Corona - Verpflichtung zum Home-Office rechtmäßig

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Das VG Berlin entschied in seinem Beschluss vom 14.04.2020 – VG 28 L 119/20 –, dass eine Anordnung des Dienstvorgesetzten an seine Beamten, ihre Dienstleistung während der Corona-Pandemie in „Homeoffice“ zu erbringen, rechtmäßig ist.

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ende März 2020 ordnete der Dienstvorgesetzte einer Berliner Beamtin an, dass sie bis zum 17.04.2020 Dienst im Home-Office leisten muss. Er begründete seine Weisung damit, dass diese aus Fürsorgegründen geboten sei, weil die Beamtin, die das 60. Lebensjahr bereits überschritten hatte, aufgrund ihres Alters einem erhöhten Erkrankungsrisiko bei der Corona-Pandemie ausgesetzt sei. Ihr wurde aufgegeben, sich telefonisch für die Dienststelle zur Verfügung zu halten und ihre Dienstleistung im Übrigen in häuslicher Bearbeitung zu erbringen.

Hiergegen erhob die Beamtin einen Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und begründete diesen im Wesentlichen damit, es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine solche Anordnung des Home-Office. Die mit der Personalvertretung abgeschlossene Dienstvereinbarung sehe lediglich vor, dass Home-Office auf Antrag des jeweiligen Beschäftigten angeordnet werden könne.

Bei diesem Fall ergeben sich Fragen, die im Folgenden einer Lösung zugeführt werden sollen:


1. Besteht eine Rechtsgrundlage für eine solche Anordnung?

Das Beamtenrecht enthält die erforderliche Rechtsgrundlage in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG/§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG. Beamte sind verpflichtet, dienstliche Anordnungen zu befolgen. Um eine dienstliche Anordnung handelt es sich deshalb, weil der Dienstvorgesetzte hierdurch nicht nur seiner Fürsorgepflicht nach § 45 BeamtStG/§ 78 BBG erfüllte, sondern auch seine Verpflichtung gegenüber den anderen Behördenangehörigen und den Besuchern der Behörde, diese einer möglichst geringen Ansteckungsgefahr auszusetzen.


2. Ist die Tätigkeit im Home-Office amtsangemessen?

Jeder Beamte hat einen Rechtsanspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung, also auf eine Tätigkeit, die seinem Beamtenstatus entspricht (Näheres dazu vgl. Baßlsperger, ZBR 2017 S. 1 ff.).

Beispiel: Einem Verwaltungsdirektor dürfen keine Tätigkeiten übertragen werden, die üblicherweise von einem Verwaltungssekretär ausgeübt werden.

Dieser Anspruch wird in dem beschriebenen Fall aber nicht tangiert, weil durch die Anordnung lediglich der Ort der Dienstleistung und nicht deren Art verändert wird. Deshalb kann nicht von einer unzulässigen Trennung von Amt und Funktion ausgegangen werden. Ein anderes Ergebnis liegt auch dann nicht vor, wenn ein Beamter zuhause nicht über die erforderliche Technik, wie zum Beispiel einen Arbeitsrechner verfügen sollte. Etwas anderes ergäbe sich nur bei einem längeren häuslichen Einsatz, weil dann der Dienstherr für eine ordnungsgemäße Ausstattung mit den erforderlichen Arbeitsmitteln sorgen muss (Siehe dazu den Beitrag: Corona und Beamtenrecht)


3. Steht die getroffene Dienstvereinbarung der Anordnung entgegen?

Bereits in dem Beitrag Corona: Ausstieg auf Ratenwurde dargelegt, dass der Dienststellenleiter – und damit der Dienstvorgesetzte – bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, vorläufige Regelungen treffen kann bzw. muss.


Fazit:

Das VG Berlin hat die einzig richtige Entscheidung getroffen.


Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger


Literaturhinweise:

Zum Weisungsrecht:

  • Weiß/Niedermaier/Summer, § 35 BeamtStG, Rn. 40 ff.
  • v. Roetteken/Rothländer, § 35 BeamtStG, Rn. 160 ff.
  • Schütz/Maiwald, § 35 BeamtStG, Rn. 8 ff.


Zu den vorläufigen Regelungen in Zusammenhang mit dem Personalvertretungsrecht:

  • Lorenzen, § 69 BPersVG, Rn. 106 ff.

Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:

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7 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 15.11.2020 um 10:04:
Liebe/r Frau/Herr Mateyka! Vielen Dank für diese höchst interessante Anmerkung. Meine Meinung dazu, die Sie demnächst auch im Kommentar Weiß/Niedermaier/Summer nachschlagen können, ist Folgende: Aufgrund des Dienst- und Treueverhältnisses (Art. 33 Abs. 4 GG) ist der Beamte verpflichtet, auch im privaten Bereich Einschränkungen hinzunehmen (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Bei einer Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit an einer ordnungsgemäßen und bestmöglichen Verwaltung und dem Interesse des Beamten an seinem Grundrecht aus Art. 13 GG wird man wohl zu dem Schluss kommen müssen, dass der durch die Anordnung von Homeoffice tatsächlich mögliche - geringe - Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den Kollegen hingenommen werden muss. Das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise wäre sonst wohl in einem von der Allgemeinheit nicht hinnehmbaren Weise beeinträchtigt. Ihr Maximilian Baßlsperger
kommentiert am 29.10.2020 um 16:22:
Nicht entschieden ist im vorliegenden Fall allerdings die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der Dienstherr bei einer Homeoffice-Anordnung gegen den Willen des Betroffenen verlangen kann, dass privater Wohnraum für dienstliche Zwecke bereitzustellen ist.
kommentiert am 23.05.2020 um 18:15:
Bravo!!!!!!!!!!
kommentiert am 12.05.2020 um 08:44:
Mit Blick auf die Forderung des Bundesarbeitsministers zu einem gesetzlich geregelten Anspruch auf Home-Office werden schon bestehende Regelungen für Home-Office, Telearbeit und Mobiles-Arbeiten nach Corona neu bedacht/geschrieben werden. Insofern wird von beiden Seiten, Dienstherr und Beamte, auch ein neues miteinander Umgehen gefragt sein - hoffentlich.
kommentiert am 29.04.2020 um 09:15:
Sehr geehrte Frau/sehr geehrter Herr K.H.! Ich habe Ihren Kommentar zur Grundlage des Beitrags der kommenden Woche gemacht. Ich bitte Sie also um etwas Geduld. Mit freundlichen Grüßen, Maximilian Baßlsperger
kommentiert am 27.04.2020 um 20:45:
Wie sieht es denn mit einer Verpflichtung zum Besoldungsverzicht aus, den Söder ja schon vorgeschlagen hat?
kommentiert am 27.04.2020 um 10:06:
Die meisten Pendler werden froh sein, endlich zuhause arbeiten zu können. Das sollte auch nach Corona so bleiben.
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