Höherer Dienst oder vierte Qualifikationsebene?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Das „Leistungslaufbahngesetz“ brachte für die bayerischen Beamten die Einführung der Leistungslaufbahn3 mit nur mehr sechs Fachlaufbahnen. Unabhängig davon, ob man dadurch das bisherige Laufbahngruppensystem für abgeschafft hält oder ob man die neue Einteilung in vier Qualifikationsebenen als de facto Fortführung des bisherigen Systems unter anderen Vorzeichen ansieht4, kann man feststellen:
Die Abkehr von den Begriffen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes ist in der Praxis der Personalverwaltungen bei Weitem noch nicht endgültig vollzogen worden.
Einige Beispiele:
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Noch im Jahr 2011 wurden in Bayern durch Stellenanzeigen Beamte für den „höheren Dienst“ und nicht für die „vierte Qualifikationsebene“5 gesucht;
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der „Verband der höheren Verwaltungsbeamten“ in Bayern hat sich meines Wissens auch noch nicht in „Verband der Beamten der vierten Qualifikationsebene“ umbenannt;
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in der Oktoberausgabe 2011 der Zeitschrift „BlickpunktSüd“ der Deutschen Rentenversicherung Süd (immerhin eine Behörde von mehr als 3.000 Beschäftigten) wurde auf den Seiten 10 und 11 ausführlich über die „Arbeitstagung des höheren Dienstes“ berichtet.
Dabei stellen sich für den einen oder anderen Leser vielleicht folgende Fragen:
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Handelt es sich hier also um fehlerhafte dienstliche Handlungen, die auf die fachliche Ungeeignetheit derjenigen Beamten schließen lassen, welche fälschlicherweise immer noch die Bezeichnung „höherer Dienst“ verwenden?
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Liegt hierin vielleicht sogar eine mutwillige Negierung der gesetzlichen Vorgaben, die letztendlich als Dienstvergehen zu einer disziplinarrechtlichen Ahndung führen muss?
Ich denke:
Man kann durchaus die innerhalb der neuen Leistungslaufbahn bestehenden vier Qualifikationsebenen, wie in der Praxis nach wie vor üblich, weiterhin mit einfacher – mittlerer – gehobener und höherer Dienst bezeichnen.
Diese Bezeichnungen haben sich bewährt. Sie könnten problemlos auch in Zusammenhang mit der durch Art. 5 Abs. 1 LlbG geschaffenen Leistungslaufbahn verwendet werden.
Das hätte gleich mehrere Vorteile:
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Jeder – auch ein „Nichtbeamter“ – könnte sich zumindest im Großen und Ganzen vorstellen, was damit gemeint ist.
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Wie die oben angeführten Beispiele zeigen, wird die bisher übliche Bezeichnung nach wie vor in der Praxis der Personalverwaltungen verwendet. Von dieser Praxis müsste dann nicht abgewichen werden.
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Der Vergleich mit den Beamten des Bundes und der anderen Länder wäre anschaulich, selbst dann, wenn dort – anders als in Bayern – das bisher bewährte Laufbahngruppensystem weiterbesteht.
Außerdem birgt die vom Gesetzgeber vorgenommene Einteilung der Laufbahnen in „vier Qualifikationsebenen“ die Gefahr von Missverständnissen in sich, denn sie ist sprachlich schlicht und einfach missglückt:
In der Vorstellung des „normal denkenden“ Bürgers ist der „Erste“ immer der Beste, also derjenige, der sich am höchsten qualifiziert hat. So gewinnt nur der „Erste“ die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, der „Zweite“ gewinnt Silber und der „Dritte“ Bronze – der „Vierte“ dagegen erringt nur Blech.
Wer also etwa am Stammtisch stolz berichtet, er werde nach seiner erfolgreichen Teilnahme an der „Modularen Qualifizierung“6 in die dritte Qualifikationsebene übernommen, der läuft Gefahr, gefragt zu werden: „Für die zweite oder erste Ebene hat es bei Dir wohl nicht gereicht?“
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Siehe dazu den Beitrag: Reduzierung der Laufbahnen – ein großer Vorteil für Beamte und Dienstherren!
2 Siehe dazu den Beitrag: Aufstieg „light“ und Ämterpatronage
3 Siehe dazu den Beitrag: Bayern: Einführung einer „Leistungslaufbahn" mit vier Qualifikationsebenen
4 Pechstein spricht insofern von einem „alten Wein in neuen Schläuchen“, vgl.: ZBR 2009, S. 20 ff.
5 http://www.xing.com/net/vdbiol_bdbiol/studium-berufsfelder-jobs-und-sonstige-fragen-23247/fwd-stellenausschreibung-hoherer-dienst-lfu-augsburg-befristet-bis-mitte-2011-17195216/
6 Siehe dazu den Beitrag: Aufstieg „light“ und Ämterpatronage

