Drittes Geschlecht und öffentlicher Dienst
Liebe Leserin, lieber Leser,
nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sondern auch das Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt die geschlechtliche Identität. Beide Verfassungsnormen gelten dabei auch für Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen („Intersexualität“) und bewahren sie vor Diskriminierungen.
Menschen mit einer nur empfundenen Intersexualität fallen aber nicht in diesen Schutzbereich (BGH v. 22.4.2020 - . XII ZB 383/19 - BGHZ 225, 166).
Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in beiden Grundrechten verletzt, wenn sie etwa das Personenstandsrecht einerseits dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, andererseits aber keinen weiteren positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt. Dieses vom BVerfG bestätigte Diskriminierungsverbot ist nicht nur für das Personenstandsrecht von wesentlicher Bedeutung, es hat auch Auswirkungen auf das Recht des öffentlichen Dienstes.
Eine Anpassung an das vom BVerfG behandelte „Dritte Geschlecht“ ist in Hinblick auf das Diskriminierungsverbot mittlerweile bereits bei den Stellenausschreibungen erfolgt („m/w/d“).
Offen sind hier folgende Fragen:
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Wie soll eine Person des Dritten Geschlechts in der Behörde von Mitarbeitern und Besuchern angesprochen werden?
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Welche Auswirkungen hat das Diskriminierungsverbot bei der Amtsbezeichnung?
Man wird schon wegen des Fürsorgegedankens (§ 48 BeamtStG) zumindest davon ausgehen müssen, dass die betroffene Person bei der persönlichen Anrede zwischen einer männlichen oder einer weiblichen Form wählen kann. Eine allgemeingültige Anredeformel existiert gegenwärtig jedenfalls (noch) nicht. Weiterhin ist diese Person berechtigt, im Schriftverkehr den Zusatz „divers“ auf eigenen Wunsch zu verwenden. Als weitere Lösung böte sich bei einer Korrespondenz die Führung einer Doppelbezeichnung an („Herr/Frau Amtsrat/Amtsrätin div.“).
Das Amt im statusrechtlichen Sinne wird durch Amtsbezeichnung, Laufbahnzugehörigkeit und Besoldungsgruppe bestimmt. Die Amtsbezeichnung ergibt sich dabei regelmäßig aus dem Besoldungsrecht. Die Verleihung der entsprechenden Amtsbezeichnung ist dabei zunächst Teil des Ernennungsvorganges. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 BeamtStG muss in der statusbegründenden Ernennungsurkunde die jeweilige Amtsbezeichnung enthalten sein. Von der Amtsbezeichnung leitet sich die Besoldungsgruppe des Amtsinhabers ab, wobei allerdings die verliehene Amtsbezeichnung wiederum der Besoldungsgruppe entnommen wird.
Die Besoldungsordnungen verwenden hier stets eine männliche und eine weibliche Form. Die früher übliche nur männliche Form ist schon lange Rechtsgeschichte, auch wenn ihre Wiedereinführung infolge der Rechtsprechung des BVerfG jetzt in Hinblick auf die Gleichbehandlung aller drei Geschlechter dem einen oder anderen als durchaus sinnvoll erscheinen mag. Diese Auffassung wird aber gerade in der Zeit des „Genderismus“ nicht durchsetzbar sein.
Man wird aber auch bei der Amtsbezeichnung davon ausgehen dürfen, dass die betroffene Person entweder schon bei ihrer Ernennung oder während eines bereits bestehenden Beamtenverhältnisses zwischen der männlichen und der weiblichen Form wählen kann. Der Dienstvorgesetzte hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) hierauf hinzuweisen. Als weitere Lösung böte sich bei der Urkundenausfertigung sowie im behördlichen Schriftverkehr die Führung einer Doppelbezeichnung an („Herr/Frau Amtsrat/Amtsrätin div.“)
Eine Änderung der Besoldungsvorschriften und der sich hieraus ergebenden Amtsbezeichnungen ist aber wohl schon deshalb nicht angezeigt, weil die infrage kommenden Fälle nicht ins Gewicht fallen dürften. Die dazu vorhandenen Zahlen weichen zum einen so stark voneinander ab, dass hier keinesfalls von einer statistischen Sicherheit ausgegangen werden kann, zum anderen bestätigen sie übereinstimmend die zu erwartenden extrem geringen Fallzahlen.
Fazit:
Da zum einen gegenwärtig noch nicht einmal geregelt ist, wie die allgemeine Anrede einer Person des Dritten Geschlechts erfolgen soll, besteht gegenwärtig kein Erfordernis der Einführung einer Änderung der Amtsbezeichnungen.1 Äußerst selten vorkommende Einzelfälle dürften mit dem oben beschriebenen Wahlrecht in aller Regel einer zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden können.
Wenn man es allerdings mit dem Minderheitenschutz wirklich ernst meint, müssen die Gesetzgeber zeitnah nach entsprechenden Lösungsmöglichkeiten suchen.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Anderer Ansicht wohl Schrapper/Günther, Fn.. 10, § 79, Rn. 8.
Hinweis:
Siehe dazu auch das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebene Gutachten „Geschlechtliche Vielfalt im öffentlichen Dienst. Empfehlungen zum Umgang mit Angleichung und Anerkennung des Geschlechts im öffentlichen Dienst“, 2017, Seite 20.
Lesen Sie dazu auch die Beiträge
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Literaturhinweis:
- Weiß/Niedermaier/Summer, Rn. 4 zu Art. 76 BayBG

