Einstellungsgespräch: Frage nach Behinderung zulässig?
Liebe Leserin, lieber Leser,
das BAG lässt im Arbeitnehmerbereich eine Frage nach der Behinderung eines Bewerbers nach 6 Monaten Beschäftigungszeit zu. Grund: Erst nach diesem Zeitraum besteht Kündigungsschutz (§ 1 Abs. 1 KSchG) und damit ein zumindest einigermaßen geschütztes Rechtsverhältnis.
Überträgt man diese Grundsätze des BAG auf das Beamtenrecht, so käme ein Fragerecht des Dienstherrn erst nach einer Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit infrage, weil erst dann ebenfalls ein gesichertes Rechtsverhältnis besteht.
Würde man ein entsprechendes Fragerecht des Dienstherrn allerdings generell verneinen, so würde dies bedeuten, dass ein Bewerber auf eine gleichwohl gestellte Frage in einem Einstellungsgespräch falsch antworten dürfte, ohne Gefahr zu laufen, dass eine spätere Ernennung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG (Landes- und Kommunalbeamte) bzw. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBG (Bundesbeamte) wegen arglistiger Täuschung zurückgenommen werden müsste.
Der (künftige) Dienstherr besitzt aber ein erhebliches Interesse an der Kenntnis von einer Behinderung des Bewerbers. Dies ist nicht nur damit zu begründen, dass er seine Beschäftigungspflicht erfüllen muss, sondern auch mit dem Umstand, dass er dem Bewerber nur bei dieser Kenntnis im Rahmen einer vorgreifenden Fürsorgepflicht die möglichen Einstellungserleichterungen überhaupt gewähren kann. Siehe dazu: Einstellung von Schwerbehinderten in das Beamtenverhältnis: Voraussichtliche Dienstzeit von fünf Jahren reicht.
Ein bestehendes Beamtenverhältnis stellt ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis dar (Art. 33 Abs. 4 GG). Siehe dazu: Das Dienst- und Treueverhältnis des Beamten.
Bereits bei der Anbahnung eines Beamtenverhältnisses ergeben sich besondere gegenseitige Rechte und Pflichten im Sinne einer culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2 BGB). Dies zeigt sich auf Seiten des (künftigen) Dienstherrn etwa hinsichtlich seiner Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Bewerberauswahl (Bewerbungsverfahrensanspruch).
Ein Bewerber um eine Ernennung in ein Beamtenverhältnis weiß im Gegenzug, dass er ein Rechtsverhältnis besonderer Art anstrebt. Ihm ist also durchaus zuzumuten, solche Fragen zu beantworten, die dazu dienen, die Erfüllung der Fürsorgepflicht überhaupt erst zu ermöglichen. Nach hier vertretener Ansicht braucht ein Bewerber um eine Ernennung zwar nicht von sich aus auf eine Behinderung hinzuweisen, er muss aber zumindest auf eine entsprechende Frage wahrheitsgemäß antworten.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Soweit ersichtlich gibt es hierzu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung.
Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:

