Organisationaler Zynismus – destruktive Einstellungen von Beschäftigten
Liebe Leserinnen und Leser,
Professor Jan Schilling von der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen hat sich intensiv mit dem Phänomen „Organisationaler Zynismus“ auseinandergesetzt.
Hierunter ist eine Einstellung von Beschäftigten zu verstehen, die sich aus drei Komponenten zusammensetzt. Da ist erstens der Glaube an die mangelnde Integrität des Arbeitgebers – die Beschäftigten sind der Überzeugung, dass der Arbeitgeber anders handle als er es ankündige und die Beschäftigten zu seinem eigenen Vorteil gezielt täusche. Die zweite Komponente sind negative Emotionen wie Enttäuschung, Wut, Scham gegenüber der eigenen Organisation, die Beschäftigten leiden emotional unter ihrem Arbeitgeber. Die dritte Komponente des organisationalem Zynismus ist ein abschätziges und kritisierendes Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber.
In empirischen Studien konnten die Folgen des organisationalen Zynismus erhoben werden. So erleben betroffene Beschäftigte eine zunehmende Entfremdung von und eine innere Distanz gegenüber ihren Arbeitgebern. Die Arbeitsmotivation und –leistung ist geringer. Besonders betroffen ist der Bereich des Extra-Rollenverhaltens, als jene Leistungsbeiträge der Beschäftigten, die arbeits- oder dienstrechtlich nicht exakt umschrieben und eingefordert werden können, für das gute Funktionieren einer Arbeitsgruppe jedoch sehr bedeutsam sind (z. B. Missverständnisse zwischen Kollegen aufklären, neuen Kollegen informelle Hinweise geben). Es konnte zudem mehr Absentismus und eine höhere Fluktuationsneigung festgestellt werden.
Die Ursachen des organisationalem Zynismus liegen vor allem in der Sphäre des Arbeitgebers und des direkten Vorgesetzten; eine generelle Neigung zum Zynismus und mangelnde Stressresistenz auf Seiten des Beschäftigten können nur zu einen geringen Teil dieses Phänomen erklären. Bedeutsam ist vor allem der Bruch des psychologischen Vertrags durch den Arbeitgeber. Auch ein starkes Ungleichgewicht zwischen eingebrachtem Engagement und erreichtem Nutzen (z. B. Anerkennung, Lohnsteigerung) oder die mangelnde Einbeziehung in Entscheidungsprozesse kann organisationalen Zynismus begünstigen. Die direkte Führungskraft hat Einfluss auf die Entstehung von organisationalem Zynismus durch eine negative Vorbildwirkung (z. B. Lästern über die Hausleitung) und durch destruktives Führungsverhalten (z. B. öffentliches Bloßstellen von Mitarbeitern).
Der Psychologe Jan Schilling gibt in seiner Veröffentlicheung Ratschläge, was die Führungskraft gegen den organisationalen Zynismus machen kann. Diese insgesamt fünf Ratschläge sind aus psychologischen Forschungsergebnissen abgeleitet:
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Konstruktiv führen und die eigenen Mitarbeiter stärken: Hierzu gehört, als Vorbild zu agieren, Sinnzusammenhänge der Arbeit verdeutlichen, Mitarbeiter zu unterstützen und zu neuen Ideen zu stimulieren,
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Destruktive Führung vermeiden und sich respektvoll gegenüber Mitarbeiter verhalten. Dabei wird respektloses, entwürdigendes Führungsverhalten oftmals als Folge der Überlastung von Führungskräften angesehen. Es geht darum, negative Erfahrungen mit der eigenen Führungskraft zu puffern / auszuhalten und nicht an den Mitarbeitern auszulassen,
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Eigenen Zynismus kontrollieren und zynisches Teamklima verhindern – dies bedeutet bespielsweise, sich nicht mit den Mitarbeitern gegenüber der Leitung zu verbünden, Kritik gegenüber Entwicklungen differenziert zu äußern oder zynisch geprägte Beiträge von Mitarbeitern zu unterbinden,
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Eigene Entscheidungen kommunizieren und Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse. Im Kern geht es dabei um die Realisierung eines partizipativen Führungsstils,
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Vertrauen in das Management stärken und Entwicklungen der Organisation erläutern. Dazu gehört beispielsweise, die Mitarbeiter frühzeitig und umfassend über bevorstehende Umbrüche oder sich wandelnde Organisationsprozesse/-strukturen zu informieren.
Das Thema interessiert Sie? Lesen Sie doch mal rein: Schilling, J. (2016). Organisationaler Zynismus als Herausforderung für Führungskräfte: Umgang mit destruktiven Einstellungen von Mitarbeitern. In A. Gourmelon (Hrsg.), Herausforderung Führung – führen wollen, führen können, schwierige Situationen meistern (S. 21 – 36). Heidelberg: Rehm.
Herzlichst
Ihr
Andreas Gourmelon

