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Eine fragwürdige Verordnung des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales

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Das bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales spielte schon mehrfach eine entscheidende Rolle im Rahmen dieser Blogreihe (vgl. die Beiträge: Peinlicher Fehler des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales und Ausbildungsrichtlinien mit Rückwirkung?). In dem nun folgenden Beitrag soll eine Verordnung näher betrachtet werden, die zum Nachdenken Anlass gibt.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Ein guter Schüler muss nicht gleichzeitig ein guter Beamter werden“. Diese Aussage ist von allgemein gültiger Bedeutung, denn ein guter Schüler muss auch kein guter Arzt, Jurist, Ingenieur usw. werden. Es fragt sich jedoch, ob subjektivierte Auswahlverfahren, wie Sie etwa beim bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales praktiziert werden, sinnvoll sind und den enormen Verwaltungsaufwand lohnen.

Selbst wenn – wie in Bayern – eine rechtliche Grundlage für entsprechende Auswahlverfahren bei der Gewinnung von Nachwuchsbeamten besteht, so ist eine Entscheidung über eine spätere Ernennung allein auf der Grundlage eines ausschließlich subjektiven Auswahlverfahrens als Verstoß gegen das Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich überaus bedenklich. Zwar kann das Ergebnis des Auswahlverfahrens zunächst nur „geeignet“ oder „nicht geeignet“ sein (Art. 22 Abs. 8 Satz 5 LlbG), aber die obersten Dienstbehörden können nach Art. 22 Abs. 8 Satz 8 LlbG durch Rechtsverordnung (im nichtstaatlichen Bereich durch Satzung) abweichende oder ergänzende Regelungen treffen.

Dies führt zu einer weiteren Subjektivierung der Auswahlverfahren, weil damit der Weg eröffnet wird, bestehende objektive Leistungskriterien, wie eben Platzziffernverzeichnisse zu umgehen. Wie kompliziert, aufwendig und im Grunde überflüssig man das Einstellungsverfahren regeln kann, zeigt etwa die Verordnung über das gesonderte Auswahlverfahren im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (AuswV-AM) vom 14. September 2011. Hiernach wird durch Bewertungen von „Soft-Skills“ wie „Persönliches Auftreten“, „Veränderungsbereitschaft“, „Konfliktfähigkeit“ usw. eine gesonderte Rangliste erstellt, nach welcher die objektiven Kriterien wie bereits gezeigte Leistungen und erzielte Platzziffern zurücktreten. Ob hierdurch besser geeignete Bewerber ausgewählt werden, muss zumindest stark in Zweifel gezogen werden.1 Fest steht allerdings, dass hier ein enormer, mit Zeit und Kosten verbundener Verwaltungsaufwand betrieben wird, der die erzielten Ergebnisse in keiner Weise rechtfertigt und zu einer unnötigen „Verbürokratisierung“ des Einstellungsverfahrens führt.

Dabei gilt es vor allem Folgendes zu bedenken: Die genannten Personalauswahlsysteme stellen lediglich auf Momentaufnahmen ab. Sie betreffen naturgemäß nur einen Teil der Anforderungen, die an die Bewerber zur Erfüllung der Aufgaben im konkret zu besetzenden Dienstposten später gestellt werden und können über wichtige Eigenschaften – wie die Nachhaltigkeit der gezeigten Leistungen oder den Leistungswillen der einzelnen Bewerber – keinen Aufschluss geben. Nicht zuletzt werden von den neuen Systemen diejenigen bevor-zugt, denen es trotz sonst „durchschnittlicher“ Leistungen kraft ihrer Persönlichkeit oder durch entsprechende „Traineemaßnahmen“ gelingt, bei „Soft-Skills“ einen Vorteil zu erreichen. Günther2 spricht in diesem Zusammenhang sehr anschaulich von „potenziell blendenden Kurzzeitdarstellern“.

Fazit:
Bei der Personalauswahl geht es darum, eine Entscheidung mit größtmöglicher Objektivität und Vergleichbarkeit zu treffen. Der Rechtsanspruch von Bewerbern auf eine sachgerechte und willkürfreie Behandlung nach Art. 33 Abs. 2 GG muss genauso gewährleistet bleiben, wie eine sachgerechte und kostensparende Verwaltungspraxis.

Dies ist nicht mehr der Fall, wenn – wie in dem Beispiel des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales – personelle Entscheidungen überwiegend aufgrund von „Soft-Skills“ getroffen werden. Hierin besteht eine neue, nicht zu unterschätzende Form der Ämterpatronage, die ihre „good-will“ Entscheidungen als „normal“ und gesetzeskonform einstuft. Das Berufsbeamtentum zeichnet sich nicht nur in Bayern durch das Vertrauen der Bürger in seine Integrität ohne jeglichen Nepotismus aus. Dieses Vertrauen beginnt aber bereits bei der Auswahl unter verschiedenen Bewerbern.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger


1 Die Erfahrungen des Autors können dies jedenfalls gerade nicht belegen.
2 Günther, RiA 2013, 57 (60).


Zu der hier behandelten Problematik siehe die Beiträge:


Vgl. dazu weiterhin:

  • Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 22 LlbG, Rn.67 ff.

  • Keck/Puchta/Konrad, Bayerisches Laufbahnrecht, Art. 22 LlbG, Rn.

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3 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 06.10.2016 um 16:34:
Die bayerische Verordnung von 2011 halte ich auch für stark zweifelhaft, gerade in Hinblick auf eine kostensparende Verwaltungspraxis - vor allem aber in Hinblick auf eine objektive Personalauswahl. Aber: In der Privatwirtschaft läuft keine Einstellung mehr ohne "Soft Skills". Die Frage ist : Muss dies auch im Öffentlichen Dienst und dem Berufsbeamtentum gelten? Mein klares Nein!
kommentiert am 30.09.2016 um 10:56:
Eine reine "Gschaftelhuberei" von selbsternannten Auswahlspezialisten! Das kostet, bringt aber auch gar nichts!
kommentiert am 26.09.2016 um 09:16:
Wenn der Gesetzgeber aber gerade subjektive Entscheidungen will? Was dann?
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