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Ein kurioser Fall: Die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit wurde vergessen!

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Bei einem geschäftsleitenden Beamten einer bayerischen Kommune wurde die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit schlichtweg „vergessen“. Da dieser Beamte jetzt kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand steht, wollte er wissen, wie ihm hier geholfen werden kann.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor kurzem wurde mir der Fall des Beamten Xaver Pframminger1 (Xaver P.) vorgetragen, bei dem die Umwandlung in ein Lebenszeitbeamtenverhältnis von seiner Dienstherrin – einer bayerischen Gemeinde – vor vielen Jahren schlichtweg vergessen und später auch nicht nachgeholt wurde.

Xaver P. begann seine Laufbahn vor mehreren Jahrzehnten im mittleren Dienst, bestand die Laufbahnprüfung und wurde ins Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. Offensichtlich legte er seine – damals noch dreijährige – Probezeit mit gutem Erfolg ab, denn er wurde in seiner Laufbahn mehrfach befördert – allerdings ohne dass sein Beamtenverhältnis jemals in ein solches auf Lebenszeit umgewandelt wurde. Xaver P. absolvierte dann sogar den Aufstieg vom mittleren in den gehobenen Dienst und er bekleidet jetzt – kurz vor seiner geplanten Pensionierung – als Geschäftsleiter seiner Kommune das Amt eines Verwaltungsrats der Besoldungsgruppe A 13.  Da der Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand nach § 25 BeamtStG nur für Beamte auf Lebenszeit möglich ist, war guter Rat teuer.

Erste Lösungsmöglichkeit:

Man könnte zunächst daran denken, die Regelung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 BeamtStG bei der ersten Beförderung, die nach Ablauf der Probezeit und der damaligen Altersgrenze von 27 Jahren erfolgte, sinngemäß anzuwenden: Wenn aus der Urkunde oder aus dem Akteninhalt eindeutig hervorgeht, dass die für die Ernennung zuständige Stelle ein bestehendes Beamtenverhältnis in ein solches anderer Art umwandeln wollte – für das die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – und die für die Ernennung zuständige Stelle die Wirksamkeit schriftlich bestätigt, ist die Ernennung nach dem BeamtStG als von Anfang an als wirksam anzusehen. In der nächsten  Ernennung (= 2. Beförderung) könnte – durch eine entsprechende Auslegung des Willens der Kommune – dann die schriftliche Bestätigung der Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit gesehen werden.

Dabei ergibt sich allerdings noch ein weiteres Problem: Die Nichtigkeitsbestimmung des § 11 BeamtStG bezieht sich ausschließlich auf Ernennungen nach § 8 BeamtStG, also auf Ernennungen, die nach dem 1.4.2009 erfolgten.2 Fehler, die bei Ernennungen vorliegen, die bereits vor dem 1.4.2009 wirksam wurden, wären damit  nach der (früheren) Vorschrift (vgl. § 8 BRRG und das jeweilige Landesrecht) zu behandeln.3 Es hätte damit bei Xaver P. eine sog. „Nichternennung“ vorgelegen. Lesen Sie dazu den Beitrag: Die Nichternennung.

Nach der allgemein im Verwaltungsrecht anzuwendenden „Meistbegünstigungsklausel“ gilt jedoch Folgendes: Soweit § 11 Abs. 2 BeamtStG eine weitergehende Heilungsmöglichkeit als das frühere Landesrecht vorsieht, ist zugunsten des betroffenen Beamten diese erweiterte (bessere) Heilungsmöglichkeit anzuwenden. Voraussetzung ist lediglich, dass – wie im Fall des Xaver P. – die zuständige Ernennungsbehörde (nicht die oberste Dienstbehörde) bei der Heilung der Nichtigkeit tätig geworden ist.4

Zweite Lösungsmöglichkeit:

Die Kommune wandelt – durch einen entsprechenden neuen Gemeinderatsbeschluss – jetzt noch vor Beginn des Ruhestandes das Beamtenverhältnis des Verwaltungsrats Xaver P. mit der Besoldungsgruppe A 13 in ein solches auf Lebenszeit um. Dies würde zwar nach Ansicht des Verfassers einen übersteigerten Formalismus  bedeuten, die Angelegenheit befände sich dann aber auf jeden Fall in trockenen Tüchern.

Dritte Lösungsmöglichkeit:

Man unternimmt gar nichts, geht von einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Ruhestandsversetzung aus und lässt den Dingen einfach ihren Lauf. Dies wäre zwar eine pragmatische Lösung „contra legem“, aber es würde wohl „kein Hahn danach krähen“, zumal sich die Gemeinde gegebenenfalls Schadensersatzansprüchen des Xaver P. ausgesetzt sehen würde.5

Ergänzend sei noch erwähnt: Die Beförderungen des Xaver P. waren auch ohne ein bestehendes Beamtenverhältnis auf Lebenszeit wirksam gewesen, weil sich das entsprechende Beförderungsverbot nur auf Ernennungen bezieht (bzw. damals bezog), die während der Probezeit vorgenommen werden. Diese war jedoch – wie erwähnt – bereits abgelaufen.

Fazit:
Es gibt gerade auch im Beamtenrecht Fälle – die es niemals geben dürfte!

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Der Name wurde selbstverständlich für diesen Beitrag geändert.
2 § 63 Abs. 3 BeamtStG; siehe dazu: Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 11 BeamtStG, Rn. 27; Plog/Wiedow, § 11 BeamtStG, Rn. 3, Maiwald in Schütz/Maiwald, § 11 BeamtStG, Rn. 23.
3 Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 11 BeamtStG, Rn. 27; so auch Maiwald in Schütz/Maiwald, § 11 BeamtStG, Rn. 23.
4 Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, § 11 BeamtStG, Rn. 27; bzw. die Nichtigkeit rechtskräftig festgestellt hat.
5 Zur Schadensersatzpflicht der Gemeinde im Falle der Nichtheilung vgl. Zentgraf in Metzler- Müller u.a., § 11 BeamtStG, Abschnitt 4.


Lesen Sie dazu auch die Beiträge:


Lesen Sie dazu:

  • Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern. § 11 BeamtStG, Rn. 27. und

  • Maiwald in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, § 11 BeamtStG, Rn. 23.

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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 15.05.2017 um 09:03:
Ich frage mich, warum er sich erst kurz vor seiner Pensionierung darum kümmert und nicht schon 30 Jahre früher?
kommentiert am 28.03.2017 um 18:24:
Ich hätte einfach gar nichts gesagt. Wo kein Richter...
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