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Schwestern von gestern (8) – Rosa Mayreder

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Wie in vielen anderen Ländern (siehe Blogbeiträge „Schwestern von gestern“*) gab es im 19. Jahrhundert auch in Österreich eine lebhafte Frauenbewegung und eine aktive Frauenrechtsszene. Als wichtigste Vertreterin gilt die Malerin, Philosophin und Schriftstellerin Rosa Mayreder, von der der Satz stammt: „Man wird erst wissen, was die Frauen sind, wenn ihnen nicht mehr vorgeschrieben wird, was sie sein sollen.“

Liebe Leserin, lieber Leser,

geboren 1858 ist sie als Kind so wissbegierig, dass ihre Mutter dies als unweiblich empfindet. Wie viele Mädchen ihrer Zeit bekommt sie nicht so viel Schulbildung wie sie möchte. Sie interessiert sich für Philosophie und liest früh Kant, Schopenhauer und Nietzsche. „Ich sehe meine Brüder widerwillig lernen. Ich gäbe Jahre meines Lebens, dürfte ich an ihrer Stelle sein“, schreibt sie verzweifelt.

Sie betätigt sich zunächst künstlerisch. Sie malt, dichtet und schreibt Opernlibretti, Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays, bei denen sie sich zunehmend auf philosophische Fragen konzentriert. Dies bringt sie zur „Frauenfrage“: „Die beiden Geschlechter stehen in einer zu engen Verbindung, sind voneinander zu abhängig, als dass Zustände, die das eine treffen, das andere nicht berühren sollten“.

Die herrschende Doppelmoral, d.h. die unterschiedlichen Moralvorstellungen für Männer und Frauen irritieren sie und sie wendet sich gegen die Herabwürdigung der Frauen zum Sexualobjekt. 1894 spricht sie erstmals öffentlich bei einer Frauenversammlung zum Thema Prostitution gegen die geplante Errichtung von Bordellen, gegen die moralische Verurteilung und die behördliche Registrierung von Prostituierten.

1893 gründet Rosa Mayreder gemeinsam mit anderen Frauenrechtlerinnen den „Allgemeinen Österreichischen Frauenverein“ (AÖF), der der radikalen Richtung der Frauenbewegung zuzurechnen ist. Neun Jahre lang ist sie Vizepräsidentin des Vereins und ab 1899 zudem Mitherausgeberin der Monatszeitschrift „Dokumente für Frauen“.

Ihr Leben lang setzt sie sich mit dem »Geschlechterproblem« auseinander. In ihrem Hauptwerk „Zur Kritik der Weiblichkeit“, einer Sammlung von Essays, die im Laufe von 15 Jahren erscheinen, vertritt Rosa Mayreder eine „vom Geschlecht unabhängige Freiheit der Individualität“ und befasst sich intensiv mit Fragen der Geschlechterbeziehungen und dem Zusammenhang von Macht und Sexualität. Ihr Hauptanliegen ist die Notwendigkeit für Frauen, ihr Geschlechterbild und ihre Persönlichkeit selbst zu bestimmen. Heute aktuell, erkennt sie schon damals: Eine veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft müsse zwangsläufig dazu führen, dass auch die Männer ihre Geschlechterrolle neu definieren.

Auch die Friedensfrage beschäftigt sie und als Mitarbeiterin von Bertha von Suttner engagiert sich Rosa Mayreder bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Pazifistin. Sie kritisiert alle Formen des Militarismus, den sie als typisch männliches Machwerk sieht. Nach Kriegsende gründet sie 1919 die österreichische Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) und wird deren Präsidentin.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg zeigt sich bei ihrem Mann eine schwere psychische Erkrankung; seine Pflege bringt sie an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Nach seinem Tod 1935 zieht sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. 1928 sollte Rosa Mayreder die Auszeichnung als „Ehrenbürgerin der Stadt Wien“ erhalten. Nachdem sie sich aber öffentlich zu ihrem jüdischen Großvater bekannt hatte, wurde sie nur als „Bürgerin ehrenhalber der Stadt Wien“ gewürdigt.

1938 stirbt die Pionierin der österreichischen Frauenbewegung, gerät dann aber leider in Vergessenheit, bis sie in den 1970er Jahren von der modernen Frauenbewegung wieder entdeckt wird; ihr Bild zierte bis zur Euro-Einführung die 500-Schilling-Note.

Herzlich

Kristin Rose-Möhring
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* Siehe Blogbeiträge zu Olympe de Gouges – 26.9.2011, Elisabeth Selbert – 13.2.2012, Mary Wollstonecraft – 10.9.2012, Hedwig Dohm – 29.10.2012, Alice Paul – 13.5.2013, Bertha von Suttner – 22.7.2013 und Lida Gustava Heymann – 14.10.2013

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