rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Blogübersicht < Blogbeitrag

Die gerechte Disziplinarmaßnahme finden

Das Disziplinarrecht ist Teil des Beamtenrechts und dient der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und der Integrität des Beamtentums. Mit welcher Disziplinarmaßnahme muss aber ein Beamter im konkreten Fall rechnen? Zur Klärung will das neue Disziplinarrecht des Bundes (BDG) helfend beitragen.

Basslsperger_100x100px_rund_min.png
5 Bewertungen

Liebe Leserin, lieber Leser,

gleich zu Anfang dieses Beitrags soll auf Folgendes hingewiesen werden: Auch nach dem neuen Disziplinarrecht des Bundes kann nicht auf die bewährte „Zweistufentheorie“ bei der Suche nach der angemessenen Disziplinarmaßnahme verzichtet werden!

Siehe dazu den Beitrag: Zweistufentheorie: Welche Disziplinarmaßnahme ist richtig?

Zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage sind im Übrigen zunächst § 13 BDG sowie die entsprechenden Bestimmungen des Landesdisziplinarrechts von grundsätzlicher Bedeutung.

1. § 13 BDG (neu)

§ 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme

(1) Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten, kann als Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden:

  1. ein Verweis, wenn der Beamte durch ein leichtes Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung geringfügig beeinträchtigt hat,

  2. eine Geldbuße, wenn der Beamte durch ein leichtes bis mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nicht nur geringfügig beeinträchtigt hat,

  3. eine Kürzung der Dienstbezüge, wenn der Beamte durch ein mittelschweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung erheblich beeinträchtigt hat,

  4. eine Kürzung des Ruhegehalts, wenn der Ruhestandsbeamte ein mittelschweres Dienstvergehen begangen hat, das geeignet ist, das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums erheblich zu beeinträchtigen,

  5. eine Zurückstufung, wenn der Beamte durch ein mittelschweres bis schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung nachhaltig erschüttert hat.

Eine Kürzung des Ruhegehalts kann auch ausgesprochen werden, wenn das Dienstvergehen ganz oder teilweise vor dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand begangen wurde. Eine Zurückstufung darf unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 5 auch ausgesprochen werden, wenn das Verbleiben des Beamten im bisherigen Amt dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit nicht zugemutet werden kann.

(3) Ein schweres Dienstvergehen liegt in der Regel bei einer Mitgliedschaft in einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer unanfechtbar verbotenen Vereinigung oder einer Ersatzorganisation einer solchen Partei oder Vereinigung vor.

(4) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Blogger-Bild_mitNews.png

News Beamtenrecht

Aktuell informiert.

Bleiben Sie mit unseren regelmäßigen aktuellen Beiträgen stets auf dem Laufenden rund um das Thema Beamten- und Beihilferecht.

2. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums

Da weder der verantwortliche Personalsachbearbeiter, noch der betroffene Beamte hiermit nicht recht viel anzufangen weiß, sollen ihm die Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums zu den Rechtsänderungen in Folge des „Gesetzes zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ (BGBl. 2023 I Nr. 389) dienlich sein. Darin wird Folgendes festgelegt:

Verweis
Durch die Anforderung eines zumindest leichten Dienstvergehens und einer geringfügigen Beeinträchtigung des Vertrauens sollen Bagatellverfehlungen, die auch nach bisheriger Auffassung die Schwelle zur disziplinaren Erheblichkeit nicht überschreiten, von der Ahndung ausgeschlossen werden.

Geldbuße
Zwischen der Disziplinarmaßnahme des Verweises und der der Geldbuße gibt es hinsichtlich des Grades der Dienstpflichtverletzung einen fließenden Übergang. Handelt es sich demnach noch um eine leichte Dienstpflichtverletzung, so kommt es entscheidend auf die Frage an, in welchem Maße das Vertrauen beeinträchtigt worden ist.

Kürzung der Dienstbezüge
Eine Kürzung der Dienstbezüge soll nur zulässig sein bei Dienstvergehen im mittleren Bereich, die mit einem erheblichen Verlust an Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsführung der Beamtin oder des Beamten verbunden sind, soweit nicht durch eine mildere Maßnahme sichergestellt werden kann, dass sich die Beamtin oder der Beamte künftig pflichtgemäß verhält.

Kürzung des Ruhegehaltes
Da bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten die Kürzung des Ruhegehalts an die Stelle  der bei Beamtinnen und Beamten im aktiven Dienst möglichen Zurückstufung oder Kürzung der Bezüge tritt, gleichen sich die Voraussetzungen, unter denen diese Disziplinarmaßnahmen verhängt werden können. An die Stelle des für die Kürzung der Bezüge maßgeblichen Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung tritt jedoch das Ansehen des öffentlichen Dienstes oder des Berufsbeamtentums. Eine Kürzung des Ruhegehalts soll auch ausgesprochen werden, wenn das Dienstvergehen noch während des aktiven Dienstes begangen wurde. In diesem Fall ist auf die für das Dienstvergehen einer Beamtin oder eines Beamten maßgeblichen Bemessungsgesichtspunkte abzustellen, insbesondere darauf, in welchem Maß das Vertrauen in die pflichtgemäße Amtsausübung beeinträchtigt wäre, wenn sich die Ruhestandsbeamtin oder der Ruhestandsbeamte noch im aktiven Dienst befände.

Zurückstufung
Eine Zurückstufung soll auch dann ausgesprochen werden, wenn dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben der Beamtin oder des Beamten in ihrem oder seinem bisherigen statusrechtlichen Amt nicht zugemutet werden kann. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Beamtin oder der Beamte Führungsaufgaben wahrnimmt, sich durch das Dienstvergehen jedoch als Führungsperson diskreditiert hat. Auch in diesem Fall muss die Dienstpflichtverletzung eine Zurückstufung nach der Schwere des Dienstvergehens und des Grades des Vertrauensverlustes rechtfertigen.

Entfernung aus dem Dienst bzw. Aberkennung des Ruhegehaltes
Die höchsten Disziplinarmaßnahmen sollen nur bei schweren Dienstvergehen ausgesprochen werden. In Abgrenzung zur Zurückstufung kommt es entscheidend darauf an, ob das Vertrauen endgültig verloren ist.

Quiz Beamtenrecht

Kennen Sie sich mit den Besonderheiten im Beamtenrecht aus? Wissen Sie beispielsweise, was passiert, wenn ein verbeamteter Mitarbeiter unterhälftige Teilzeitbeschäftigung begehrt?

Diese und weitere Fragen können Sie in unseren Online-Quizzen lösen. Testen Sie jetzt Ihr Wissen!

18852-HJR-Website-Bebilderung-quiz-icon-freigestellt.png

3. Regelbeispiel: Verfassungsfeindlichkeit

Neu eingeführt wurde allerdings ein Regelbeispiel für ein schweres Dienstvergehen, das zur Entfernung aus dem Dienst oder zur Aberkennung des Ruhegehalts führt und zwar in § 13 Absatz 3 BDG bei einer „Mitgliedschaft in einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer unanfechtbar verbotenen Vereinigung oder einer Ersatzorganisation einer solchen Partei oder Vereinigung […]“.

Fazit:

Ein in der Praxis der Personalverwaltungen handhabbares Werkzeug für die „richtige Disziplinarmaßnahme“ enthält das neue Bundesdisziplinarrecht schon deshalb nicht, weil es in der Abstufung der Dienstvergehen nach wie vor fließende Übergänge gibt, aus denen mehrere denkbare Disziplinarmaßnahmen resultieren können.

Es empfiehlt sich daher nach der bisher bewährten und jahrzehntelang praktizierten Methode der „Zweistufentheorie“ zu verfahren.

Um Wiederholungen zu vermeiden kann an dieser Stelle auf folgenden oft gelesenen und zitierten Beitrag in dieser Reihe verwiesen werden: Zweistufentheorie: Welche Disziplinarmaßnahme ist richtig?

Auch das BVerwG wendet diese Theorie nach wie vor an um die „gerechte“ Disziplinarmaßnahme zu finden, vgl. BVerwG vom 7.11.2024 – 2 WD 8.24 – und BVerwG vom 17.9.2024 – 2 WD 5.24 –.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Literaturhinweis:

  • Lexikon Stichwort: Disziplinarmaßnahmen
  • Gansen, Rn. 1ff zu § 13 BDG

Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint nach Ostern am 28.4.2025

18469-HJR-Website2023-04-RZ-Newsletter.webp

Beste Antworten.

Newsletter Beamtenrecht

Seien Sie zu den beiden Themen Beamtenrecht und Beihilferecht immer informiert und auf den neuesten Stand. Mit Inhalten aus unseren Blogs, Newsbeiträgen und aktuellen Produkten aus dem rehm-Shop.

Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
SX_LOGIN_LAYER