Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – ein unterschätztes Risiko für Arbeitgeber und Beschäftigte
Dieses Denken verkennt leider die realen Arbeitsbedingungen, mit denen sich die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung auseinandersetzen müssen oder Personalverantwortliche sind sich nicht in letzter Konsequenz bewusst, mit welchen neuen Anforderungen auch Mitarbeiter im öffentlichen Sektor konfrontiert werden:
Arbeits- und Anforderungsverdichtung, Zeit- und Termindruck, Einstellungsstopps, knappe Budgets, Stellenkürzungen, Umstrukturierungen, der „gefühlte“ mögliche Verlust der Arbeitsplatzsicherheit, Umstrukturierungen und zunehmende Auseinandersetzungen mit Bürgern fordern heute auch hohe Anpassungsleistungen von den Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Die „Vogel-Strauß-Politik beenden“
Nicht allen Mitarbeitern fällt es leicht, mit diesen Herausforderungen zurechtzukommen. Sie reagieren auf Überforderungen mit Befindlichkeitsbeeinträchtigungen, Leistungseinbußen und/oder körperlichen und psychischen Erkrankungen. Damit möchten und sollten sich jedoch weder Beschäftigte noch Unternehmen noch Verwaltungen abfinden.
Lösungen müssen her, damit Mitarbeiter gesund und motiviert bis zur Rente oder Pension arbeiten und Unternehmen und Behörden auf fitte Beschäftigte zählen können.
Ein Licht am Horizont
Überforderten, demotivierten und sogar erkrankten Mitarbeitern kann geholfen oder zumindest Unterstützung angeboten werden. Hilfestellung gibt es in Form von Kampagnen und Programmen [zum Beispiel Gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA): Arbeitsprogramm Organisation, Arbeitsprogramm Muskel-Skelett-Erkrankungen, Arbeitsprogramm Psyche], von Institutionen wie der Bundesregierung, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, den Unfallversicherungsträgern und von individuellen Anbietern, die ihre Dienstleistungen anbieten.
Konkret bedeutet Hilfestellung für gestresste Mitarbeiter und Organisationen:
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Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung werden die psychischen Belastungen von Mitarbeitern ermittelt. Hierzu wurden Instrumente, Verfahren und Methoden entwickelt, die auch von „Laien“ angewendet werden können.
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Die Akteure im Arbeits-und Gesundheitsschutz können praktische Hinweise und Tipps geben, wie Arbeit, Arbeitsbedingungen und –abläufe gesundheitsgerecht organisiert und gestaltet werden können.
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Auch das Arbeitsumfeld kann den Bedürfnissen der Mitarbeiter angepasst werden: Ergonomische Arbeitsplätze von Möblierung, Hardware bis hin zur Software erleichtern das Arbeitsleben und fördern Wohlbefinden und Leistungsvermögen.
Dem düsteren Szenario einer durch die neue Arbeitswelt überforderten und ausgebrannten Arbeitnehmerschaft kann man also einiges entgegenzusetzen. Die Erfolge sprechen für sich.
Da davon auszugehen ist, dass Veränderungen in der Arbeitswelt uns auch in (die) Zukunft begleiten werden: neue Technologien, neue Arbeitsformen, neue Arbeitsinhalte, und womöglich sogar ganz neue Arbeit werden das Arbeitsleben weiter umkrempeln. Globalisierung, Internationalisierung und gesellschaftliche Entwicklungen wie ältere Belegschaften und neue Mitbewohner der Republik werden als Herausforderung bestehen bleiben oder sich sogar intensivieren. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden viel leisten müssen.
Als Arbeits- und Organisationspsychologin, die den wechselnden Arbeitsmarkt schon eine Weile begleitet, bin ich jedoch zuversichtlich, dass mit den zahlreichen Unterstützungsangeboten und Handlungsmöglichkeiten sowie guten Willens von beiden Seiten – Organisationen und Mitarbeitern – „gute“ Arbeit angeboten und geleistet werden kann.
Dr. Fritzi Wiessmann
Arbeits- und Organisationspsychologin
Wollen Sie sich zum Thema weiter informieren: in unserem neuen PöS-Band „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – Handlungsansätze für die Personalarbeit" finden Sie Basiswissen für die Praxis mit zahlreichen Tipps, Übersichten, Leitfäden und Internet-Links zu weiterführenden Informationen.


