertel der Befragten der Studie hat einen psychologischen Vertragsbruch erlebt (Gaedke & Sachse, 2025, S. 89). Am häufigsten wurden Erwartungen im Bereich der Personalentwicklung (Beförderungen, Weiterbildungsmöglichkeiten) und des Gehalts (Gehaltserhöhungen, Sonderzahlungen) enttäuscht. Ursachen für psychologische Vertragsbrüche war auch, dass andere Aufgaben als erwartet übertragen wurden oder dass der angeordnete Arbeitsort nicht den Erwartungen entsprach.
Zusammenhang zur Verbundenheit
Die Einbettung in den Job, das affektive Commitment und der psychologische Vertragsbruch – so die Ergebnisse von Gaedke und Sachse (2025, S. 88) – hängen nun in hohem Maße mit der Verbundenheit der Beschäftigten zusammen. Im statistischen Sinne können zwischen 35 % und 69 % der Varianz der Verbundenheit mit diesen Variablen erklärt werden.
Folgerungen für die Praxis
Aus der Einbettungstheorie lassen sich angesichts der Ergebnisse folgende Empfehlungen zur Personalbindung für die Praxis des Personalmanagements ableiten:
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Professionelle Personalauswahl mit einer gründlichen Erhebung der Stellenanforderungen auf der einen sowie der Kompetenzen, Motive und Wünsche der Bewerbenden auf der anderen Seite,
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Möglichkeiten zum Job Crafting, d. h. die Beschäftigten können innerhalb eines vorgegebenen Rahmens ihre Tätigkeiten selbst gestalten,
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Förderungen der sozialen Kontakte in der Organisation, z. B. durch die Gestaltung von Büros, von Treffpunkten wie der Kantine, regelmäßige Besprechungen gemeinsame Veranstaltungen.
Psychologische Vertragsbrüche können durch …
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… realistische Beschreibungen der Tätigkeiten und Stellenanforderungen während des Recruitingprozesses (z. B. ausführliche Beschreibung der Arbeitstätigkeiten auf Karriereportalen, Einsatz von situativen Fragen und Rollenspielen in Interviews, Möglichkeit zur Hospitation) sowie durch …
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… offene und eindeutige Kommunikation der Vorgesetzten in Führungsgesprächen vermieden werden.
Einen schönen Start in den Sommer wünscht Ihnen
Andreas Gourmelon
Quellen:
Gaedke, U. & Sachse, K. (2025). Bindung von Mitarbeitenden verstehen. Zeitschrift Führung + Organisation, 02/2025, S. 86–91.
Lee, T. W., Mitchell, T. R., Sablynski, C. L., Burton, J. P. & Holtom, B. C. (2004). The effects of job embeddedness on organizational citizenship, job performance, volitional absence, and voluntary turnover. Academy of Management Journal 47(5), 711–722.
