rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Einstellungsgespräch: Blöd gelaufen!

157 Bewertungen

Hans H1. kam freiwillig zu einem Vorstellungsgespräch bei der Polizei, um sich über eine Karriere als Polizeibewerber in Schwabach bei Nürnberg zu informieren. Der 24-Jährige wurde dann aber noch in der Dienststelle festgenommen2. Was war passiert?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

gegen Hans H. lag ein sogenannter Erzwingungshaftbefehl wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr vor. Das hatte sich bei der routinemäßigen Überprüfung des Mannes herausgestellt, der eigentlich zu einer Einstellungsberatung gekommen war. Der Mann wollte sich lediglich über die Anforderungen und Voraussetzungen erkundigen, die für eine Einstellung bei der bayerischen Polizei nötig sind.

Nachdem er den im Haftbefehl geforderten Geldbetrag bezahlt hatte, konnte Hans H. wieder nach Hause gehen.

Blöd gelaufen!

Ob Hans H. weiterhin Polizist werden will – und kann – ist unklar. Es fragt sich jedenfalls, ob er die nach § 9 BeamtStG und Art. 33 Abs. 2 GG für eine Einstellung in den Polizeidienst erforderliche charakterliche Eignung besitzt oder nicht. Die im Internet hierzu zu lesenden Meinungen gehen jedenfalls stark auseinander.

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

Die Begriffe Charakter und Persönlichkeit erfassen ein breites Spektrum persönlicher Eigenschaften und Verhaltensweisen. Sie werden in der Wissenschaft – je nach Fachrichtung – unterschiedlich definiert. Bei der Beurteilung von Charakter und Persönlichkeit als Eignungskriterien für die Wahrnehmung öffentlicher Ämter geht es vor allem um die Eigenschaften und Verhaltensweisen, die in positiver oder negativer Hinsicht für die Dienstleistung sowie für Achtung und Vertrauen in die Person und die Amtsführung des Bewerbers oder Beamten von Bedeutung sind. In negativer Hinsicht geht es vor allem darum, ob ein Bewerber bisher ein Verhalten gezeigt hat, das begründete Zweifel hervorruft, ob er im Beamtenverhältnis der beamtenrechtlichen Pflicht des achtungs- und vertrauenswürdigen Verhaltens (§ 34 S. 3 BeamtStG) gerecht werden wird.

Die charakterliche Eignung eines Einstellungsbewerbers ist dabei ein Unterfall der persönlichen Eignung des Beamten. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird.3 Dies erfordert eine wertende Würdigung des Verhaltens des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulässt.

Für den hier vorliegenden Fall lassen sich zunächst tatsächlich zwei Meinungen wie Pol und Antipol vertreten:

  • Führt das bloße „Vergessen“ eines Strafzettels von vielleicht nur 20 Euro tatsächlich bereits zu einer völligen „Nichteignung“ des Bewerbers und damit zu dessen Ablehnung?

  • Muss man nicht gerade als angehender Polizeibeamter einen „Erzwingungshaftbefehl“ tunlichst vermeiden, um als charakterlich gefestigt eingestuft zu werden?

Ich schließe mich hier eher der zweiten Meinung an und erhebe dabei aber keinen Anspruch auf eine allein zutreffende Meinung.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Name ist frei erfunden.
2 http://www.spiegel.de/panorama/bayern-polizeibewerber-bei-einstellungsberatung-verhaftet-a-1167710.html
3 BVerwG v. 25.11.2015 – 2 B 38/15 – juris Rn. 9; BVerwG v. 20.7.2016 – 2 B 17/15 – NVwZ-RR 2016, 831 = ZBR 2017, 38.


Lesen Sie dazu:

  • Weiß/Niedermaier/Summer: § 9 BeamtStG, Rn. 53 ff.

  • v. Roetteken/Rothländer, § 9 BeamtStG, Rn. 168 ff.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 20.11.2017 um 07:46:
Vertretbar erscheint es auch, die Frage nach der „charakterlichen Eignung“ unter Bezugnahme auf bereits niedergeschriebene Rechtsgrundsätze zu beurteilen. So hat sie jedenfalls der nicht (mehr), der seine Beamtenrechte gem. § 24 I BeamtStG verloren hat. Dabei spricht § 24 I BeamtStG von einer vorsätzlichen Tat, erfordert mithin ein Verschulden, welches über die bloße Fahrlässigkeit hinausgeht. Ob Herr H. daher noch Beamter werden kann, kann aus meiner Sicht noch nicht abschließend geklärt werden. Vielmehr bedarf es einer genaueren Aufklärung der Umstände, die letztlich zu dem „Erzwingungshaftbefehl“ geführt haben.
banner-beamtenrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER