Anwendung des Vergaberechts im Zusammenhang mit der Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden
Das BMWK hat ein weiteres Rundschreiben mit Hinweisen und Erläuterungen zur beschleunigten Beschaffung im Zusammenhang mit der Unterbringung und Versorgung Schutzsuchender veröffentlicht.
Das BMWK weist ausdrücklich darauf hin, dass die derzeit angespannte Lage in Deutschland (1,1 Mio. Geflüchtete aus der Ukraine, Anstieg von Asylanträgen um 51% ggü. dem Vorjahr) rechtfertigt, weiterhin Dringlichkeitsvergaben im Flüchtlingskontext durchzuführen, um deren Unterbringung und Versorgung schnell und effizient zu gewährleisten. Hierzu erfolgt ein detaillierter Überblick über den bereits geltenden Rechtsrahmen.
1. EU-weite Vergabeverfahren nach der VgV
Im Falle hinreichender Dringlichkeit können sog. „beschleunigte Verfahren“ mit verkürzten Angebots- und Teilnahmefristen (10 bzw. 15 Tage) durchgeführt werden.
Für äußerst dringliche und zwingende Baumaßnahmen steht das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zur Verfügung. Das BMWK macht deutlich, dass auf Grund der momentanen Gegebenheiten keine begründeten Zweifel an einem Kausalzusammenhang zwischen dem Anstieg der Geflüchtetenzahlen und der Notwendigkeit, deren Bedürfnisse zu erfüllen, besteht.
Angebote können nach Würdigung und Dokumentation der Gesamtumstände nach § 17 Abs. 15 VgV unter Verzicht auf die sonst vorgeschriebenen Formerfordernisse, sprich formlos und ohne die Beachtung konkreter Fristvorgaben eingeholt werden. Im Zweifel ist auch die Einholung nur eines Angebotes zulässig.
2. Nationale Ausschreibungen
Bei Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte kommen für eine schnelle und effiziente Beschaffung von Liefer-/Dienst- oder Bauleistungen die Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb (§ 8 Abs. 4 UVgO) sowie die Freihändige Vergabe als formloses Verfahren (§ 3a Abs. 3 VOB/A) in Betracht.
Für Leistungen bis zu einem Auftragswert von 5.000 Euro für Liefer-/Dienstleistungen und 8.000 Euro für Bauleistungen (Wertgrenzenerhöhung) ist im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg ein Direktauftrag zulässig.
3. Auftragserweiterungen
Schließlich weist BMWK darauf hin, dass zur Bewältigung kurzfristiger Beschaffungsbedarfe insbesondere eine Vertragsänderung/-verlängerung und/oder -ausweitung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB in Betracht kommt. Über § 47 UVgO gilt diese Vorschrift auch für die Vergabe von Liefer-/Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte.
Verfasser: Hans-Peter Müller


