Die Ausübung einer Nebentätigkeit des Beamten während einer krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst kann sowohl nach Auffassung des BVerwG1, als auch nach einer neueren Entscheidung des OVG NRW2 zur Entfernung aus dem Dienst führen. Dabei gilt es jedoch zu differenzieren.
Liebe Leserin, lieber Leser,
es liegt zumindest „in der Regel“ eine allgemeine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen vor, wenn der Beamte etwa während einer krankheitsbedingten Abwesenheit Nebentätigkeiten ausübt – unabhängig davon, ob eine solche Tätigkeit genehmigt wurde oder nicht.
1. Gesunderhaltungspflicht
Es kann dabei beispielsweise ein Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht (vgl. den Beitrag: Gesunderhaltungspflicht des Beamten) gegeben sein, etwa wenn eine Nebentätigkeit geeignet ist, die Wiederaufnahme des Dienstes zu verzögern.3 Der Beamte, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Fall krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und sie nicht vorzeitig, insbesondere zu Erwerbszwecken, einsetzt. Daher verstößt ein Beamter, der während einer Krankschreibung Nebentätigkeiten ausübt, gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern. Eines konkreten medizinischen Nachweises bedarf es insoweit nicht.4
2. Reaktion des Dienstherrn
Beamte begehen nach § 77 Abs. 1 BBG/§ 47 Abs. 1 BeamtStG ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Dies bedeutet, dass im Regelverfahren bei Beamten auf Lebenszeit ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, das mit einer Disziplinarmaßnahme endet.
Bei Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf können disziplinarrechtlich dabei nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden (vgl. § 5 Abs. 3 BDG und das jeweilige Landesdisziplinarrecht).
Hinweis:
Beamtinnen und Beamte, die sich in der Probezeit nicht in vollem Umfang bewährt haben, werden nach § 28 Abs. 6 BLV spätestens mit Ablauf der Probezeit entlassen. In diesem Fall reduziert sich also das Ermessen des Dienstherrn auf „Null“!
Folge:
Der Beamte muss entlassen werden!
3. Maßnahmezumessung
Bei Lebenszeitbeamten kommt dagegen nur eine disziplinarrechtliche Ahndung in Frage. Hinsichtlich der Frage der richtigen Disziplinarmaßnahme („Maßnahmezumessung;“ vgl.: § 13 BDG und das jeweilige Landesdisziplinarrecht) kommt es auf die Dauer, die Häufigkeit und den Umfang der ausgeübten Nebentätigkeiten, sowie auf das bisherige Verhalten oder die dienstlichen Leistungen an.
Bei schwerwiegenden Verstößen kommt dabei – wie in den eingangs erwähnten Fällen des BVerwG und des OVG NRW – auch eine Entfernung aus dem Dienst in Betracht.
Das ist insbesondere bei umfangreichen Nebentätigkeiten während einer krankheitsbedingten Abwesenheit der Fall.5 Dabei ist aber im Einzelfall zu differenzieren: Bei einer nicht genehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit, die während einer krankheitsbedingten Abwesenheit ausgeübt wurde, hat der BayVGH6 wegen der im konkreten Fall überlangen Verfahrensdauer nur auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt. Weitere Gründe für diese im Vergleich geringe Maßnahmezumessung war die Tatsache, dass sich der Verstoß „noch im mittleren Bereich bewegte“ und sich nunmehr die Einstellung des Beamten zu seiner Tätigkeit – wenn auch erst nach einer durch Disziplinarverfahren erzwungenen Lern- und Überdenkensphase – zum Positiven gewendet hatte.
Man wird wohl auch bei einem Beamten, der wegen eines komplizierten Beinbruchs ans Bett gefesselt ist, nicht bereits dann überhaupt von einem Verstoß gegen Verhaltenspflichten ausgehen können, wenn dieser etwa während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit genehmigte oder genehmigungsfreie Nebentätigkeiten vom Laptop aus wahrnimmt. Hier ist weder eine Ansehensschädigung noch eine Verzögerung der Genesung durch diese Tätigkeit gegeben.
Grob ansehensschädigend wirkt im Gegensatz dazu die Arbeit in einem Gewerbebetrieb während einer krankheitsbedingten Abwesenheit.19 Gleiches gilt, wenn ein Justizvollzugsbeamter während der Krankschreibung Bewachungstätigkeiten für ein privates Unternehmen ausübt.7 Hier ist die Entfernung aus dem Dienst nicht nur gerechtfertigt, sondern unumgänglich.
Aber auch für den Fall, dass eine Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht erfolgt, ergeben sich nachteilige Folgen:
Fazit:
Will ein Beamter eine Nebentätigkeit trotz einer Krankschreibung ausüben, so sollte er sich in jedem Fall durch eine Rückfrage beim Dienstherrn versichern, dass diese Tätigkeit auch tatsächlich zulässig ist.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 BVerwG v. 1.6.1999 – 1 D 49/97 – BVerwGE 113, 337 = NJW 2000, 1585 = ZBR 2000, 47
2 OVG NRW v. 21.3.2018 - 3d A 2179/15.O – vgl. dazu auch § 34 BeamtStG Rn. 96.
3 BVerwG v. 1.6.1999, Fußnote 1.
4 OVG NRW v. 21.3.2018, Fußnote 2.
5 BVerwG v. 01.6.1999, Fußnote 1.
6 BayVGH v. 15.5.2002, Az. 16 D 00.996.
7 OVG NRW v. 21.3.2018, Fußnote 2.
Lesen Sie dazu:
Weiß/Niedermaier/Summer, § 34 BeamtStG Rn. 96 und Art. 81 BayBG Rn. 53 und 86.
Zur Entlassung von Probebeamten:
Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:
Gerne können Sie auch unser Kontaktformular benutzen und wir melden uns bei Ihnen.
Kontaktformular