Gewaltenteilung, Corona und OVG Bautzen – oder wie man es gerade nicht machen sollte!

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Das OVG Bautzen hat bekanntlich eine „Querdenker“-Demo am Samstag, den 7. November 2020 in der Leipziger City zugelassen und sich damit gegen die Entscheidung der Verwaltung gewandt. Wie sich im Nachhinein herausstellte war diese Gerichtsentscheidung – sehr höflich ausgedrückt – unklug und falsch.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ist ein wichtiges Fundament unserer Verfassung. Man könnte bei diesem Staatsmodell davon ausgehen, dass die horizontale Aufteilung der rechtlichen Kompetenzen auf die dafür geschaffenen Staatsorgane auch zu einer Gewaltenparität dieser Organe führte. Weit gefehlt! Tatsächlich ist die Rechtsprechung im Grunde die stärkste Macht im Staat, denn sie entscheidet letztendlich durch die Verwaltungsgerichte über die Maßnahmen der Exekutive und durch die Verfassungsgerichte über die Gültigkeit der von der Legislative erlassenen Gesetze.

Und das ist auch gut so!

Aber: Es darf nicht unbeobachtet bleiben, dass einige Gerichtsentscheidungen durch eine gewisse „Weltfremdheit“ der Richter und das strikte und praxisferne Einhalten von Rahmenvorgaben geprägt sind. Das zeigt gerade diese Entscheidung des OVG Bautzen zur Abwägung der von unserer Verfassung geschützten Rechtsgüter Gesundheit und Versammlungsfreiheit.

Mit Bussen und Zügen waren tausende Teilnehmer auch aus anderen Bundesländern angereist, um an der Leipziger „Querdenker“-Demo teilzunehmen. Veranstalter und Teilnehmer haben im Vorfeld der Demonstration bereits erklärt, dass sie keine Masken tragen und keine Mindestabstände einhalten wollten. Angesichts der ca. 45.000 Teilnehmenden war eine wirksame Kontrolle der Polizei zudem von vornherein unmöglich. Und es kam wie es kommen musste und wie es wohl für jedermann vorhersehbar war: Weil die zur Sicherheit getroffenen Auflagen der Verwaltung zum Mindestabstand, Masken und Anzahl der Teilnehmer missachtet wurden, löste die Stadt die Versammlung unter zum Teil handgreiflichen Protesten vorzeitig auf.

Wie begründete nun das Gericht seine Entscheidung?

In der Gefahrenprognose der Polizeidirektion sei – so das OVG – von einer Versammlung mit nur geschätzt 16.000 Teilnehmern ausgegangen worden. Auf dem Ort der Veranstaltung (Augustusplatz) hätten aber zusammen mit den Nebenstraßen „eine Fläche von 111.401,93 Quadratmetern (man beachte die exakte Berechnung des OVG!!!) zur Verfügung gestanden“. Ausgehend von sechs Quadratmetern, die das Gesundheitsamt pro Teilnehmer als ausreichend angesehen habe, um Mindestabstände einzuhalten, ergebe sich eine Fläche von 96.000 Quadratmetern für die Versammlung. Die verbleibenden 15.000 m² seien – so die gerichtliche Begründung „ein ausreichender Puffer“ gewesen.1

Abgesehen davon, dass Gerichtsentscheidungen keinesfalls auf einer solchen „Erbsenzählerei“ basieren sollten, ist auch noch ein weiteres Argument des OVG Bautzen – um es wieder sehr höflich auszudrücken – unklug gewesen: Das Oberverwaltungsgericht hob einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig, die Demonstration auf die weitaus größere Fläche der Leipziger Messe zu verlegen, mit folgender Begründung auf: Auf dem Messegelände hätte das Risiko bestanden, dass sich die meist ortsunkundigen Demo-Teilnehmer gleichwohl ungeordnet in der Innenstadt verteilten. Der Augustusplatz in der Innenstadt hätte zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit geboten, dass sich die Demonstranten dort zumindest überwiegend aufhalten würden.2

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich! Wobei man die Richter des OVG Bautzen leider durchaus als weltfremde Laien und die Verwaltung und ihre Beamten als sachnahe Fachmänner bezeichnen möchte.

Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger



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