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„Compact-Magazin“ – Teil I

Das VG Frankfurt/Oder hat mit Beschluss vom 6.6.2024 (Az.: 2 L 78/24) bei einer Lehramtsanwärterin entschieden: Allein die Mitarbeit bei Veröffentlichungen des als rechtsextrem eingestuften (und im Nachhinein verbotenen) „Compact-Magazins“ führt zur Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

eine angehende Lehrerin moderierte vor ihrer Ernennung verschiedene Sendungen von „Compact“, in denen unter anderem Mitbegründer des „Flügels“ der AfD interviewt, staatliche Institutionen delegitimiert und Narrative aus der „Reichsbürger“-Szene verwendet wurden.

Ihre Tätigkeit kam im Nachhinein als Folge einer Berichterstattung in der überregionalen Presse zutage, und die Verfassungsschutzbehörde des Landes erhielt Kenntnis von der Tätigkeit der Antragstellerin für „Compact“.

Das Bildungsministerium hatte der Referendarin daraufhin wegen ihrer Verbindungen in die rechtsextreme Szene zunächst das Führen der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG untersagt und anschließend einen Bescheid zugestellt, mit welchem ihr Beamtenverhältnis zurückgenommen und „hilfsweise“ eine Entlassung ausgesprochen wurde.

Die Entscheidung des Ministeriums war auf Rücknahme des Beamtenverhältnisses wegen einer arglistigen Täuschung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG und hilfsweise auf eine Entlassung wegen fehlender persönlicher und damit charakterlicher Eignung (= fehlender Verfassungstreue) nach § 23 Abs. 4 BeamtStG gerichtet.

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Entsprechend einer objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO, wonach mehrere Klagebegehren vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden können, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist, können auch verschiedene Verwaltungsakte „gehäuft“ werden. Es handelt sich in dem vorliegenden Fall um eine sogenannte „eventuelle“ Entscheidungshäufung: Der Hoheitsträger erlässt einen Hauptverwaltungsakt (Rücknahme wegen arglistiger Täuschung) und einen Hilfsverwaltungsakt (Entlassung). Den zweiten Verwaltungsakt macht der Hoheitsträger nur für den Fall geltend, dass die Hauptentscheidung nicht rechtmäßig sein sollte. Das Gericht ist im Fall eines wie hier ausgetragenen Rechtsstreits an die vom Hoheitsträger gewählte Reihenfolge (erst Rücknahme, dann Entlassung) gebunden.

 

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Wichtig:

a) Verhältnis von Rücknahme und Entlassung

Hierzu muss man sehen, dass zwischen der Rücknahme einer Ernennung nach § 12 BeamtStG und einer Entlassung folgende Reihenfolge maßgeblich ist: Da die Rücknahme das Beamtenverhältnis von Anfang an beseitigt, kommt in diesem Fall bereits kein solches Verhältnis zustande.

Anders ausgedrückt: Liegt einer der Tatbestände des § 12 BeamtStG (Rücknahme) vor, so kommt eine Entlassung nicht mehr in Frage. Greifen die Rücknahmevorschriften dagegen (zum Beispiel wegen fehlender Arglist) nicht ein, so erfolgt eine Entlassung, wenn das Fehlverhalten fortdauert bzw. während des bestehenden Beamtenverhältnisses offenkundig wird.

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Es gibt damit also kein „Entweder-oder“. Für den Fall, dass sich die den Verwaltungsakt erlassende Behörde fälschlicherweise für eine der beiden Befugnisnormen entschieden hat, ist im Übrigen fraglich, ob dann auf § 47 VwVfG zurückgegriffen werden kann. Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann nach dieser Vorschrift in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind (§ 47 Abs. 1 VwVfG). Nach § 47 Abs. 3 VwVfG kann allerdings eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann (Rücknahme nach § 12 Abs. 1 Nr.1 VwVfG), nicht in eine Ermessensentscheidung (Entlassung nach § 23 Abs. 4 VwVfG) umgedeutet werden.

b) Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte (§ 39 BeamtStG) bleibt von der Entscheidung des VG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aber unberührt, weil eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zu einer anderen Entscheidung führen könnte. Das Interesse des Dienstherrn besteht hier darin, dass der Beamte/die Beamtin bis zu dieser endgültigen Entscheidung – auch wegen des Ansehens in der Öffentlichkeit – keinen Dienst mehr leistet. Außerdem hat dieses Verbot für den Fall, dass das später zu erwartende Urteil die Beendigung des Beamtenverhältnisses bestätigt, auch eine besoldungsrechtliche Wirkung: Würde der Beamte/die Beamtin Dienst leisten, so bestünde ein „faktisches Beamtenverhältnis“, hieraus würde im Nachhinein ein Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen für die abgeleistete Dienstzeit entstehen. Das Verbot stellt im Übrigen einen gesonderten (belastenden) Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG dar, gegen welches der/die Betroffene auch gesondert mit förmlichen Rechtsbehelfen (Anfechtungswiderspruch bzw. Anfechtungsklage) vorgehen müsste.

Zur arglistigen Täuschung und zur fehlenden Verfassungstreue siehe den Beitrag der kommenden Woche mit dem Titel: „Compact-Magazin“ – Teil II.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Literaturhinweis:

Lexikon: Verfassungstreue
Weiß/Niedermaier/Summer, Rn. 29 ff. zu § 7 BeamtStG und Rn. 37 ff. zu § 23 BeamtStG
Schütz/Maiwald, Rn. 128 ff. zu § 23 BeamtStG
v. Roetteken/Rothländer, Rn. 575 ff. zu § 23 BeamtStG

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