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Berufliche Perspektive: Steuerbeamte als Steuerberater

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„Dem Fiskus laufen die Leute weg: Zuviel Arbeit, zu wenig Personal, zu geringer Lohn – Kollege Frust sitzt fast überall mit am Schreibtisch1“, das berichtet die Zeitschrift Focus und belegt dies mit zahlreichen interessanten Daten. Gerade Finanzbeamte sind in der freien Wirtschaft sehr gefragt. Dies gilt sowohl für Tätigkeiten im Rahmen der Steuerberatung, als auch im betriebswirtschaftlichen Bereich von Unternehmen.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Das Wams des Beamten ist eng, aber es wärmt!“ Dieser Satz stammt von Preußenkönig Friedrich dem Großen. Mit diesem beschrieb später der Staatsrechtler Otto Mayer (1846 – 1924) die Situation des öffentlichen Dienstes bereits vor mehr als hundert Jahren aufs Trefflichste. Gemeint ist damit: Viel kann man beim Staat zwar nicht verdienen, aber man besitzt wenigstens einen sicheren Arbeitsplatz.2 Der Satz besitzt seit mehr als 250 Jahren permanente Aktualität. Schlechte Bezahlung, kaum Aufstiegschancen und ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit – wen wundert es da, dass so mancher Staatsdiener die Flucht in die freie Wirtschaft angetreten hat oder antreten wird. Gerade Steuerbeamte finden hier genügend berufliche Perspektiven.

Dabei eröffnet sich ihnen der naheliegende Weg in den Beruf des – angestellten oder freiberuflichen – Steuerberaters. Dieser Weg kann sogar ohne weitere Prüfung beschritten werden. So lautet etwa § 38 Steuerberatungsgesetz (StBerG):

Voraussetzungen für die Befreiung von der Prüfung:

(1) Von der Steuerberaterprüfung sind zu befreien

3. ehemalige Beamte des höheren Dienstes (und vergleichbare Angestellte) der Finanzverwaltung, die im höheren Dienst oder als Angestellter in vergleichbaren Vergütungsgruppen mindestens zehn Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachgebietsleiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind…

4. ehemalige Beamte des gehobenen Dienstes (und vergleichbare Angestellte) der Finanzverwaltung, die im gehobenen oder höheren Dienst oder als Angestellter in vergleichbaren Vergütungsgruppen mindestens fünfzehn Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind…

Diese Regelungen sind zwar einerseits für die Beamten äußerst willkommen, sie stehen aber zu einer Entwicklung konträr, die sich in den vergangenen Jahren mit großer Deutlichkeit abzeichnet: Dem Staat fehlen Steuerbeamte und Steuerbeamtinnen. In den bayerischen Finanzämtern seien 1600 Stellen unbesetzt, so die SPD-Fraktion im Landtag zur Situation im Jahr 2016. Dadurch verliere Bayern pro Jahr Mehreinnahmen von rund 250 Millionen Euro. Kein Wunder, denn nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung bringt allein jeder Betriebsprüfer dem Staat 1,4 Millionen Euro Mehreinnahmen pro Jahr.3

Lesen Sie dazu bereits den Beitrag:
Mehr Steuerbeamte – mehr Polizisten – mehr Sicherheit

Fazit:
Jeder Bürger wird es verstehen, wenn es Finanzbeamte und Finanzbeamtinnen satt haben, für wenig Geld unter miserablen Arbeitsbedingungen von Politikern „hingeschlampte Steuergesetze“4 auszuführen – und sich obendrein von empörten Bürgern beschimpfen zu lassen. Er wird es aber nicht verstehen, wenn der Staat durch seine Gesetze eine solche Fluktuation auch noch fördert.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 http://www.focus.de/finanzen/news/steuern-chaos-im-finanzamt_aid_143465.html
2 Siehe dazu den Beitrag Attraktivität des öffentlichen Dienstes in der Arbeitswelt
3 http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzamt-jeder-betriebspruefer-bringt-millionen-euro-1.1756314
4 http://www.focus.de/finanzen/news/steuern-chaos-im-finanzamt_aid_143465.html


Zu der hier behandelten Problematik siehe die Beiträge:

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 18.08.2020 um 19:19:
Sehr geehrter Herr Dr. Baßlsperger, was die beruflichen Perspektiven angeht, sind Beamte tatsächlich flexibel und in manchen Fällen auch sehr begehrt in der freien Wirtschaft. Doch wie sieht es denn aus, wenn ein beispielsweise ein Beamter, mit A11 besoldet, der bereits auf Lebenszeit ernannt wurde, sich plötzlich entscheidet bei einem Konzern der freien Wirtschaft tätig zu werden? Kann das Beamtenverhältnis nach einigen Jahren in der freien Wirtschaft wieder aufleben? Wenn ja zu welchen Konditionen - Kann der Beamte der zuletzt mit A11 besoldet war, der sich entscheidet, zurück in den Staatsdienst zu kommen, bei erneuter Bewerbung plötzlich mit A13 oder bei entsprechender Qualifikation (z.B. in der freien Wirtschaft erworbener Universitätsabschluss) mit A14 besoldet werden oder müsste er die Ämter regulär durchlaufen mit Startpunkt A11? Wie wirkt sich ein solcher Lebenssachverhalt auf die Pension aus - wird der erste Teil der Karriere als Beamter nur in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert oder zählen bei "Anfang und Ende des Berufslebens" als Beamter beide Beamtenabschnitte in die Pension, da vorherige Dienstzeiten anzurechnen sind? Eine erneute Probezeit würde angesichts des bereits erworbenen Beamtenstatus wohl ausscheiden.
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