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Neugeborene mit ungeklärter Identität der Eltern

Die Eintragung von Neugeborenen im Melderegister bereitet in der Regel keine Probleme. Anders sieht es allerdings aus, wenn die Identität der Eltern des Kindes – und damit auch die Identität des Kindes selbst – nicht geklärt ist. Wie müssen die Meldebehörden in einer solchen Situation vorgehen?

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Inhaltsverzeichnis

Neugeborene mit ungeklärter Identität der Eltern

  1. Wie sieht der problemlose Standardfall bei Neugeborenen aus?
  2. Wann ist ausnahmsweise die förmliche Anmeldung eines Neugeborenen erforderlich?
  3. Warum kommt es so sehr auf die Klärung der Identität des Neugeborenen und seiner Eltern an?
  4. Was bedeutet der Begriff der „Identität“ einer Person?
  5. Welches Problem entsteht bei einem Neugeborenen mit ungeklärter Identität der Eltern oder der Mutter?
  6. Welche Handlungsmöglichkeiten hat ein Standesamt bei ungeklärter Identität eines Neugeborenen?
  7. Wie ist bei einer Zurückstellung der Beurkundung mit der Eintragung im Melderegister zu verfahren?
  8. Wie ist bei einer Beurkundung mit einschränkenden Zusätzen mit der Eintragung im Melderegister zu verfahren?
  9. Worin besteht ein grundlegender Unterschied zwischen der Tätigkeit eines Standesamts und der Tätigkeit einer Meldebehörde?

1. Wie sieht der problemlose Standardfall bei Neugeborenen aus?

Ein Kind wird in Deutschland geboren, sei es in einer Klinik, sei es im Rahmen einer Hausgeburt in der Wohnung der Eltern oder der Mutter. Seine Eltern oder die Mutter nehmen es von Anfang an in ihrer Wohnung auf, bei einer Hausgeburt direkt danach, bei einer Klinikgeburt nach Heimkehr aus der Klinik.

Anders als im Internet fälschlicherweise teils geschildert wird, müssen sich die Eltern oder die Mutter in diesem Fall hinsichtlich der Eintragung des Kindes in das Melderegister um nichts kümmern. Die Eintragung des Kindes in das Melderegister wird vielmehr von Amts wegen, also aus Sicht der Eltern oder der Mutter „automatisch“, auf folgende Weise veranlasst:

  • Das zuständige Standesamt teilt der Meldebehörde unverzüglich die Beurkundung der Geburt des Kindes mit (§ 17 Abs. 4 Bundesmeldegesetz – BMG; inhaltsgleich § 57 Abs. 1 Nr. 3 Personenstandsverordnung – PStV: „Das Standesamt, das die Geburt beurkundet, hat dies mitzuteilen … der Meldebehörde.“)

  • Aufgrund dieser Mitteilung erfolgt die Eintragung des Kindes im Melderegister.

  • Das Feld zum Wohnungsgeber bleibt entweder frei oder die Meldebehörde übernimmt die Angaben zum Wohnungsgeber aus dem Datensatz der Eltern oder der Mutter (Nr. 17.3 Abs. 1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesmeldegesetz – BMG-VwV).

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2. Wann ist ausnahmsweise die förmliche Anmeldung eines Neugeborenen erforderlich?

Die Anmeldung eines Neugeborenen ist in drei unterschiedlichen Konstellationen erforderlich:

  • Beurkundung der Geburt im Ausland

Beispiel: Ein Kind, dessen Eltern oder Mutter in Deutschland wohnen, wird im Ausland geboren. Seine Geburt wird dort beurkundet. Warum das Kind im Ausland geboren wurde, spielt keine Rolle. So kann es sein, dass die Mutter bewusst eine Geburtsklinik im benachbarten Ausland aufgesucht hat, weil sie günstig zu ihrem Wohnort liegt oder weil die Klinik einen besonders guten Ruf hat. Es kommt aber beispielsweise auch vor, dass sich die Geburt unerwartet während einer Urlaubsreise ereignet. Entscheidend ist, dass die Beurkundung der Geburt im Ausland erfolgt ist.

In diesem Fall ist an der Beurkundung kein deutsches Standesamt beteiligt. Die Verpflichtung der deutschen Standesämter, eine Geburt der zuständigen Meldebehörde mitzuteilen, läuft deshalb leer. Es gibt in diesem Fall kein deutsches Standesamt, das eine solche Mitteilung vornehmen könnte. Ein grenzüberschreitender Datenaustausch zwischen ausländischen Standesämtern und deutschen Meldebehörden ist auch innerhalb der EU nicht vorgesehen.

Zwar ist unabhängig von der Beurkundung der Geburt im Ausland eine Nachbeurkundung der Geburt in Deutschland denkbar (§ 36 Personenstandsgesetz – PStG). Sie ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, also nicht in allen Fällen möglich. Zudem gibt es keine Pflicht, eine solche Nachbeurkundung zu beantragen. Ferner wird sie in aller Regel nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen erfolgen, die § 17 Abs. 1 BMG für die Anmeldung auch von Neugeborenen vorgibt. Aus diesen Gründen kann dieser Sonderfall außer Betracht bleiben.

  • Aufnahme des Kindes in eine andere Wohnung als die der Eltern oder der Mutter

Beispiel: Bei der Geburt im Inland kommt es zu schweren Komplikationen. Zwar kommt das Kind unbeschadet davon, die alleinstehende Mutter wird jedoch voraussichtlich monatelang in Kliniken behandelt werden müssen. In dieser Situation greift die Schwester der Mutter ein. Sie nimmt das Neugeborene bei sich in der Wohnung auf. Es wird bei ihr bleiben, solange dies aufgrund der Umstände eben notwendig ist. Das für die Klinik zuständige deutsche Standesamt beurkundet die Geburt.

In diesem Fall gibt es zwar ein deutsches Standesamt, das eine Mitteilungspflicht an die Meldebehörde hat, die für die Wohnung der Mutter zuständig ist. In diese Wohnung wird das Kind jedoch gerade nicht aufgenommen. Dass es in die Wohnung der Schwester der Mutter aufgenommen wird, für die eine ganz andere Meldebehörde zuständig ist, können weder das Standesamt noch die für die Wohnung der Mutter zuständige Meldebehörde wissen. Aus diesem Grund ist eine Anmeldung des Kindes für die Wohnung der Schwester der Mutter erforderlich.

  • Fehlende Mitteilung der Geburt an die Meldebehörde durch das Standesamt

Sofern das Standesamt aus Rechtsgründen daran gehindert ist, die Beurkundung einer Geburt durchzuführen, besteht seitens des Standesamts weder eine Meldepflicht noch eine Meldemöglichkeit auf der Basis von § 17 Abs. 4 BMG/§ 57 Abs. 1 Nr. 4 PStV. Dies wird im Zusammenhang mit der ungeklärten Identität von Neugeborenen dann praktisch relevant, wenn das Standesamt die Beurkundung zurückstellt (siehe dazu im Detail Frage 7).

Wichtig:

Die Pflicht zur Anmeldung des Neugeborenen trifft in allen drei Konstellationen diejenigen, in deren Wohnung das Neugeborene einzieht (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BMG). Sie sind Wohnungsgeber und haben den Einzug gegenüber der Meldebehörde zu bestätigen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BMG).

„Bei der Erfüllung der Meldepflicht nach [§ 17] Absatz 3 [BMG] sind personensorgerechtliche Erwägungen unbeachtlich.“ (Nr. 17.3 Abs. 4 Satz 3 BMG-VwV). Dies bedeutet: Unabhängig davon, wer im konkreten Fall das Sorgerecht hat, muss außer dem oder den Wohnungsinhabern niemand bei der Anmeldung mitwirken. Weder sind irgendwelche Zustimmungserklärungen von Sorgeberechtigten erforderlich noch bedarf es einer Einschaltung des Jugendamtes.

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3. Warum kommt es so sehr auf die Klärung der Identität des Neugeborenen und seiner Eltern an?

Bei den bisherigen Ausführungen wurde – ohne dies zu problematisieren – davon ausgegangen, dass die Identität der Eltern oder zumindest der Mutter des Neugeborenen und damit auch die Identität des Neugeborenen selbst geklärt sind. Dies ist Voraussetzung dafür, dass eine Eintragung des Neugeborenen in das Melderegister erfolgen kann.

Das lässt sich aus der allgemeinen Regel erschließen, dass bei der Erfüllung der allgemeinen Meldepflicht ein geeignetes Identitätsdokument wie etwa ein Personalausweis oder ein Pass vorzulegen sind (siehe § 23 Abs. 1 Satz 1 BMG). „Eine Anmeldung kann nicht erfolgen, wenn nach § 23 Abs. 1 BMG kein Identitätsnachweis vorgelegt wird.“ (so Nr. 17.1.3 BMG-VwV). Für die Eintragung eines Neugeborenen im Melderegister auf der Grundlage einer Mitteilung des Standesamts muss zwar kein Identitätsdokument vorgelegt werden. Die Identität des Neugeborenen an sich muss aber feststehen. Sonst würden für die Eintragung eines Neugeborenen aufgrund einer Mitteilung des Standesamts insoweit weniger strenge Regeln gelten als bei der Erfüllung der allgemeinen Meldepflicht bei einem Zuzug.

Erfolgt eine Geburtsmitteilung des Standesamts, ist die Identität des Neugeborenen geklärt. Denn eine Beurkundung durch das Standesamt erfolgt erst, wenn das Standesamt zuvor die Identität des Kindes eindeutig festgestellt hat. Eigene Recherchen durch die Meldebehörde sind in einem solchen Fall also überflüssig.

4. Was bedeutet der Begriff der „Identität“ einer Person?

Das Melderecht definiert die Identität einer Person über bestimmte Daten wie etwa den Familiennamen und den oder die Vornamen. Dies zeigt der Katalog der Daten, die gemäß § 3 BMG zu einer Person im Melderegister gespeichert werden. Entsprechend handhabt es das Personenstandsrecht. Auch dort bedeutet „Identität“, dass bestimmte Daten, insbesondere Familiennamen und Vornamen nachvollziehbar und beweisbar mit einer bestimmten Person verknüpft sind. Dasselbe gilt für das Ausländerrecht und weitere Rechtsgebiete.

Für das Ausländerrecht hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zum Begriff der „Identität“ folgende Grundsätze aufgestellt, die auch für das Melderecht und das Personenstandsrecht gelten:

  • „Die Identität einer Person (im rechtlichen Sinn) wird durch tatsächliche und rechtliche Daten wie Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort bestimmt, die der betreffenden Person zuzuordnen sind.“

  • „Identität“ bedeutet die Übereinstimmung dieser personenbezogenen Daten mit einer natürlichen Person.“

  • „Die Klärung der Identität setzt die Gewissheit voraus, dass [eine Person] die Person ist, für die sie sich ausgibt, mithin eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.“

(Siehe OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5.1.2022 – 3 M 131/20, Rn.4; der Beschluss ist bei Eingabe des Aktenzeichens im Internet leicht zu finden).

5. Welches Problem entsteht bei einem Neugeborenen mit ungeklärter Identität der Eltern oder der Mutter?

Vor allem bei Asylbewerberinnen und Asylbewerbern kommt es immer wieder vor, dass sie entweder über keinerlei Identitätsdokumente verfügen oder lediglich über Dokumente, deren Echtheit angezweifelt werden muss. Letzteres traf in dem Fall zu, den das OVG Berlin-Brandenburg zu entscheiden hatte. Dort konnte der Antragsteller zwar unter anderem einen Reisepass aus Kamerun vorlegen. Nach den Erfahrungen des Auswärtigen Amts und anderer Behörden können in diesem Land jedoch äußerlich echte Dokumente mit falschem Inhalt sogar bei offiziellen Stellen gekauft werden.

In solchen Fällen ist melderechtlich von der Situation einer „ungewissen Datenlage“ auszugehen. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Person „die Personendaten und der Familienstand nicht oder nicht eindeutig belegt werden können.“ (Nr. 17.1.3.1 BMG-VwV). Zwar werden auch solche Personen im Melderegister aufgenommen. Es gelten dabei jedoch folgende Besonderheiten, die Nr. 17.1.3.1 BMG-VwV vorgibt:

  • Es erfolgt eine Eintragung im Melderegister lediglich mit den „Grunddaten“. Soweit möglich, werden also Familienname, Geburtsname, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, derzeitige und gegebenenfalls letzte frühere Anschrift sowie die AZR-Nummer aufgenommen. „AZR“ steht dabei für „Ausländerzentralregister“.

  • Die Eintragung erfolgt auf der Basis der Angaben, die der Einwohner selbst macht. Kann er zur einzelnen der genannten Grunddaten keine Angaben machen, erfolgt im entsprechenden Feld des Melderegisters keine Eintragung.

  • „Die Angaben zu den Kindern und gesetzlichen Vertretern der Kinder sind ohne Nachweis der Richtigkeit der Angaben nicht in den Datensatz der mutmaßlichen Eltern zu übernehmen.“

Ist bei den Eltern oder der Mutter eines Neugeborenen eine Eintragung im Melderegister auf der Basis einer ungewissen Datenlage erfolgt, sind die Angaben zu den Eltern auch in Bezug auf das Kind als ungewiss anzusehen. Sie eignen sich daher nicht für eine Verwendung bei der Eintragung des Neugeborenen in das Melderegister. Dies führt zu der Frage, von welcher Datenbasis die Meldebehörde bei der Eintragung des Neugeborenen in das Melderegister auszugehen hat.

Teilweise entschärft wird dieses Problem allenfalls dadurch, dass die Tatsache, welche Frau und welcher Mann biologisch gesehen Mutter und Vater des Kindes sind, beispielsweise durch gentechnische Untersuchungen festgestellt werden kann. Es besteht jedoch keine Rechtsgrundlage dafür, Betroffene zu entsprechenden Gen-Untersuchungen zu verpflichten.

Unabhängig davon gibt es bei einer Geburt in Deutschland jedenfalls bei einer Klinikgeburt zuverlässige Zeugen dafür, welche Frau das Kind geboren hat. Dabei wird es sich häufig um Hebammen oder um Ärztinnen und Ärzte handeln. Mit Hilfe solcher Zeugen lässt sich jedoch lediglich das Abstammungsverhältnis in Bezug zur Mutter klären; auch über Geburtsdatum und Geburtsort sowie über das Geschlecht des Kindes können diese Personen Auskunft geben. Ein Nachweis der Richtigkeit von Daten wie dem Familiennamen oder der Staatsangehörigkeit ist jedoch auf diesem Weg selbstverständlich nicht möglich.

Abgesehen davon ist eine Meldebehörde jedoch nicht der geeignete Ort, um derartige Zeugen zu befragen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Ihr gegenüber besteht auch keine Pflicht, eine Geburt anzuzeigen. Eine solche Pflicht sieht das Gesetz vielmehr gegenüber dem Standesamt vor (§§ 18, 19 Personenstandsgesetz – PStG). Anzuknüpfen ist deshalb an die Daten, die im Standesamt anfallen.

6. Welche Handlungsmöglichkeiten hat ein Standesamt bei ungeklärter Identität eines Neugeborenen?

Sofern die Identität eines Neugeborenen nicht geklärt ist, ist eine Beurkundung der Geburt in „klassischer Form“ ausgeschlossen. Denn die Beurkundung einer Geburt erstreckt sich nicht nur auf die Tatsache der Geburt, sondern auch auf die Daten zu Kind und Eltern, die Gegenstand der Beurkundung sind. Dies ergibt sich sehr deutlich aus dem Personenstandsgesetz: „Die Beurkundungen in den Personenstandsregistern beweisen…[die] Geburt… und die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht.“ (§ 54 Abs. 1 Satz 1 PStG; diese Vorschrift regelt die Beweiskraft der Personenstandsregister und Personenstandsurkunden).

Andererseits ist es ausgeschlossen, dass das Standesamt wegen des Fehlens von zuverlässigen Daten einfach „nichts tut“. Dies würde insbesondere gegen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes verstoßen, der die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist. In Art. 7 Abs. 1 dieser Konvention heißt es: „Das Kind ist unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register einzutragen und hat das Recht auf einen Namen von Geburt an …“

Sofern der Versuch scheitert, die für eine Beurkundung in „klassischer Form“ unentbehrlichen Daten zuverlässig festzustellen, muss das Standesamt daher andere Wege beschreiten. In diesem Fall bestehen zwei Handlungsmöglichkeiten, zwischen denen das Standesamt nach pflichtgemäßem Ermessen wählen muss:

  • Möglichkeit 1: Zurückstellung der Beurkundung

In diesem Fall wird die Beurkundung zurückgestellt, es erfolgt also zumindest im Augenblick noch keine Beurkundung. In diesem Fall stellt das Standesamt eine „Vorläufige Bescheinigung wegen Zurückstellung der Beurkundung“ aus. Diese Bescheinigung ist in § 7 Abs. 2 PStV vorgesehen.

  • Möglichkeit 2: Durchführung der Beurkundung mit einschränkendem Zusatz/einschränkenden Zusätzen

In diesem Fall führt das Standesamt die Beurkundung durch. Die Daten, die nicht zuverlässig feststehen, werden dabei aber mit dem erläuternden Zusatz versehen, dass sie „nicht nachgewiesen“ sind. Ist beispielsweise der Familienname nicht zuverlässig nachgewiesen, würde der erläuternde Zusatz zu diesem Datenfeld lauten „Identität nicht nachgewiesen“. Diese Vorgehensweise ist in § 35 PStV vorgesehen.

Obwohl eine Beurkundung erfolgt, darf das Standesamt in diesem Fall jedoch keine Geburtsurkunde ausstellen. Vielmehr gilt: „Als Personenstandsurkunde darf bis zur Eintragung einer ergänzenden Folgebeurkundung zu den Angaben über die Eltern nur ein beglaubigter Registerausdruck ausgestellt werden.“ (§ 35 Abs. 1 Satz 2 PStV).

Weitere Einzelheiten dazu, wann welcher Weg zu wählen ist und welche Besonderheiten jeweils damit verbunden sind, können für die Meldebehörden dahinstehen. Für sie ist das Ergebnis der Tätigkeit des Standesamts entscheidend. Es sieht so aus:

  • Bei einer Zurückstellung der Beurkundung steht eine „Vorläufige Bescheinigung wegen Zurückstellung der Beurkundung“ zur Verfügung.

  • Bei einer Durchführung der Beurkundung mit einschränkendem Zusatz/einschränkenden Zusätzen stellt das Standesamt einen „beglaubigten Registerausdruck aus dem Geburtenregister“ aus, keine Geburtsurkunde.

7. Wie ist bei einer Zurückstellung der Beurkundung mit der Eintragung im Melderegister zu verfahren?

Für den Fall, dass das Standesamt die Beurkundung der Geburt zurückgestellt hat, enthält Nr. 17.3 Abs. 2 BMG-VwV folgende Vorgaben:

  • „Kann das Standesamt die Geburt noch nicht beurkunden, da die Identität der Eltern noch geklärt werden muss, und wollen nun die Eltern die Anmeldung des Kindes vornehmen, so ist das Kind unter Vorlage der Bescheinigung des Standesamts über die ausstehende Beurkundung (§ 7 Absatz 2 der Personenstandsverordnung – PStV) anzumelden.“

  • „Dabei werden die Daten des Kindes und gegebenenfalls der Eltern gemäß der vorgenannten Bescheinigung gespeichert.“

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Hinweis darauf, dass „die Eltern“ die Anmeldung des Kindes vornehmen wollen, missverständlich sein kann. Die Pflicht zur Anmeldung betrifft in diesen Fällen diejenigen, in deren Wohnung das Neugeborene einzieht (siehe dazu oben Frage 2). In der Regel werden das die Eltern oder die Mutter sein. Zur Anmeldung verpflichtet sind sie jedoch nicht in dieser Eigenschaft, sondern in ihrer Eigenschaft als Wohnungsinhaber. Außerdem kommt es nicht darauf an, ob sie das Kind anmelden „wollen“. Vielmehr sind sie zur Anmeldung verpflichtet.

Eine automatische Mitteilung durch das Standesamt an die Meldebehörde, dass eine Zurückstellung der Beurkundung erfolgt ist, erfolgt nicht. Die Meldebehörde erfährt in diesen Fällen daher nur dann von der Geburt, wenn sich beispielsweise die Eltern des Kindes bei ihr melden.

8. Wie ist bei einer Beurkundung mit einschränkenden Zusätzen mit der Eintragung im Melderegister zu verfahren?

Sollte das Standesamt die Geburt nur mit einschränkenden Zusätzen beurkunden, ist eine Mitteilung der Beurkundung durch das Standesamt an die Meldebehörde vorgesehen. Dies ergibt sich aus § 17 Abs. 4 BMG/§ 57 Abs. 1 Nr. 3 PStV, wo jeweils vorgesehen ist, dass das Standesamt „die Beurkundung der Geburt eines Kindes“ an die Meldebehörde mitteilt.

Die Regelungen sehen dabei keine Ausnahme für den Fall vor, dass die Beurkundung nur mit einschränkenden Zusätzen erfolgt ist. Diese einschränkenden Zusätze werden vielmehr im Rahmen der Mitteilung über die Beurkundung vom Standesamt an die Meldebehörde mit übermittelt.

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass teils erhebliche Zeit vergeht, bis nach der Geburt schließlich einer Beurkundung mit einschränkenden Zusätzen erfolgt. Daher treffen die entsprechenden Mitteilungen teils erst mit erheblichem zeitlichem Abstand zu Geburt bei der Meldebehörde ein.

Die Eintragung des Neugeborenen im Melderegister kann auf der Basis der Mitteilung des Standesamts über die Beurkundung erfolgen. Alternativ kommt es in der Praxis vor, dass die Eltern bereits vor Eingang einer Mitteilung des Standesamts den beglaubigten Registerauszug aus dem Geburtenregister vorlegen. Auch auf seiner Basis kann eine Eintragung des Neugeborenen im Melderegister erfolgen.

Bei der Eintragung sind jeweils die Daten aus der Mitteilung des Standesamts bzw. aus dem beglaubigten Registerauszug zu übernehmen.

9. Worin besteht ein grundlegender Unterschied zwischen der Tätigkeit eines Standesamts und der Tätigkeit einer Meldebehörde?

Bei Fortbildungsveranstaltungen im Meldewesen zeigt sich immer wieder, dass der grundlegende Unterschied zwischen der Tätigkeit eines Standesamts und der Tätigkeit einer Meldebehörde zu wenig bewusst ist. Er lässt sich so skizzieren:

  • Ein Standesamt führt „Beurkundungen“ durch. Diesen Beurkundungen kommt eine hohe Beweiskraft zu (siehe dazu § 54 PStG und die Ausführungen bei Frage 6). Eine Berichtigung einer einmal erfolgten Beurkundung kann nur in stark formalisierten Verfahren und mit erheblichem Aufwand erfolgen (siehe dazu Kapitel 8 des Personenstandsgesetzes „Berichtigungen und gerichtliches Verfahren“).

Es hat deshalb gute Gründe, wenn ein Standesamt vor einer Beurkundung aufwendig recherchiert, was vielfach eine gewisse Zeit erfordert. Von außen betrachtet kommt es daher oft erst spät zu der Entscheidung, eine Beurkundung zurückzustellen oder eine Beurkundung mit einschränkenden Zusätzen durchzuführen.

Dies alles hat nichts damit zu tun, dass Standesämter zögerlich arbeiten würden.

  • Im Gegensatz dazu besteht die Kernaufgabe einer Meldebehörde darin, alle Personen zu registrieren, die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnen (§ 2 Abs. 1 BMG). Dies muss nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst zügig erfolgen. Das zeigt sich etwa daran, dass für eine Anmeldung beim Beziehen einer Wohnung die recht kurze Frist von zwei Wochen vorgesehen ist (§ 17 Abs. 1 BMG).

Dabei lässt es sich nicht vermeiden, dass eine Registrierung im Einzelfall auch mit Daten erfolgt, deren Richtigkeit zweifelhaft ist und die im Extremfall auf bloßen Angaben der betroffenen Person beruhen, die nicht nachprüfbar sind. Dennoch muss die Registrierung möglichst rasch erfolgen.

Dies ist zu verantworten, da eine Eintragung im Melderegister keine förmliche rechtliche Beweiskraft hat. Sollte sich später herausstellen, dass Daten falsch waren, kann das Melderegister in einem formlosen Verfahren mit geringem Aufwand fortgeschrieben, also berichtigt oder vervollständigt werden (siehe § 6 BMG).

Dies alles hat nichts damit zu tun, dass Meldebehörden nachlässig arbeiten würden.

Wenn diese Unterschiede in der Praxis stärker bedacht würden, ließen sich manche Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen Standesämtern und Meldebehörden vermeiden. Beide Behörden haben jeweils nach den für sie geltenden Rechtsregeln zu verfahren, die kraft Gesetzes unterschiedliche Prioritäten setzen. Dies gilt auch dann, wenn Standesamt und Meldebehörden innerhalb einer Kommunalverwaltung organisatorisch unter dem Dach einer internen Organisationseinheit, etwa einer Abteilung, zusammengefasst sind.

Dr. Eugen Ehmann

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