Beamtengewerkschaften und ihre Spitzenorganisationen
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
§ 53 BeamtStG schreibt den Ländern für ihren Bereich die Einschaltung der Spitzenorganisationen der Beamten vor dem Erlass einer auf einem Gesetz beruhenden beamtenrechtlichen Regelung vor. Für Bundesbeamte dehnt § 118 BBG die Beteiligung auf die „Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse“ aus. Durch die jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen (siehe unten im Anschluss an diesen Beitrag) wird die bundesrechtliche Vorgabe des § 53 BeamtStG ausgefüllt und ebenfalls auf alle „allgemeinen beamtenrechtliche Regelungen“ erweitert.
Das in § 53 BeamtStG/§ 118 BBG und den jeweiligen Landesgesetzen normierte Beteiligungsrecht steht aber nur den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften zu. Unter Gewerkschaften werden unabhängige und überbetriebliche (überbehördliche) Vereinigungen verstanden, welche einen Einfluss auf die Gegenpartei (im Beamtenrecht auf den Dienstherrn) ausüben können und deren Zweck darauf gerichtet ist, ihre Mitglieder gegenüber der anderen Seite zu vertreten. Selbsthilfeeinrichtungen von Beamten fallen damit nicht unter den Gewerkschaftsbegriff.
Bei der Beteiligung können im Sinne des § 53 BeamtStG/§ 118 BBG nur diejenigen Organisationsebenen („Spitzenorganisationen“) tätig werden, die auf der Ebene eines Landes oder des Bundes die handlungsfähige oberste Organisationseinheit darstellen. Dabei handelt es sich um die Bundes- und Landesverbände des DGB und des DBB, denn diese vertreten die Interessen der gesamten Beamtenschaft. Vereinigungen, die sich auf die Interessenswahrnehmung von Beamten einer einzigen, wenngleich auch unter Umständen sehr großen Behörde (z.B. einer großen Stadt wie Köln oder München) beziehen, fallen schon mangels Erfüllung des Tatbestandsmerkmales „Gewerkschaft“ bzw. „Berufsverband“ nicht unter § 53 BeamtStG/§ 118 BBG.
Man unterscheidet dabei zwei Beteiligungsrechte:
1. Beteiligung in Zusammenhang mit konkret geplanten Regelungen:
Die vorgeschriebene Beteiligung der Spitzenorganisationen erfolgt bei einer konkret geplanten Regelung in der Vorbereitungsphase. Das Verfahren bei der Beteiligung von Spitzenorganisationen wird zwar als „Mitwirkungsverfahren“ bezeichnet, es unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem im Personalvertretungsrecht bekannten, gleichnamigen Verfahren. Ziel der Beteiligung von Spitzenorganisationen ist es allgemein, eine laufende, umfassende und vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Gestaltung aller allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen sicherzustellen, die nach Möglichkeit zu einem einvernehmlichen Ergebnis führen soll. Beteiligung bedeutet dabei zunächst mehr als bloße Benachrichtigung oder Anhörung der Spitzenverbände, aber weniger als Mitbestimmung. Hier sind die beteiligungsberechtigten Spitzenorganisationen so rechtzeitig und umfassend zu informieren, dass sie zu einer argumentativen Erörterung der anstehenden Probleme in der Lage sind.
2. Spitzengespräche
Über allgemeine und grundsätzliche Fragen der Dienstrechtspolitik finden in der Regel mindestens zweimal pro Jahr sog. Spitzengespräche statt. Diese Gespräche müssen sich dabei auf kein konkretes Regelungsvorhaben beziehen. Gegenstand solcher Gespräche können also auch alle anderen Angelegenheiten betreffen, die für die Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse der Beamten von Bedeutung sind.
Ein vollwertiges, das Streikverbot auch nur annähernd ausgleichendes Beteiligungsrecht wird hier aber nicht begründet: Unterbleibt die Beteiligung der Spitzenorganisationen nach § 53 BeamtStG/§ 118 BBG, so sind die gleichwohl getroffenen Regelungen nicht nichtig, weil die Beteiligung der Spitzenorganisationen kein Teil des von der Verfassung vorgeschriebenen Normsetzungverfahrens ist.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Siehe dazu die Beiträge: Streikrecht für Beamte und Streikrecht für Beamte – Teil II
Bestimmungen zur Beteiligung von Spitzenorganisationen finden sich in folgenden Gesetzen:
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Bund: § 118 BBG
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Baden-Württemberg: § 89 BW LBG
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Bayern: Art. 116 BayBG
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Berlin: § 83 BlnLBG
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Brandenburg: § 130 BbgLBG
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Bremen: § 93 BremBG
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Hamburg: § 93 HmbBG
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Hessen: § 110 HBG
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Mecklenburg-Vorpommern: § 112 LBG MV
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Niedersachsen: § 96 NBG
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Nordrhein-Westfahlen: § 94 LBG NRW
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Rheinland-Pfalz: § 98 LBG RP
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Saarland: § 104 SBG
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Sachsen: § 128 SächsBG
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Sachsen- Anhalt: § 92 LBG LSA
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Schleswig-Holstein: § 93 SH LBG
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Thüringen: § 98 ThürBG
Zur Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften vgl. insbesondere:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 53 BeamtStG, Rn. 1 ff
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Burkholz in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 53 BeamtStG, Rn. 1 ff.

