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Welche Verfahrensgrundsätze in einem Disziplinarverfahren zu beachten sind

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Für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gilt der sogenannte Verfolgungsgrundsatz bzw. das Legalitätsprinzip. Daneben prägen das förmliche Disziplinarverfahren aber auch weitere Verfahrensgrundsätze, welche hier im Überblick vorgestellt werden.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG hat die*der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, soweit zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gilt damit der sogenannte Verfolgungsgrundsatz bzw. das Legalitätsprinzip, da dessen Einleitung von Amts wegen zu erfolgen hat. Daneben prägen das förmliche Disziplinarverfahren aber auch weitere Verfahrensgrundsätze (z. B. der Beschleunigungsgrundsatz), die an dieser Stelle im Überblick vorgestellt werden sollen. 

1. Verfolgungsgrundsatz 

Der Verfolgungsgrundsatz ist fester Bestandteil des förmlichen Disziplinarverfahrensrechts. Das Disziplinarrecht unterscheidet sich damit in einem ganz wesentlichen Punkt vom allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, da das Verwaltungsverfahren nach Ermessen von Amts wegen eingeleitet wird (vgl. § 22 Satz 1 VwVfG).  

Ausnahmen vom Verfolgungsgrundsatz sind in § 17 Abs. 2 Satz 1 BDG normiert. Danach wird ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet, wenn nicht zu erwarten ist, dass nach den §§ 14 (Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldvorschriften) und 15 (Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs) BDG eine Disziplinarmaßnahme in Betracht kommt (s. hierzu die entsprechende Kommentierung bei Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Teil II zu den §§ 14 und 15). 

2. Untersuchungsgrundsatz 

Der Untersuchungsgrundsatz ist für das behördliche Disziplinarverfahren als Ermittlungsgebot in § 21 Abs. 1 Satz 1 BDG normiert und wird durch Beweisaufnahme erfüllt (§ 24 BDG).  

Der Untersuchungsgrundsatz beinhaltet das das Disziplinarverfahren beherrschende Gebot, alle für die abschließende Disziplinarentscheidung erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen von Amts wegen zu treffen, d. h. durch Aufklärung die materielle Wahrheit und damit die ganze und somit nicht nur die formelle Wahrheit wie im Zivilprozess zu erforschen (sog. Amts-, Inquisitions- oder Instruktionsmaxime). 

Das Gesetz lässt aber auch Ausnahmen vom Untersuchungsgrundsatz zu (s. etwa § 21 Abs. 2 BDG). 

3. Unmittelbarkeitsgrundsatz 

Die Beweisaufnahme in einem Disziplinarverfahren dient der Feststellung eines klärungsbedürftigen Sachverhalts. Der im Rahmen der Beweisaufnahme geltende Grundsatz der Unmittelbarkeit bezweckt dabei, den Ermittlungsführerinnen und den Ermittlungsführern einen unmittelbaren Eindruck von den entscheidungserheblichen Beweismitteln zu verschaffen, da jede Form der mittelbaren Beweisaufnahme eine Fehlerquelle bei der Erforschung der Wahrheit in sich birgt. 

4. Beschleunigungsgrundsatz 

Nach § 4 BDG sind Disziplinarverfahren beschleunigt durchzuführen. Es handelt sich insoweit um eine zentrale Grundaussage des Disziplinarrechts. 

Um dem Beschleunigungsgrundsatz zu genügen, muss eine Dienstherrin oder ein Dienstherr ausreichende personelle Ressourcen in quantitativer und qualitativer Hinsicht bereithalten, welche im Einzelfall zu einem effektiven und beschleunigten Verfahren erforderlich sind. Insoweit sind alle disziplinarrechtlich relevanten Vorgänge unverzüglich zu bearbeiten. 

5. Offenheitsgrundsatz 

Der Offenkundigkeitsgrundsatz gebietet etwa der Beamtin oder dem Beamten einen Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG einzuräumen (zur Unterrichtung, Belehrung und Anhörung einer verbeamteten Person s. § 20 BDG) oder ihr*ihm grundsätzlich die Teilnahme an einer Beweiserhebung zu ermöglichen (s. § 24 Abs. 4 Satz 1 BDG). 

6. Grundsatz der verfahrensrechtlichen Fürsorge 

Der Grundsatz der verfahrensrechtlichen Fürsorge steht in einer Nähe zum Anspruch auf ein faires Verfahren. Eine abschließende Aufzählung, was der Grundsatz der Fürsorge im Verfahren im Einzelnen gebietet, ist nicht möglich. Zu denken ist etwa an die interessengerechte Anberaumung von Terminen, insbesondere bei schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten. 

7. Grundsatz der möglichst schonend zu führenden Ermittlungen 

Um dem Grundsatz der möglichst schonenden Ermittlungsführung gerecht zu werden, sollten nachteilige Auswirkungen des Verfahrens von den Beamt*innen möglichst ferngehalten werden. 

8. Grundsatz der fairen Verfahrensführung 

Das Gebot der fairen Verfahrensführung konkretisiert das in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltene Rechtsstaatsprinzip.

Prof. Dr. Boris Hoffmann

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