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Richtige Personalauswahl bei mehreren Bewerbern

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Stellen im öffentlichen Dienst werden entweder öffentlich oder behördenintern ausgeschrieben. Die personalverwaltenden Stellen stehen dabei dann vor einem Problem, wenn sich mehrere Personen für eine Stelle bewerben, denn es stellt sich hier die Frage, wie zu verfahren ist, um eine rechtssichere Personalauswahl zu treffen und damit Schadenersatzansprüche unterlegener Bewerber zu vermeiden.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

bei der Auswahl unter verschiedenen Bewerbern1 kann – im Allgemeinen – folgendem  Schema gefolgt werden:

1. Konstitutives Anforderungsprofil

Zunächst ist zu prüfen ob die Stellenausschreibung ein konstitutives Anforderungsprofil enthält. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass es in aller Regel allgemein gültige und anerkannte Anforderungen („Schlüsselqualifikationen“) für die ganz überwiegende Zahl der Dienstposten gibt. Dies gilt nicht nur für Dienstposten mit einer einfachen sachbearbeitenden Tätigkeit, sondern auch für die überwiegende Zahl exponierter Dienstposten mit Führungsverantwortung.

Beispiel:

Welche besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten etwa ein Finanzamtsleiter haben muss, ist zumindest der obersten Dienstbehörde bekannt. Gleiches gilt für viele andere Dienstposten.

Bewerber, die ein konstitutives Anforderungsprofil bzw. eine Schlüsselqualifikation nicht besitzen, können nicht weiter berücksichtigt werden. Dabei müssen aber stets die allgemeinen Voraussetzungen für die Laufbahn erfüllt sein, so dass der Bewerber bei Bedarf auch auf anderen, seinem Amt im statusrechtlichen Sinn entsprechenden Ämtern im funktionellen Sinn verwendet werden kann.

2. Gesamtnote

Die weitere Auswahl unter den noch in Frage kommenden Bewerbern ist dann nach der Gesamtnote der aktuellen Beurteilung vorzunehmen.

Fraglich ist dann aber, wie zu verfahren ist, wenn einem Bewerber der Vorzug gegeben werden soll, der ein schlechteres Gesamturteil aufweist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG2 ist dieses Abweichen nur bei einem „geringfügigen“ Unterschied in der Gesamtnote möglich. Die Durchführung des Leistungsgrundsatzes verlangt außerdem eine klare Objektivierbarkeit des Auswahlmaßstabs, die nur durch die vorherige – förmliche – Festlegung bestimmter Auswahlkriterien durch den Dienstherrn erreicht werden kann.3 Von einer „geringfügigen Abweichung“ wird man im Allgemeinen ausgehen können, wenn sich die Gesamturteile von Konkurrenten um eine Notenstufe unterscheiden. 

3. Binnendifferenzierung

Ergibt sich immer noch keine Unterscheidungsmöglichkeit, so ist vom (künftigen) Dienstherrn eine Binnendifferenzierung nach den Anforderungen des zu besetzenden Amts vorzunehmen. Als nächster Schritt ist also die Einbeziehung eines entweder in der Stellenausschreibung dargestellten deklaratorischen oder sich aus dem Zuschnitt des zu besetzenden Dienstpostens ergebenden Anforderungsprofils erforderlich. Unter „Binnendifferenzierung“ versteht man folglich die Abwägung der einzelnen, für die Besetzung des Dienstpostens besonders wichtigen und deshalb zu berücksichtigenden Beurteilungsmerkmale. Hinsichtlich der Wichtigkeit der für ein bestimmtes Amt maßgeblichen Beurteilungsmerkmale kann das deklaratorische Anforderungsprofil zwar wesentliche Aussagen enthalten. In vielen Fällen ergeben sich diese Merkmale aber bereits aus der Eigenart des zu besetzenden Dienstpostens. Von diesen Notwendigkeiten kann auch durch ein solches deklaratorisches Anforderungsprofil nicht abgewichen werden.

4. Rückgriff auf frühere Beurteilung

Bei gleicher aktueller Beurteilung und Binnendifferenzierung muss bezüglich der Auswahl unter den verschiedenen Bewerbern auf die Gesamtnote der vorausgegangenen Beurteilung abgestellt werden. Für die Leistungsbewertung kommt zwar der aktuellen dienstlichen Beurteilung das größte Gewicht zu; soweit sich jedoch aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen für den Leistungsvergleich zwischen mehreren Bewerbern keine eindeutige Reihenfolge ergibt, kommt auch dann den zurückliegenden Beurteilungen der ausschlaggebende Erkenntniswert zu.4

5. Hilfskriterien

Nach der Rechtsprechung zur „Topfwirtschaft“5 ist erst letzten Endes ein Rückgriff auf Hilfskriterien möglich, wobei zunächst leistungsbezogene Kriterien wie Assessmentcenter etc. und dann auch noch leistungsfremde andere Hilfskriterien (Wartezeiten, Heimatnähe etc.) in die Auswahlentscheidung einfließen können. Der Dienstherr ist bei der Auswahl nach Hilfskriterien aufgrund seines Organisationsermessens an keine bestimmte Reihenfolge gebunden. Es besteht auch die Möglichkeit, Hilfskriterien mit einem deklaratorischen Anforderungsprofil in einer Stellenausschreibung zu verbinden. Hat der Dienstherr allerdings eine bestimmte Reihenfolge bei den Hilfskriterien gewählt, so darf er davon nicht ohne sachlichen Grund abweichen, damit  die Grenzen der Sachgerechtigkeit und Willkürfreiheit nicht gefährdet werden.6

Wenn sich die personalverwaltenden Stellen an das hier dargestellte Auswahlsystem halten, ist eine rechtssichere Personalauswahl in aller Regel gewährleistet.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


Lesen Sie dazu:


Lesen Sie dazu auch:

  • Weiß/Niedermaier/Summer, § 9 BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • v. Roetteken/Rothländer, § 9  BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • Schütz/Maiwald, § 9 BeamtStG, Rn. 1 ff.


1 Vgl. dazu Lorse, PersR 2017, Heft 3, 8 ff.:
2 Entscheidung v. 25.10.2011, Az.: 2 VR 4/11, NVwZ-RR 2012, 241.
3 OVG Schleswig v. 7.10.2013, Az.: 2 MB 31/13.
4 BVerwG v. 27.2.2003, BayVBl. 2003, 693.
5 VerwG, Urteil v. 30.6.2011, Az.: 2 C 19/10; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7.3.2013, Az.: 2 BvR 2582/12.
6 OVG Münster v. 28.4.2011, Az.:  6 B 43 / 11.

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