rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Rücknahme der Ernennung II

74 Bewertungen

In der vergangenen Woche beschäftigte sich der Beitrag Rücknahme der Ernennung I mit den einzelnen Tatbeständen der Rücknahme von Ernennungen. In den nun folgenden Ausführungen soll zu den Fragen des Vollzugs und den Rechtsfolgen der Rücknahme Stellung genommen werden.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Regelung über die Rücknahme der Ernennung verfolgt das Ziel, Beamtenverhältnisse nach den Tatbeständen zu lösen oder berufliche Werdegänge nach unten korrigieren zu können (BVerwG vom 25.1.2001, Az.: 2 C 43/99 = ZBR 2002, 48).

a) Ausschließlichkeit

Die Regelungen des § 12 BeamtStG/§ 14 BBG gehen wegen der Subsidiarität der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder diesen Normen vor (siehe dazu Fehlerhafte Ernennung). Dies bedeutet, dass § 12 BeamtStG/§ 14 BBG eine abschließende Regelung der Rücknahme von Ernennungen ist, also nicht ergänzend auf § 48, § 49 Abs. 2 VwVfG (oder das jeweilige Landesrecht) zurückgegriffen werden kann. Diese Tatsache begründet – zusammen mit der abschließenden Regelung der Tatbestände der Nichtigkeit nach § 11 BeamtStG/§ 14 BBG – den Grundsatz der Ämterstabilität.

Lesen Sie dazu den Beitrag: Ämterstabilität – das war´s

Hinweis:
Durch den abschließenden Charakter der Vorschrift des § 12 BeamtStG ist eine landesrechtliche Erweiterung auf andere Tatbestände nicht zulässig.

Die Rücknahme einer Ernennung erfolgt nicht kraft Gesetzes, sie muss von der Verwaltung durch einen Verwaltungsakt (Rücknahmebescheid) geltend gemacht werden. Der Verwaltungsakt ist rechtsgestaltender Natur. Er kann wie jeder andere Verwaltungsakt vom Betroffenen durch Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden.

In aller Regel werden aber die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Rücknahmebescheides (nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) vorliegen.

b) Geltung

Die Regelung des § 12 BeamtStG/§ 14 BBG gilt für alle Fälle der Ernennung und ist daher nicht auf die Ersternennung (Einstellung) begrenzt (BVerwG vom 12.6.1963, Az.: II C 195.61 = BVerwGE 16, 340/343).

Die Rücknahmevorschriften gelten auch für die dienstherrnübergreifenden Versetzungen (BVerwG vom 23.9.2004, Az.: 2 C 37/03 = BVerwGE 122, 58).

Dies gilt nicht nur für länderübergreifende Versetzungen nach § 15 BeamtStG, sondern auch für dienstherrnübergreifende Versetzungen innerhalb des Anwendungsbereiches des Bundes- oder Landesbereichs).

Die Rücknahme der Ernennung ist auch nach vorausgegangener Beendigung des Beamtenverhältnisses noch möglich, da sie durch die Rückwirkung weiterreicht als die klassischen Beendigungstatbestände des Eintritts oder der Versetzung in den Ruhestand oder der Entlassung und sie ist auch nach dem Tode des Beamten möglich.

c) Wirksamkeit

Die Rücknahme der Ernennung wirkt auf den Zeitpunkt der Ernennung zurück, beseitigt also grundsätzlich die rechtlichen Wirkungen der Ernennung von Anfang an (ex tunc). Diese Rückwirkungsregelung ist nicht zur Disposition des Dienstherrn gestellt, weshalb dieser nicht befugt ist, einen späteren Wirksamkeitszeitpunkt (zum Beispiel ex nunc) zu bestimmen. Die Rücknahme der Ernennung betrifft die äußere Wirksamkeit der Ernennung.

Hinweis:
Dies gilt auch ohne ausdrückliche Bestimmung für die Rücknahme nach Abs. 2.

Wird die Ernennung des Beamten mit Wirkung ex tunc zurückgenommen, so werden alle späteren Ernennungen wirkungslos, die auf die zurückgenommene Ernennung aufbauen (BayVGH vom 24.11.2005, Az.: 15 BV 03.3017).

d) Zuständigkeit

Für die Rücknahme der Ernennung ist allgemein die oberste Dienstbehörde zuständig.

e) Rücknahmefrist

Für die Rücknahme der Ernennung sind – nach Landesrecht auch differenzierte – Fristen festgelegt. Die Regelfrist ist eine Frist von 6 Monaten. Die Fristen beginnen mit der Kenntnis der obersten Dienstbehörde bzw. im außerstaatlichen Bereich der berechtigten Stelle von Ernennung und Rücknahmegrund und ist nach § 187 ff. BGB zu berechnen.

Die Frist für die Rücknahmeerklärung, die als Ausschlussfrist zu werten ist, beginnt also mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die oberste Dienstbehörde von der Ernennung und dem Rücknahmegrund Kenntnis erlangt hat. Sie berechnet sich dann nach § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB.

Hinweis:
Auf die Kenntnis anderer Behörden kommt es nicht an, auch wenn es sich um die Ernennungsbehörde handeln sollte.

Im Bereich der obersten Dienstbehörde ist nicht die Kenntnis irgendwelcher Bediensteten maßgebend, sondern die Kenntnis der entscheidungsbefugten Beamten und objektiven gesetzlichen Voraussetzungen der Rücknahme.

Beispiel:
Vermutungen für Rücknahmegründe genügen nicht (BayVGH v. 2.3.2016, Az.: 3 ZB 15.2401).

Liegt noch keine sichere Kenntnis vor und ist wegen des die Rücknahme der Ernennung rechtfertigenden Sachverhalts ein Strafverfahren anhängig, so braucht die oberste Dienstbehörde nicht von sich aus weitere Ermittlungen anstellen, sondern sie kann den Ausgang des Strafverfahrens auch abwarten.

Beispiel:
Bei den Selbstverwaltungskörperschaften kommt es nach dem Wortlaut der Norm auf die Kenntnis der in beamtenrechtlichen Angelegenheiten zur Vertretung nach außen berechtigten Stelle an. Diese Bestimmung für die Selbstverwaltungskörperschaften ist deshalb notwendig, weil die oberste Dienstbehörde bei ihnen ein Kollegialorgan (Gemeinderat, Vorstand) sein kann und damit Zweifel auftauchen können, auf wessen Kenntnis es für den Fristbeginn ankommt. Hier genügt es, wenn das zur Vertretung nach außen hin befugte Organ (Oberbürgermeister, geschäftsführendes Vorstandsmitglied) Kenntnis erlangt hat.

Der Dienstvorgesetzte muss nicht jedem vagen Verdacht einer arglistigen Täuschung nachgehen. Nur wenn entsprechende Anhaltspunkte konkret gegeben sind, muss er tätig werden (BayVGH v. 2.3.2016, a.a.O.).

f) Interessensvertretung der Beamten

Bei der Rücknahme der Ernennung ist die Personalvertretung nicht zu beteiligen (kein Beteiligungstatbestand nach dem Bayerischen Personalvertretungsgesetz). Allerdings ist die Pflicht der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX gegeben.

g) Wirksamkeit von Amtshandlungen

Amtshandlungen, die die ernannte Person in der Zeit vorgenommen hat, die später durch die Rücknahme der Ernennung rückschauend nicht im Beamtenverhältnis vorgenommen wurden, bleiben von der Rücknahme unberührt, behalten also ihre Wirksamkeit.

h) Besoldungsfragen

Im Fall der Rücknahme können die Leistungen des Dienstherrn nach den Grundsätzen des Faktischen Beamtenverhältnisses belassen werden. Dies setzt aber einen grundsätzlichen Anspruch auf Rückforderung von Besoldung, Versorgung und sonstigen Leistungen voraus und modifiziert ihn lediglich.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


Lesen Sie dazu:


Lesen Sie dazu auch:

  • Weiß/Niedermaier/Summer, § 12 BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • v. Roetteken/Rothländer, § 12 BeamtStG, Rn. 1 ff.

  • Schütz/Maiwald, § 12 BeamtStG, Rn. 1 ff.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-beamtenrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER