Liebe Leserin, lieber Leser,
Beamte haben die allgemeinen Gesetze zu befolgen, zu denen gerade auch die in § 44 Abs. 6 BBG und dem entsprechenden Landesrecht (vgl. etwa Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG) ausdrücklich gesetzlich festgelegte Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung zählt. Jeder Beamte ist damit grundsätzlich verpflichtet, sich nach Weisung des Dienstvorgesetzten untersuchen zu lassen. Schon die dienstrechtliche Treuepflicht gebietet, dass die Betroffenen an der Aufklärung des Gesundheitszustandes mitwirken.
Dabei gilt folgender „Allgemeiner Rechtsgrundsatz“:
„Verhindert der Beamte durch seine ungerechtfertigte schuldhafte Weigerung die abschließende Klärung seiner Dienstunfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit, so darf der Dienstherr bei seiner Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand daraus die für den Beamten ungünstigen Rückschlüsse ziehen.“
Der Rückschluss auf das Vorliegen einer Dienstfähigkeit ist dabei nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO möglich.1
Nach einem aus diesen Vorschriften der ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz kann das die Benutzung eines bestimmten Beweismittels schuldhaft vereitelnde Verhalten einer Partei im Rahmen freier Beweiswürdigung als ein Umstand gewertet werden, der für die Richtigkeit des Vorbringens des Gegners und damit des Dienstherrn spricht.
Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise bezüglich der von ihm geforderten Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht2 und der Weigerung, einen weiteren Facharzt einzuschalten.
Auch insoweit könnte der Beamte durch die Verweigerung den Beweis und damit die Feststellung seiner Dienstunfähigkeit verhindern, denn die Stellungnahme eines vom Amtsarzt eingeschalteten Facharztes, dessen medizinischer Beurteilung er sich anschließt, wird dem maßgeblichen amtsärztlichen Gutachten zugerechnet (BVerwG, v. 12.10.06 – 1 D 2.05).
Voraussetzung für diese Rechtsfolge ist es allerdings in jedem Fall, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig war. Hierauf wird in einem späteren Beitrag noch einzugehen sein.
Die Möglichkeit, den Beamten, der die Untersuchung verweigert, als dienstunfähig zu behandeln und damit wie bei festgestellter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sehen etwa die landesrechtlichen Bestimmungen der Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBG (Bayern) bzw. § 36 Abs. 1 Satz 2 HBG (Hessen) vor.
Danach kann der Beamte im Falle einer Weigerung so behandelt werden, als ob die Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre. Voraussetzung ist dabei lediglich, dass sich der Beamte trotz wiederholter Aufforderung weigert, die Untersuchung vornehmen zu lassen.
Anders als nach der Regelung der §§ 427, 444 und 446 ZPO (vgl. dazu oben) bedarf es für diese „Fiktion“ einer mindestens zweimaligen Aufforderung des Dienstvorgesetzten. Eine lediglich einmalige Weigerung reicht schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus.
Ein Beamter, der in den Ruhestand versetzt werden will, könnte jetzt also jubeln!
Wäre da nicht auch noch eine andere Möglichkeit: Der Dienstherr könnte nämlich wegen des Pflichtverstoßes disziplinarrechtliche Maßnahmen einleiten, die letztendlich bis zu einer Entfernung aus dem Dienst und damit zum Verlust der Versorgungsbezüge führen würden. Auch diese Möglichkeit wird in einem weiteren Beitrag erläutert.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 BVerwG v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – BVerwGE 146, 347; OVG NRW v. 17.6.2010 – 6 A 2903/09 – NVwZ-RR 2010, 694.
2 BVerwG 26.5.2014 – 2 B 69/12 – ZBR 2014, 380.
Literaturhinweise:
Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:
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