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Beamtenrecht und staatliches Gewaltmonopol

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Die Vorgänge in Ellwangen Ende April/Anfang Mai 2018 werfen gleich mehrere Fragen zum Beamtenrecht und zum staatlichen Gewaltmonopol auf. Gerade im Zusammenhang mit der Abschiebungspraxis bei Flüchtlingen und den damit verbundenen enormen Kosten für die Allgemeinheit ist hier ein Umdenken veranlasst.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ein Polizeieinsatz in einer Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen (Baden-Württemberg) wurde am 30. April 2018 zu einem Fehlschlag. Als vier Beamte einen zur Abschiebung ausgeschriebenen Flüchtling aus Togo in Gewahrsam nehmen wollten, wurden sie von rund 150 Afrikanern umringt, die mit Gewalt die Freilassung einer bereits mit Handschellen gefesselten Person erzwangen, die sich illegal in Deutschland aufhielt und deswegen abgeschoben werden sollte.1 Vier Tage später musste die Polizei mit Hunderten vermummten Beamten einschreiten, um das Flüchtlingsheim zu stürmen und die flüchtige Person zu finden. Die Polizei erklärte, ein Zeichen setzen zu wollen, dass sie keine rechtsfreien Räume dulde. Zwölf Personen wurden bei dem zweiten Einsatz verletzt, darunter auch ein Polizeibeamter.

Die Konzentration des Gewaltmonopols geht von der Vorstellung aus, dass der Einzelne darauf verzichtet, selbst Gewalt zur Durchsetzung von Rechten auszuüben. Dem entspricht Art. 20 Abs. 2 GG „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Schutz und Durchsetzung sind aus diesem Grund vollständig auf die staatlichen Judikativ- und Exekutivorgane (Gerichte, Polizei und Verwaltung) übertragen. Diese wiederum sind nach Art. 20 Abs. 3 GG an das von der Legislative sanktionierte Recht und Gesetz gebunden. Bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols steht der einzelne Polizeibeamte an vorderster Stelle.

Die Polizei hatte sich in Ellwangen zunächst als eine zu schwache Vertreterin der staatlichen Interessen präsentiert, da sie die als notwendig für das Staats- und Gemeinwohl erachteten Aufgaben und Verpflichtungen in einem unzureichenden Maße erfüllte.

Andererseits war der Rückzug von nur vier Polizeibeamten sowohl im Interesse der beteiligten Beamten, als auch im Interesse der Allgemeinheit nicht nur verständlich, sondern auch berechtigt. Zwar sind Polizeibeamte auch bei Gefahr für ihre körperliche Unversehrtheit zur Dienstausübung verpflichtet. Diese Verpflichtung unterliegt jedoch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, auch bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols.2 Wegen des Verhältnismäßigkeitsprinzips wurde auch zu Recht von den zahlenmäßig völlig unterlegenen Einsatzkräften auf den Einsatz von Schusswaffen für Warnschüsse verzichtet. Um die einzelnen Polizeibeamten zu schützen, wurde außerdem bei dem zweiten Einsatz in Ellwangen eine Vermummung vorgenommen. Damit sollte offensichtlich drohenden Racheakten der vom Einsatz betroffenen Ausländer vorgebeugt werden.

Es gilt aber die Einsatzkräfte besser zu schützen, zumal ganz offensichtlich der Respekt vor der Polizei schwindet. Es kann nicht hingenommen werden, dass Polizeibeamte beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen und getreten werden.

Der Bundestag hatte das Problem erkannt. Sicherheits- und Rettungskräfte werden nunmehr durch neue Straftatbestände geschützt. Diese waren in einem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD enthalten, den der Bundestag am Donnerstag, 27. April 2017, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen beschlossen hat. Das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften" droht bei tätlichen Angriffen auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte nunmehr mit bis zu fünf Jahren Haft.

Dies ist aber nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Präventiv ist unsere Polizei mit den bestmöglichen technischen Hilfsmitteln, wie „Bodycams“, auszustatten. Die Zahl der Polizisten auf Bundes- und Landesebene muss weiterhin den neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Zumindest besteht auch bei den größten Kritikern des Beamtentums insofern Einigkeit, dass Polizisten auch in Zukunft ausschließlich den Beamtenstatus besitzen müssen.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 https://www.n-tv.de/politik/Togoer-bei-Polizeieinsatz-aufgegriffen-article20416564.html
2 Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 3 BeamtStG, Rn. 15.


Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:

 



Zur Einschränkung der körperlichen Unversehrtheit bei Polizeibeamten siehe:
Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, § 3 BeamtStG, Rn. 15.

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