Liebe Leserin, lieber Leser,
die aktive Beteiligung der Personalvertretung ist nicht nur ein nützliches Element beim BEM, sie ist insbesondere geeignet, das Vertrauen der betroffenen Beschäftigten zu fördern, ohne welches das Ziel dieses Verfahrens oft gar nicht erreicht werden kann.
Bereits in Teil II wurde Folgendes erwähnt: Ein BEM-Verfahren entspricht nach der jüngsten Rechtsprechung des BAG (BAG v. 20.5.2020 – 7 AZR 100/19) den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn es keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausschließt, und in ihm die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden. Gerade hierin liegen die wichtigsten Aufgaben der Personalvertretung.
Das BVerwG (BVerwG v. 4.9.2012 – 6 P 5/11) hat entschieden, dass der Arbeitgeber bzw. Dienstherr (= die Dienststelle) verpflichtet ist, zumindest einem Mitglied des Personalrats regelmäßig die Namen derjenigen Beschäftigten mitzuteilen, denen ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten ist. Diesem Mitglied ist auch die Einsicht in das Anschreiben an die betroffenen Beschäftigten zu gewähren. Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Vorlage ist Bestandteil seiner Informationspflicht gegenüber dem Personalrat. Sie besteht aber nur in dem Umfang, in welchem der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Kenntnis der Unterlagen benötigt.
Der Betroffene ist berechtigt, die Einschaltung der Personalvertretung abzulehnen (BayVGH v. 30.4.2009 – 17 P 08, 3389), worauf er vom Dienstherrn bzw. Arbeitgeber rechtzeitig hinzuweisen ist (BAG v. 22.3.2016 – 1 ABR 14/14). Das Zustimmungserfordernis des Beschäftigten zur Beteiligung der Personalvertretung bezieht sich danach nur auf die zweite und dritte Phase des BEM (siehe oben), nicht aber auf die vorhergehende erste Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements beim Beschäftigten endet. Die Übersendung einer entsprechenden Liste verstößt dabei nicht gegen das Datenschutzrecht (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 15/17).
Auch wenn der Beschäftigte eine Maßnahme zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ablehnt, kann der Dienstherr bzw. Arbeitgeber von einer Ablehnung des weiteren Verfahrens ausgehen.
Die zuständigen Interessenvertretungen im Sinne des § 176 SGB IX (also auch der Personalrat) können jederzeit eine Klärung offener Fragen in Einzelfällen verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber/Dienstherr die ihm beim BEM obliegenden Verpflichtungen erfüllt (§ 167 Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB IX). Hieraus folgt auch das Recht der Personalvertretung, die Durchführung eines BEM in konkreten Fällen zu verlangen und die aus seiner Sicht notwendigen Änderungen oder Ergänzungen von Maßnahmen zu verlangen.
Die Neuregelung des § 80 Abs. 1 Nr. 17 wertet die Beteiligung der Personalvertretung beim BEM auf und erhebt sie zu einem eigenständigen Mitbestimmungstatbestand. Dieses Recht wird in erster Linie durch den Abschluss von Dienstvereinbarungen nach § 63 BPersVG umgesetzt. Der Gesetzgeber hat hierzu keine Vorgaben getroffen. Grund dafür dürfte sein, dass sich Dienstvereinbarungen zum BEM an den besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Dienststelle orientieren müssen. Da die Rechtsprechung bereits unumstößliche Grundsätze aufgestellt hat, auf welche die Personalvertretungen keinen Einfluss nehmen können, stellt sich die Frage, welche Regelungsbereiche überhaupt noch bestehen.
Mögliche Regelungsbereiche sind dabei etwa:
Bildung eines Integrationsteams
Benennung eines BEM-Beauftragten,
Anwendung des Verfahrens für Beschäftigte bereits vor Ablauf der gesetzlichen Frist von sechs Wochen unter besonderen Voraussetzungen,
Ablauf und der Inhalt des Verfahrens sowie der anzubietenden bzw. durchzuführenden Maßnahmen im Hinblick auf die jeweiligen betrieblichen bzw. dienststellenspezifischen Gegebenheiten.
Art und Dauer der durchzuführenden Arbeitsversuche.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Hinweis:
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement finden Sie bei im Lexikon Beamtenrecht unter dem Stichwort:
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Anhang:
1. § 80 Abs. 1 Nr. 17 BPersVG
Der Personalrat bestimmt mit, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über….
17) Grundsätze des behördlichen oder betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements,
2. § 167 Abs. 2 SGB IX:
„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.
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