Das höchste deutsche Gericht hat dem Justizminister des Landes NRW, Benjamin Limbach (Grüne), bei der Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Ämterpatronage nachgewiesen (jetzt veröffentlichter Beschluss vom 07. August 2024 – 2 BvR 418/24): Eine schallende Ohrfeige für den Politiker!
Liebe Leserin, lieber Leser,
zwei Kandidaten standen zur Wahl. Der Minister entschied sich für eine „Duzfreundin, die seit 13 Jahren nicht mehr als Verwaltungsrichterin eingesetzt gewesen ist.1 Von 2011 bis 2020 war sie als stellvertretende Leiterin des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin tätig, sodann seit Juni 2020 im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, zuletzt als Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7).
Abgelehnt wurde dagegen die Bewerbung des Beschwerdeführers, eines Richters am Bundesverwaltungsgericht (B 6).
Sachverhalt (Auszug):
Im Februar 2023 wurden aktuelle dienstliche Beurteilungen für die Bewerber angefordert. Die Beurteilung des Beschwerdeführers durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts versah der Minister mit dem Vermerk „Ich habe keinen Anlass, von der vorstehenden Beurteilung abzuweichen“. Zur Mitbewerberin erstellte der Minister am 28. März 2023 jedoch eine eigene Beurteilung („Überbeurteilung“). Mit Auswahlvermerk vom 2. Mai 2023 wurde vorgeschlagen, die Mitbewerberin für die Besetzung der Stelle auszuwählen. Dies billigte der Minister der Justiz durch Paraphierung am 10. Mai 2023. Zur Begründung führt der Auswahlvermerk aus: Die Bewerbung der Beigeladenen werde in die Entscheidung einbezogen, obwohl sie nach der in der Stellenausschreibung genannten Bewerbungsfrist eingegangen sei. Dies ist zunächst aus Gründen der bestmöglichen Stellenbesetzung (Art. 33 Abs. 2 GG) rechtmäßig gewesen.
Äußerst bedenkenswert ist jedoch Folgendes:
Die Bewerbung des Bundesrichters wurde mehrere Monate gar nicht behandelt. Mitte September 2022 hatte der im Bewerbungsverfahren unterlegene Beschwerdeführer außerdem den Anruf eines Bundestagsabgeordneten erhalten. Dieser hatte erklärt, in Koalitionskreisen in Düsseldorf werde der Wunsch gehegt, dass eine Frau Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts werde. Dies sei vor allem ein Wunsch der „Grünen“ (Rz. 35). Es sei daher gewollt, dass der Beschwerdeführer seine Bewerbungen zurückziehen sollte. Daraufhin hat Minister Limbach ihn aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen.

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Das BVerfG begründete seine stattgebende Entscheidung damit, dass die Auswahlentscheidung grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden darf, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Das war hier aber nicht der Fall!
Nach dem BVerfG ergaben sich vielmehr
- eindeutige Anhaltspunkte für ein politisch koordiniertes Vorgehen mit Kenntnis und unter Beteiligung des Ministers,
- das mit einer Vorfestlegung anhand sachfremder Kriterien (Geschlecht und Parteimitgliedschaft) verbunden war (Rz. 36), woraus eindeutig
- auf eine unzulässige Voreingenommenheit und Vorfestlegung des Ministers zu schließen ist (Rz. 41).
Das BVerfG hob aus diesen Gründen die anderslautende Entscheidung des OVG Münster auf und wies den Rechtsstreit an dieses Gericht zurück.
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Fazit:
- Eine weise Entscheidung gegen die politisch motivierte Ämterpatronage!
- Die Rücktrittsforderungen2 sind deshalb auch mehr als berechtigt!
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article253253400/Richterposten-Affaere-Wie-das-Bundesverfassungsgericht-den-gruenen-NRW-Justizminister-blossstellt.html
2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article253253400/Richterposten-Affaere-Wie-das-Bundesverfassungsgericht-den-gruenen-NRW-Justizminister-blossstellt.html
Lesen Sie dazu auch die Beiträge:
Aufstieg „light“ und Ämterpatronage
Ämterpatronage – Teil I
Ämterpatronage – Teil II
Hinweis:
Der Beitrag wurde aus aktuellem Anlass veröffentlicht. Der nächste Blog in dieser Reihe erscheint nach den bayerischen Sommerferien!

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