rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Beamtengewerkschaften und ihre Spitzenorganisationen

29 Bewertungen

Der Beamte darf nicht streiken1. Er ist auf die Regelungen angewiesen, die der jeweils zuständige Gesetzgeber für ihn getroffen hat. Das Beteiligungsrecht der Spitzenorganisationen der Gewerkschafen nach § 53 BeamtStG und § 118 BBG soll als einfachgesetzliche Regelung einen gewissen Ausgleich für das im Beamtenrecht ausgeschlossene Streikrecht darstellen. Was sind aber nun „Spitzenorganisationen“ und welche Beteiligungsrechte stehen ihnen zu?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Das in § 53 BeamtStG/§ 118 BBG und den jeweiligen Landesgesetzen normierte Beteiligungsrecht steht aber nur den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften zu. Unter Gewerkschaften werden unabhängige und überbetriebliche (überbehördliche) Vereinigungen verstanden, welche einen Einfluss auf die Gegenpartei (im Beamtenrecht auf den Dienstherrn) ausüben können und deren Zweck darauf gerichtet ist, ihre Mitglieder gegenüber der anderen Seite zu vertreten. Selbsthilfeeinrichtungen von Beamten fallen damit nicht unter den Gewerkschaftsbegriff.

Bei der Beteiligung können im Sinne des § 53 BeamtStG/§ 118 BBG nur diejenigen Organisationsebenen („Spitzenorganisationen“) tätig werden, die auf der Ebene eines Landes oder des Bundes die handlungsfähige oberste Organisationseinheit darstellen. Dabei handelt es sich um die Bundes- und Landesverbände des DGB und des DBB, denn diese vertreten die Interessen der gesamten Beamtenschaft. Vereinigungen, die sich auf die Interessenswahrnehmung von Beamten einer einzigen, wenngleich auch unter Umständen sehr großen Behörde (z.B. einer großen Stadt wie Köln oder München) beziehen, fallen schon mangels Erfüllung des Tatbestandsmerkmales „Gewerkschaft“ bzw. „Berufsverband“ nicht unter § 53 BeamtStG/§ 118 BBG.

Man unterscheidet dabei zwei Beteiligungsrechte:

1. Beteiligung in Zusammenhang mit konkret geplanten Regelungen:

Die vorgeschriebene Beteiligung der Spitzenorganisationen erfolgt bei einer konkret geplanten Regelung in der Vorbereitungsphase. Das Verfahren bei der Beteiligung von Spitzenorganisationen wird zwar als „Mitwirkungsverfahren“ bezeichnet, es unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem im Personalvertretungsrecht bekannten, gleichnamigen Verfahren. Ziel der Beteiligung von Spitzenorganisationen ist es allgemein, eine laufende, umfassende und vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Gestaltung aller allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen sicherzustellen, die nach Möglichkeit zu einem einvernehmlichen Ergebnis führen soll. Beteiligung bedeutet dabei zunächst mehr als bloße Benachrichtigung oder Anhörung der Spitzenverbände, aber weniger als Mitbestimmung. Hier sind die beteiligungsberechtigten Spitzenorganisationen so rechtzeitig und umfassend zu informieren, dass sie zu einer argumentativen Erörterung der anstehenden Probleme in der Lage sind.

2. Spitzengespräche

Über allgemeine und grundsätzliche Fragen der Dienstrechtspolitik finden in der Regel mindestens zweimal pro Jahr sog. Spitzengespräche statt. Diese Gespräche müssen sich dabei auf kein konkretes Regelungsvorhaben beziehen. Gegenstand solcher Gespräche können also auch alle anderen Angelegenheiten betreffen, die für die Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse  der Beamten von Bedeutung sind.

Ein vollwertiges, das Streikverbot auch nur annähernd ausgleichendes Beteiligungsrecht wird hier aber nicht begründet: Unterbleibt die Beteiligung der Spitzenorganisationen nach § 53 BeamtStG/§ 118 BBG, so sind die gleichwohl getroffenen Regelungen nicht nichtig, weil die Beteiligung der Spitzenorganisationen kein Teil des von der Verfassung vorgeschriebenen Normsetzungverfahrens ist.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Siehe dazu die Beiträge: Streikrecht für Beamte und Streikrecht für Beamte – Teil II


Bestimmungen zur Beteiligung von Spitzenorganisationen finden sich in folgenden Gesetzen:

  • Bund: § 118 BBG

  • Baden-Württemberg: § 89 BW LBG

  • Bayern: Art. 116 BayBG

  • Berlin: § 83 BlnLBG

  • Brandenburg: § 130 BbgLBG

  • Bremen: § 93 BremBG

  • Hamburg: § 93 HmbBG

  • Hessen: § 110 HBG

  • Mecklenburg-Vorpommern: § 112 LBG MV

  • Niedersachsen: § 96 NBG

  • Nordrhein-Westfahlen: § 94 LBG NRW

  • Rheinland-Pfalz: § 98 LBG RP

  • Saarland: § 104 SBG

  • Sachsen: § 128 SächsBG

  • Sachsen- Anhalt: § 92 LBG LSA

  • Schleswig-Holstein: § 93 SH LBG

  • Thüringen: § 98 ThürBG


Zur Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften vgl. insbesondere:

  • Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 53 BeamtStG, Rn. 1 ff

  • Burkholz in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV, § 53 BeamtStG, Rn. 1 ff.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-beamtenrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER