rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

10 Jahre: Stoibers „Flughafenrede“

45 Bewertungen

Die freie Rede ist nicht nur Teil der Ausbildung von Beamten, die Fähigkeit, frei reden zu können, kann auch als Eignungsmerkmal bei der Einstellung herangezogen werden. Dabei sollte man aber nicht vergessen: Diese Fähigkeit ist von bestimmten Faktoren, wie z.B. einer gewissen Tagesform, abhängig, was die berühmte „Flughafenrede“ des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber mit besonderer Anschaulichkeit zeigt.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

manche Reden bleiben einfach in Erinnerung. Ich denke dabei etwa an die Ansprache Willy Brandts anlässlich des Mauerfalls vom 10. November 1989 „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“, die Rede Martin Luthers Kings „Ich habe einen Traum“ vom 28. August 1963, die Ansprache Ernst Reuters „Schaut auf diese Stadt“ vom 9. September 1948 oder die Rede von Winston Churchill „Ihre beste Stunde“ im Britischen Unterhaus vom 18. Juni 1940 – und natürlich die berühmte Flughafenrede des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber anlässlich des Neujahrs-Empfangs der CSU München. Diese jährt sich am 21. Januar 2012 zum zehnten Mal. Aus Anlass dieses „Jubiläums“ hier der Wortlaut im Auszug:

"Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München ... mit zehn Minuten, ohne, dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen ... am ... am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug. Zehn Minuten. Schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an, wenn Sie in Heathrow in London oder sonst wo, meine sehr ... äh, Charles de Gaulle in Frankreich oder in ... in ... in Rom.
Wenn Sie sich mal die Entfernungen anschauen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen, dann werden Sie feststellen, dass zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen, um ihr Gate zu finden. Wenn Sie vom Flug ... vom ... vom Hauptbahnhof starten – Sie steigen in den Hauptbahnhof ein, Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in ... an den Flughafen Franz Josef Strauß.
Dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München. Das bedeutet natürlich, dass der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Bayern ... an die bayerischen Städte heranwächst, weil das ja klar ist, weil auf dem Hauptbahnhof viele Linien aus Bayern zusammenlaufen…“

Sie können diese Rede aber auch unter www.youtube.com/watch?v=f7TboWvVERU im Original und in voller Länge genießen.

Die Fähigkeit zur freien Rede spielt im Beamtenrecht gleich mehrfach eine wichtige Rolle: Sie ist zum einen Teil der Ausbildung, sie kann zum anderen aber auch als Eignungsmerkmal bei der Einstellung und der Vergabe bestimmter Dienstposten als Vorstufe einer Beförderung herangezogen werden. Die Kunst der freien Rede ist eine Gabe und kann schon deshalb nur in sehr beschränktem Umfang in den in großer Zahl angebotenen Rhetorikseminaren gelernt werden – und auch die Tagesform ist mitunter von Bedeutung (siehe Stoiber).
Gerade für die Auswahl der Beamten stellt sich deshalb die Frage, ob neue Methoden der Personalrekrutierung, wie etwa die Bewertung eines freien Redevortrags oder die Ernennung aufgrund der Teilnahme an einem Assessmentverfahren überhaupt sachdienlich sind (siehe dazu die Beitrage: Assessment – Center bei der Ernennung von Beamten und Assessment – Center bei der Ernennung von Beamten – Teil II).

Fazit:
Nach wie vor stellen Schulnoten und anonyme Leistungsnachweise wie schriftliche Auswahlverfahren die beste und gerechteste Möglichkeit für die Auswahl der Bewerber dar.

Für das in der Verfassung bestimmte Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG kann einer Fähigkeit zur freien Rede nur eine Abrundungswirkung zukommen. So stellen die Verwaltungsgerichte – völlig zu Recht – enge Grenzen für die Rechtmäßigkeit subjektiver Auswahlverfahren im Bereich des Beamtenrechts auf (vgl.: OVG NRW vom 17.11.2009, ZBR 2010, S. 314 oder VG Düsseldorf vom 16.7.2010 - Az.: 2 L 523/10).

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


Zum Leistungsprinzip vgl.:

  • Baßlsperger, Einführung in das Beamtenrecht, Kapitel 5

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtenrecht,  § 9 BeamtStG, Rn. 3 ff.

  • v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR § 11 BeamtStG, Rn. 29 ff

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-beamtenrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER