Schon mehrfach war in dieser Blogreihe davon die Rede, dass Beamte völlig sinnlose und zum Teil sogar widersinnige Vorschriften kraft ihrer Aufgabenstellung vollziehen müssen. Bei diesem Beitrag steht jetzt ein „Ziegenmelker“ im Mittelpunkt der Geschichte.1
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Ziegenmelker ist – anders, als man nach dem Namen erwarten würde – ein kleiner und geschützter Singvogel. Seinen Namen erhielt der kleine Sänger, weil man früher der Überzeugung war, dass er in der Nacht tatsächlich die Ziegen melke und diese daraufhin erblinden würden…
Nun ist dieser nachtaktive Sänger zwar selten, aber ein einziges Exemplar sang ausgerechnet auf dem Gebäude der Universitätsklinik Tübingen, die für die ärztliche Betreuung von 3 Millionen Menschen (Tübingen und Umland) zuständig ist, aus allen Nähten platzt und deshalb für viele Millionen Euro ausgebaut werden sollte. Jedoch: Ein Patient und Vogelfreund hörte den nächtlichen Ziegenmelker-Gesang und meldete dies der Naturschutzbehörde…
Diese untersagte also den für die 3 Millionen potenziellen Patienten dringend notwendigen Ergänzungsbau und verlangte ein Ausweichquartier für das Tier. Dazu muss man aber wissen: Ziegenmelker sind eine „Offenlandart“. Sie brauchen weitläufige Flächen, die sie durchfliegen können. Deshalb stören sie sich an Bäumen.
Hier der Vorschlag der Naturschutzbehörde: 10 Hektar Wald hinter dem Klinikum sollten gefällt werden, damit der Vogel dort frei fliegen könne…

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Im Laufe der Zeit stellte man jedoch fest, dass der Ziegenmelker etwa ein Jahr nicht mehr gesungen habe, und man vermutete, dass eine Katze das Problem auf ihre unbürokratische und natürliche Art gelöst habe. Nun stand dem Neubau also nichts mehr entgegen – oder?
Weit gefehlt, denn jetzt berief sich die Naturschutzbehörde darauf, die Klinik sei ein „Ziegenmelkerwartungsland“. Deshalb müsse im Fall eines Erweiterungsbaus die Abholzung der großen Waldfläche gleichwohl vorgenommen werden. Allerdings müsste dann ein Wald von gleicher Größe an anderer Stelle wieder angepflanzt werden, und das trotz des Einwands, dass der geschützte Vogel als „Offenlandart“ dort ja auch nicht mehr fliegen könne…
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Und noch ein Paradoxon:
Die für die Gesundheit der Allgemeinheit so wichtige Erweiterung der Klinik unterblieb, denn: Sollte jetzt gleichwohl eine Baugenehmigung erteilt werden, so würde sich derjenige, der dafür die Verantwortung trüge, wegen der „Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete“ nach § 329 StGB strafbar machen!
Obelix würde wohl sagen:
„Die spinnen, die deutschen Bürokraten!“
PS: Die im Umweltschutz tätigen Beamten vollziehen nur die Gesetze, sie erlassen sie nicht!

Beste Antworten.
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Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Hinweis: Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint nach Pfingsten am 3.6.2024.
