Schwangerschaft während der Elternzeit – mehr Rechte für Beamtinnen
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in dem genannten Fall war die Frage zu klären, ob die Klägerin, die während ihrer Elternzeit2 für das erste Kind erneut schwanger geworden ist, auch dann einen Anspruch auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit hat, wenn sie den Antrag erst nach Ablauf der ihr zustehenden Mutterschutzfrist stellt. Hintergrund: In diesem Fall käme sie (nachträglich) in den Genuss des Mutterschutzes – und damit der weiterlaufenden Besoldung – für das zweite Kind.
Ein entsprechender Antrag der Klägerin wurde abgelehnt, weil die entsprechende Verwal-tungsvorschrift eine rückwirkende Anwendung ausgeschlossen hatte. Beamtinnen des Bun-des haben nach § 6 Abs. 1 MuSchEltZV Anspruch auf Elternzeit. Nach dem auch für Beamtinnen geltenden § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG könne – so der Dienstherr – die Elternzeit zwar wegen der Geburt eines weiteren Kindes vorzeitig beendet werden, jedoch nach Satz 3 nicht zur Inanspruchnahme der Mutterschutzfristen. Der EuGH3 habe zwar entschieden, dass nationale Regelungen zum Elternurlaub dann gegen Unionsrecht verstoßen, wenn sie nicht die besondere Situation einer schwangeren Arbeitnehmern (Beamtin) während der Mutterschutzfrist berücksichtigten. Dies gelte aber nicht rückwirkend
Das VG München hat nun entschieden:
Die Klägerin hat auch rückwirkend einen Anspruch auf vorzeitige Beendigung der Elternzeit für das erste Kind.
Die Beendigung geschieht grundsätzlich zum Zwecke der Inanspruchnahme des vollen Mutterschutzes für das zweite Kind nach § 79 BBG und der Richtlinie 2006/ 54 EG vom 5. 7. 2007. Die Rückwirkung diene aber auch der Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen.
Die Richtlinie 92/85 EWG verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass den beschäftigten Frauen – also auch den Beamtinnen – ein Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung gewährt wird.
In dem Fall hatte die Klägerin einen Anspruch auf Verkürzung ihrer Elternzeit für das erste Kind zum Zwecke der Inanspruchnahme des Mutterschutzes für das zweite Kind. Die Verkürzung der Elternzeit konnte also auch rückwirkend – nach Ablauf der Mutterschutzfrist – erfolgen, weil es nach dem Schutzzweck der Richtlinie und dem Gleichbehandlungsgebot allein maßgeblich ist, dass das Beschäftigungsverbot, aus dem das Recht zur Beendigung der Elternzeit resultiert, bereits vorher bestanden hat.
Ich denke:
Die Personalverwaltungen müssen – schon aus Fürsorgegründen – in diesen Fällen die betroffenen Beamtinnen auf ihre Rechte hinweisen. Wird dies unterlassen, so besteht ein Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn in Höhe der unterbliebenen Besoldungsleistungen.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 VG München vom 21.3.2013, Az.: M 15 K 12.3453.
2 Siehe dazu auch: Baßlsperger, Mutterschutz und Elternzeit, ZBR 2010, 369 ff.
3 EuGH vom 20. September 2007 („Kiiski“, Az.: C – 116/06).
Zum Mutterschutz vgl.:
-
Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Art. 99 BayBG, Rn. 2 ff.
-
v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 95 HBG, Rn. 16 ff.

