Nebentätigkeit eines Standesbeamten bei der Nachbargemeinde
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Standesbeamte bei der Gemeinde A. übt eine amtliche Tätigkeit aus. Der Kollege aus der Nachbarstadt B. würde also, falls er den Beamten bei der Gemeinde A. vertritt, eine nebenamtliche Tätigkeit ausüben.1 Er würde dabei als Vertreter Kenntnisse benötigen und umsetzen, die er sich bei seinem Dienstherrn (Stadt B.) angeeignet hat und für welche der Stadt B. finanzielle Aufwendungen angefallen sind (Ausbildung, Besuch der einschlägigen Fortbildungsveranstaltungen etc.). Im Rahmen des Nebentätigkeitsrechts sind dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:
1. Nebentätigkeitsgenehmigung
Da eine amtliche Nebentätigkeit nicht unter die Tatbestände der genehmigungsfreien Nebentätigkeiten fällt (vgl. Art. 82 BayBG bzw. das jeweils einschlägige Landesbeamtengesetz), bedarf der Standesbeamte der Stadt B. für seine Tätigkeit bei der Gemeinde A. grundsätzlich einer Genehmigung der Stadt B. Die Entscheidung über die Genehmigung der Nebentätigkeit trifft dabei die Stadt B., denn die Frage der Zulässigkeit der nebenamtlichen Tätigkeit und einer evtl. Ablieferungspflicht betrifft ausschließlich die Beschäftigungsbehörde. Die Prüfung der dienstlichen Voraussetzungen für eine Nebentätigkeitsgenehmigung obliegt als beamtenrechtliche Angelegenheit allein der einzelnen Kommune. Evtl. auftretende Probleme müssten allenfalls durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde geklärt werden. Der nebenamtlichen Tätigkeit stehen jedenfalls keine Bedenken (vgl. Art. 81 Abs. 3 BayBG oder das jeweilige Landesrecht) entgegen. Die geringfügige Beschäftigung darf acht Stunden pro Woche nicht überschreiten, sie muss ausschließlich außerhalb der üblichen Dienstzeit bei der Stadt B. und unter Vermeidung sonstiger Interessenskonflikte zwischen den beiden Kommunen ausgeübt werden.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so muss ein entsprechender Nebentätigkeitsantrag des Beamten genehmigt werden. Siehe dazu den Beitrag: Rechtsanspruch auf Nebentätigkeit
2. Vergütung
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BayNV (und den jeweiligen Vorschriften der Nebentätigkeitsverordnung der einzelnen Länder) kann bei einer Vertretung eines Standesbeamten (= Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach § 5 BayNV bzw. nach der jeweils einschlägigen Landesverordnung) eine Vergütung gewährt werden, wenn für diese Tätigkeit auf andere Weise eine geeignete Arbeitskraft ohne erheblichen Mehraufwand nicht gewonnen werden kann. Außerdem ist dem nebenamtlich tätigen Standesbeamten die Übernahme des Nebenamts bei der Gemeinde A. ohne Entlastung im Hauptamt grundsätzlich wohl nicht zumutbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 BayNV bzw. das jeweils einschlägige Landesbeamtengesetz). Damit stellt sich die Frage nach der Ablieferungspflicht der gezahlten Vergütung.
3. Ablieferungspflicht
Die Ablieferungspflicht setzt nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes eine rechtliche Grundlage voraus. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BayNV (bzw. nach der jeweils einschlägigen Landesverordnung) sind Vergütungen für eine oder mehrere Nebentätigkeiten, die im öffentlichen oder in dem ihm gleichstehenden Dienst oder auf Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstherrn ausgeübt werden, von dem Beamten insoweit an seinen Dienstherrn (Stadt B.) abzuliefern, als sie für die in einem Kalenderjahr ausgeübten Tätigkeiten die jeweiligen Höchstbeträge übersteigen. Soweit es sich bei der Nebentätigkeit aber um Tätigkeiten bei Körperschaften handelt, entfällt der Ablieferungsfreibetrag. Hier handelt es sich um eine Tätigkeit in einer Kommune und damit in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.2 Die Folge wäre, dass der Standesbeamte seine Vergütung bei seinem Dienstherrn (Stadt B.) abzuliefern hätte.
Die Stadt B. könnte jedoch auf die Abführungspflicht verzichten (§ 11 Abs. 1 Nr. 11 BayNV und das entsprechende Landesrecht), wenn die Nebentätigkeit im öffentlichen Interesse steht. Dabei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen.3 Bei dem Begriff des öffentlichen Interesses ist auf das „Gemeinwohl“ abzustellen, ein Dienstherrnbezug ist dabei nicht notwendig. Wenn bei der Gemeinde A. kein geeignetes Personal für die Aufgabenstellung gewonnen werden kann4, oder eine entsprechende Aufgabenerfüllung nicht ohne einen erheblichen finanziellen Mehraufwand möglich wäre, wird ein solches öffentliches Interesse, das zu einem Absehen von der Ablieferungspflicht führt, sehr wohl vorliegen.
Ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung bezüglich der Ablieferungspflicht gegeben sind, stellt eine beamtenrechtliche Frage dar. Die Entscheidungsbefugnis liegt allein beim jeweiligen Dienstherrn, also bei der Stadt A. Evtl. auftretende Probleme müssten – worauf bereits oben hingewiesen wurde – durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde geklärt werden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Vgl. Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Rn. 40 ff zu § 40 BeamtStG.
2 Die Ablieferung der Vergütungen für Tätigkeiten in diesem Sinne unterbleibt dann nur, wenn die hierfür zugeflossenen Vergütungen insgesamt den Betrag von 100 EUR im Kalenderjahr nicht überschreiten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BayNV).
3 Siehe auch Ziffer 10.2 der VV BeamtR – abgedruckt bei Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl unter Teil IV / 2030.
4 Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Rn. 28 und 29 zu Art. 85 BayBG.
Zum Nebentätigkeitsrecht vgl.:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Rn. 40 ff zu § 40 BeamtStG und Rn 1 ff zu Art.81 ff BayBG.
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR Rn. 1ff zu § 40 BeamtStG.
Zur Ablieferungspflicht von Vergütungen vgl.:
Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Rn. 40 28 und 29 zu Art. 85 BayBG

