Politiker und Beamte haben eines gemeinsam: Sie stehen in besonderem Maße in der Kritik der Öffentlichkeit. Sehen sie sich einer Beleidigung ausgesetzt, so sieht das Strafrecht aber nur für Politiker einen ganz besonderen Tatbestand vor.
Liebe Leserin, lieber Leser,
für die Beleidigung eines Beamten, die in Bezug auf die Ausübung seines Dienstes begangen wird, kennt das deutsche Recht keinen eigenen Straftatbestand. Eine solche Beleidigung wird – wenn überhaupt – nach der allgemeinen Bestimmung der Beleidigung (§ 185 StGB) geahndet. Die „Beamtenbeleidigung“ gibt es im Grunde also nicht, sie ist nur eine Form des üblichen Sprachgebrauchs.
Lesen Sie dazu die Beiträge:
- Darf man seinen Esel „Beamter“ nennen? und
- Beleidigungen durch Politiker und Disziplinarrecht der Beamten
Bei der Beleidigung eines Politikers sieht die Sache aber ganz anders aus. Hier bestimmt § 188 StGB:
(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen wird eine üble Nachrede (§ 186) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und eine Verleumdung (§ 187) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

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Diese – relativ neue – Norm wurde erst mit der Änderung durch das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität im Jahr 2021 geschaffen.
Bemerkenswert ist aber auch: Für diese Art der Beleidigung ist, im Gegensatz zur einfachen Beleidigung, kein Strafantrag notwendig, um ein Verfahren einzuleiten. Eine formlose Strafanzeige genügt hier voll und ganz.
Der neue Tatbestand stieß von Anfang an auf heftige Kritik. Es war von einer „Anzeigen-Industrie“ die Rede und von der „Dünnhäutigkeit der Regierenden“1.
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Es wurde aber auch festgestellt, dass in der ersten Zeit nach Inkrafttreten der neuen Strafbarkeitsregelung 1413 Strafanzeigen von Politikern gestellt wurden. Davon stammten sage und schreibe 1318 dieser Anzeigen von nur zwei Minister(inne)n (einmal 805 und einmal 513)2.
Bitte raten Sie einmal, welche zwei (ehemaligen) Minister diese Strafanzeigen gestellt haben, liebe Leserinnen und liebe Leser…
Man wird sich in diesem Zusammenhang jedoch die grundsätzliche Frage stellen, ob denn gerade Politiker nicht generell gelassener mit Schmähungen umgehen sollten und warum die Bürger stärker bestraft werden als Politiker für ihre andauernden gegenseitigen Beleidigungen im Parlament?

Beste Antworten.
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Wichtig erscheint hierzu:
Die Meinungsfreiheit gilt für alle gleich!
Müssten (unterbezahlte) Polizisten oder auch Lehrer vom Gesetz denn nicht mindestens genauso stark geschützt werden wie die (überbezahlten) Politiker?
Meines Erachtens hätte es keinen neuen Tatbestand gebraucht, der (nur) die Politiker schützt und es braucht auch keinen Tatbestand der „Beamtenbeleidigung“.
Die allgemeine Vorschrift des § 185 StGB deckt alle diese Fälle voll und ganz ab!
Wenn man einerseits ständig einen Abbau von Bürokratie fordert, aber andererseits immer neue Bestimmungen erlässt, dann widerspricht der ständige Erlass unnötiger Vorschriften dieser Forderung doch ganz eklatant!
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 https://www.focus.de/politik/deutsche-bundesminister-im-vergleich-mehr-als-90-prozent-der-anzeigen-gegen-buerger-stammen-von-habeck-und-baerbock_id_260500296.html
2 https://www.focus.de/politik/deutsche-bundesminister-im-vergleich-mehr-als-90-prozent-der-anzeigen-gegen-buerger-stammen-von-habeck-und-baerbock_id_260500296.html
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