Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat den Vergabestatistikbericht für das Jahr 2023 veröffentlicht. Für 2023 wurden insgesamt 195.493 öffentliche Aufträge und Konzessionen mit einem Auftragsvolumen von 123,485 Mrd. Euro gemeldet.
Das Statistische Bundesamt hatte bereits im Frühjahr 2025 die für die Vergabestatistik für das Jahr 2023 erhobenen Einzeldaten veröffentlicht. Auf der Grundlage dieser Datenerhebung hat nunmehr das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den kompletten Vergabestatistikbericht für das Jahr 2023 veröffentlicht.
Die wichtigsten Berichtsdaten im Überblick:
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Im Erhebungszeitraum 2023 wurden insgesamt 195.493 öffentliche Aufträge und Konzessionen mit einem Gesamtvolumen von 123.484,9 Mio. Euro vergeben. Davon entfielen auf den Oberschwellenbereich 23.316 Aufträge und Konzessionen (11,93 %) mit einem Volumen von 90.211,1 Mio. Euro (73,05 %). Auf den Unterschwellenbereich entfielen 172.177 Aufträge und Konzessionen (88,07 %) mit einem Volumen von 33.273,8 Mio. Euro (26,95 %).
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Bei rund 35 % der Oberschwellenvergaben wurde nur ein Angebot abgegeben, im Unterschwellenbereich war dies bei 22 % der Verfahren der Fall.
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Bei 131.585 öffentlichen Aufträgen und Konzessionen wurden KMU als Auftragnehmer bezuschlagt. Dies entspricht einem Anteil von 67,4 % an allen Aufträgen im Berichtszeitraum.
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Nachhaltigkeitskriterien wurden bei 27.412 öffentlichen Aufträgen und Konzessionen berücksichtigt. Dies entspricht 14 % aller gemeldeten Aufträge.
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In ca. 62 % der Vergaben war der Preis das alleinige Zuschlagskriterium, davon 54,58 % im Oberschwellenbereich und 73 % bei Unterschwellenvergaben.
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An 8.559 Vergaben haben sich Bieter aus EU-Staaten mit insgesamt 25.846 Angeboten beteiligt. Davon wurde bei 1.738 Vergaben der Zuschlag an einen Auftragnehmer aus dem EU-Ausland erteilt. Nicht abgebildet werden dabei ausländische Unternehmen, die über Niederlassungen in Deutschland an den Vergaben teilgenommen haben.
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Bei den Auftragsgegenständen wurden erneut die Bauleistungen mit 108.233 Nennungen mit Abstand am häufigsten angegeben. Daran schließen sich die – ebenfalls mit Bauleistungen in Zusammenhang stehenden – Planungsleistungen mit 23.470 Nennungen an. Die weiteren, häufig genannten Bereiche sind Transport, Abwasser und Abfall, Dienstleistungen für Unternehmen wie bspw. Consulting (Unternehmensdienstleistungen) und IT-Dienstleistungen.
Nachfolgend wird die Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Verwendung von Nachhaltigkeitskriterien näher betrachtet:
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Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen vereinbart. Diese Vereinbarung spiegelt sich auch in dem Regierungsentwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz, das sich z. Z. in den parlamentarischen Beratungen befindet, wider. So wird an verschiedenen Stellen die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen an der Vergabe öffentlicher Aufträge gefordert, z. B. § 55 BHO-E (Wechsel zwischen beauftragten Unternehmen), § 17 Abs. 5 VgV – E ( Auftraggeber soll zwischen den Unternehmen, die zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert werden, wechseln und in geeigneten Fällen junge sowie kleine und mittlere Unternehmen zur Angebotsabgabe auffordern), § 29 Abs. 3 VgV – E (flexible Zahlungsgestaltung); § 42 Abs. 2 VgV – E (Bei der Auswahl der Eignungskriterien und Eignungsnachweise nach § 122 GWB sind die besonderen Umstände von jungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen angemessen zu berücksichtigen). Außerdem fällt die Öffnung der Losvergabe in § 97 Abs. 4 GWB-E eher zurückhaltend aus.
An KMU wurden im Jahr 2023 insgesamt 131.585 Aufträge und Konzessionen mit einem Gesamtvolumen von 46.589,30 Mio. Euro erteilt.
Gegenüber den Jahren 2021 ist dieses eine Steigerung der Auftragsvergaben an KMU um ca. 12.000 Aufträge (Auftragsvolumen: ca. 41.400 Mio. Euro). Im Jahr 2022 wurden an KMU 123.069 Aufträge mit einem Volumen von ca. 45.500 Mio. Euro erteilt.


Von den an KMU vergebenen Aufträgen entfielen 91,19 % auf Vergaben im Unterschwellenbereich und 8,81 % in den Bereich der Oberschwellenvergaben.
Die statistische Auswertung zeigt, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an KMU besonders im Unterschwellebereich eine erhebliche Bedeutung aufweist (61,38 % aller Aufträge, 17,73 % des Auftragsvolumens). Im Oberschwellenbereich beträgt der Anteil an KMU erteilte Aufträge 5,93 %, der Anteil am Auftragsvolumen 19,92 %.
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Praxisleitfaden
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien
Im Erhebungszeitraum 2023 wurden bei mehr als 27.400 Vergabeverfahren Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Bezogen auf die Gesamtanzahl der Vergabeverfahren wurden in ca. 14 % und bezogen auf das Gesamtvolumen in ca. 23 % aller Vergaben Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Bemerkenswert ist, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zu mehr als 80 % auf Vergabeverfahren auf Landes- und Kommunalebene erfolgte.
Die meisten Vergabeverfahren, bei denen Nachhaltigkeitskriterien einbezogen waren, fanden auf Landesebene statt (ca. 19 % der Verfahren mit einem Volumen von ca. 8,5 Mrd. Euro = 26 %). Auf Bund, Kommunen und sonstige Auftraggeber entfielen jeweils ca. 11 – 13 % mit einem Auftragsvolumen von jeweils ca. 6,4 – 7 Mrd. Euro.
Im Oberschwellenbereich wurden im Erhebungsjahr 2023 in ca. 82 % aller Vergabeverfahren mit einem Anteil von ca. 73 % des Auftragsvolumens keine Nachhaltigkeitskriterien zugrunde gelegt. Wie aus der statistischen Erhebung hervorgeht, bleibt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien damit deutlich hinter den Möglichkeiten der strategischen öffentlichen Beschaffung zurück.
Nachhaltigkeitskriterien können im Vergabeverfahren an verschiedenen Stellen Berücksichtigung finden. Nach der vorliegenden Datenerhebung erfolgt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien vornehmlich bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung, gefolgt von der Festlegung der Eignungskriterien, dem Zuschlag und den Ausführungsbedingungen.

Im Unterschwellenbereich wurden von insgesamt 172.177 Vergaben mit einem Auftragswert von ca. 33 Mrd. Euro in ca. 86,5 % aller Vergabeverfahren und ca. 87 % des Auftragsvolumens keine Nachhaltigkeitskriterien zugrunde gelegt. So bleibt auch im Unterschwellenbereich die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien deutlich hinter den Möglichkeiten zurück.

Verfasser: Rudolf Ley / Dietmar Altus
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