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Mittagssnack mit Folgen

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Newsletter April 2020:

Die Klägerin begehrte die Anerkennung eines Sturzes anlässlich einer Dienstreise als Dienstunfall in zweiter Instanz. Die Klägerin nahm an einer Tagung des Bayerischen Landesamtes für Steuern in Beilngries teil, wobei Unterkunft und Verpflegung dort unentgeltlich gestellt wurden. Da die Klägerin nach dem Eintreffen in dem Tagungshotel „nur noch einen Pfannkuchen bekam“, wollte sie einige Meter weiter in einer Bäckerei einen verspäteten Mittagssnack einnehmen.

Beim Betreten der Bäckerei übersah die Klägerin eine Treppenstufe und stürzte. Dabei verletzte sich die Klägerin am Sprunggelenk.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 16. Oktober 2019 – 3 B 18.827) wies die Klage als unbegründet ab. Der Unfall sei nicht in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten.

Ein Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören grundsätzlich auch Dienstreisen. Die Dienstreise erstreckt sich jedoch nicht auf die gesamte Zeit der Abwesenheit vom Heimatort, sondern nur auf die Reise selbst und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort. Entscheidender rechtlicher Aspekt für die Abgrenzung, ob ein Dienstunfall vorliegt oder nicht, sei der Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelung. Dieser liege in einem „über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend auf Grund der Anforderungen des Dienstes tätig wird“.

Mit anderen Worten: Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge erstreckt sich nur auf Unfälle, die sich während der pflichtgemäßen Erledigung dienstlich obliegender Aufgaben ereignen. Risiken, die dagegen allgemein der Privatsphäre zugeordnet sind, bleiben aus dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge ausgeschlossen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze sei der Aufenthalt in einer Bäckerei auch bei einer Dienstreise vorwiegend eigenwirtschaftlich geprägt. Mit dem Betreten der Bäckerei seien der unmittelbare Weg zum Bestimmungsort der dienstlichen Tätigkeit sowie der allgemeine Verkehrsraum verlassen. Auf Flächen, über deren Nutzung ein Dritter allein entscheiden kann, finde kein allgemeiner Verkehr statt. Etwaige Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten Dritter könnten nicht der Risikosphäre des Dienstherrn zugeordnet werden.

Anders urteilte das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 10. Dezember 2013 – 2 C 7.12) hinsichtlich der Besorgung von Lebensmitteln und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs während der Dienstreise auf dem unmittelbaren Weg vom Bestimmungsort der dienstlichen Tätigkeit zum Übernachtungshotel. Diese seien grundsätzlich vom Dienstunfallschutz umfasst. Wie weit der Wegeschutz im Sinne des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes reicht, dürfte, wie so oft, vom Einzelfall abhängen. Wie der vorliegende Fall zeigt, können Dienstreisen jedenfalls auch durch einen Mittagssnack unterbrochen werden.

Petra Gawronski, Rechtsanwältin
meyerhuber rechtsanwälte partnerschaft mbb

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