Bei den öffentlichen Anhörungen zum Vergabebeschleunigungsgesetz und zum Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr am 10.11.2025 fiel das Fazit der Sachverständigen gemischt aus. Während sie den Ansatz, Vergabeverfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen, grundsätzlich begrüßten, forderten sie zugleich konkrete Änderungen und Ergänzungen.
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Anhörung zum Vergabebeschleunigungsgesetz
Im Zentrum der Anhörung zum Vergabebeschleunigungsgesetz standen die Themen Losvergabe und aufschiebende Wirkung bei sofortigen Beschwerden.
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Praxisleitfaden
Losvergabe (§ 97 Abs. 4 GWB-E)
Die im Regierungsentwurf vorgesehene, sehr begrenzte Öffnung des Losgrundsatzes (nur für Vorhaben aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität) wurde von der Mehrzahl der Sachverständigen kritisch bewertet, insbesondere von Seiten der Kommunen. Zum einen würden die meisten dringend erforderlichen Investitionen auf kommunaler Ebene von der Regelung gar nicht profitieren, da diese nicht dem Sondervermögen unterfielen. Zum anderen lägen keine belastbaren empirischen Belege dafür vor, dass eine stärkere Losbildung tatsächlich zu mehr Aufträgen für KMU führe. Stattdessen seien zu hohe Eignungsanforderungen (Referenzen) und übermäßige Bürokratie die eigentlichen Hürden für eine breitere Beteiligung von KMU an Vergabeverfahren. Schließlich bleibe unklar, unter welchen Bedingungen die vorgesehene Flexibilisierung für Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität greift, bereits bei einer (ggf. auch nur geringfügigen) Teilfinanzierung aus diesem Fonds oder erst bei einer vollständigen Finanzierung.
Teilweise wurde die nur eingeschränkte Lockerung des Losgrundsatzes im Regierungsentwurf allerdings auch verteidigt, weil die Losvergabe der zentrale Schlüssel für die Beteiligung von KMU an öffentlichen Aufträgen sei. Es gebe keine Belege dafür, dass die Losaufteilung tatsächlich zu Verzögerungen in Vergabeverfahren führe. Zudem zeichne sich auf europäischer Ebene eine strengere Regelung zur Losaufteilung ab (Entschließung des EU-Parlaments zur Vergabe öffentlicher Aufträge, siehe Newsletter vom 17.9.2025).

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Wegfall der aufschiebenden Wirkung bei sofortigen Beschwerden (§ 173 Abs. 1 GWB-E)
Diese Änderung wurde von den meisten Sachverständigen kritisch beurteilt. Zum einen bestünden erhebliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 GG garantierte Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes. Zum anderen könnte die angestrebte Beschleunigungswirkung ins Gegenteil verkehrt werden, wenn Auftraggeber künftig zunächst abwarteten, ob der vor der Vergabekammer unterlegene Antragsteller eine Schadensersatzklage erhebe.
Neben diesen beiden zentralen Punkte gab es noch eine ganze Reihe von weiteren zum Teil sehr konkreten Vorschlägen zur Änderung bzw. Nachbesserung des Regierungsentwurfs. Von politischem Interesse ist die Forderung der Gewerkschaften, heimische und europäische Wertschöpfungsketten zu stärken und „Local-Content-Vorschriften“ zum Standard zu machen.
Die Liste der Sachverständigen und ihre schriftlichen Stellungnahmen finden sich hier.
Die Anhörung ist zudem in der Mediathek des Bundestages eingestellt.
Anhörung zum Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr
Die Anhörung zu diesem Gesetzesvorhaben verlief vergleichsweise wenig kontrovers. Die große Mehrheit der Sachverständigen begrüßte den Gesetzentwurf als eine notwendige Reaktion auf die dramatisch veränderte Sicherheitslage in Europa. Zugleich seien jedoch weitere Schritte notwendig, um den Planungsprozess stärker einzubinden und einen noch günstigeren Rahmen für Innovationen zu schaffen. Von kommunaler Seite wurde gefordert, dass die vorgesehenen Verfahrensvereinfachungen und Beschleunigungsinstrumente gleichermaßen für sicherheitsrelevante kommunale Infrastrukturprojekte und für die Ausstattung des örtlichen Brand- und Katastrophenschutzes gelten sollten. Ein Sachverständiger äußerte sich hingegen kritisch zu den vorgesehenen Vergabebeschleunigungen, da diese einer ineffizienten Beschaffung und Verschwendung von Steuermitteln Vorschub geleistet werden könnten.
Die Liste der Sachverständigen und – soweit vorliegend – ihre schriftlichen Stellungnahmen sind hier verfügbar.
Die Anhörung kann in der Mediathek des Bundestages nachverfolgt werden.
Weiteres Verfahren
Nach den Anhörungen werden die Beratungen im Ausschuss fortgesetzt, die in eine Beschlussempfehlung samt Entscheidungsvorschlag für das Plenum münden. Anschließend finden die zweite und dritte Lesung im Plenum statt.
Verfasser: Rudolf Ley/Dietmar Altus